Bundestagswahl 2025 – wie zugänglich sind die Wahlprogramme für blinde und sehbehinderte Menschen?
Der DBSV hat diese Seite am 31. Januar 2025 gestartet und letztmalig am 21. Februar 2025 ergänzt.
Am 23. Februar 2025 steht die Bundestagswahl an und auch für blinde und sehbehinderte Menschen stellt sich die Frage: Wen wählen? Wer wissen möchte, was die einzelnen Parteien planen, wirft einen Blick in deren Wahlprogramme. Doch wie zugänglich sind diese im Jahr 2025?
Die Wahlprogramme als PDF-Dokument
Wir haben am 29. Januar 2025 die Programme von (in alphabetischer Reihenfolge) BSW, CDU/CSU, FDP, Die Linke und SPD sowie den Entwurf des Programms von Bündnis 90/Die Grünen unter die Lupe genommen. Hier die entsprechenden Links:
- Wahlprogramm BSW (PDF)
- Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen (PDF)
- Wahlprogramm CDU/CSU (PDF)
- Wahlprogramm FDP (PDF)
- Wahlprogramm Die Linke (PDF)
- Wahlprogramm SPD (PDF)
Für blinde Menschen ist wichtig, dass in PDF-Dokumenten die Überschriften und Unterüberschriften als solche formatiert sind. Diese sogenannte Tag-Struktur (sprich: Tägg-Struktur) ist essenziell bei langen Dokumenten wie Wahlprogrammen, die teilweise mehr als 80 Seiten umfassen. Wie Sehende mit den Augen kann man dann mit einem Screenreader gezielt von einer Überschrift zur nächsten springen.
Leider haben nur die SPD und die FDP entsprechende PDF-Dokumente mit Tag-Struktur erstellt. Bei der FDP scheint allerdings bei Unterüberschriften dritter Ebene die Luft ausgegangen zu sein.
Fazit: Insbesondere bei der so wichtigen Tag-Struktur geht noch mehr! Bereits vor der Bundestagswahl 2021 hat der DBSV auf Mängel in der Barrierefreiheit bei den Wahlprogrammen hingewiesen. Bei der Tag-Struktur von PDF-Dokumenten geht es immer um dasselbe: Überschriften korrekt auszeichnen, aussagekräftige Linknamen verwenden, Alternativtexte für Logos hinterlegen und die Tags beim Export von Word zu PDF nicht vergessen. Unser korporatives Mitglied DVBS hat dazu einen kompakten Leitfaden erstellt:
Quick Guide: Barrierefreie Word-Dokumente erstellen, prüfen, in PDF umwandeln (PDF)
Aber nicht nur blinde, sondern auch sehbehinderte Menschen haben spezielle Anforderungen an PDF-Dokumente. Sie möchten ihr eingeschränktes Sehvermögen nutzen, weshalb ihnen die Textgestaltung wichtig ist, es geht um Schriftarten und -größen, Abstände, Kontraste ... Dazu informiert die Internetplattform leserlich.info, ein Angebot des DBSV. Alle sechs PDF-Dokumente sind grundsätzlich in Ordnung, trotzdem lassen sich bei den verwendeten Schriftarten Unterschiede feststellen.
- Drei Parteien (FDP, Bündnis 90/Die Grünen und SPD) verwenden Schriften, die von leserlich.info für Menschen mit Sehbehinderung empfohlen werden.
- Drei Parteien (BSW Bündnis Sarah Wagenknecht, CDU/CSU und Die Linke) verwenden Schriften, die von leserlich.info für Menschen mit Sehbehinderung nicht empfohlen werden.
Die Webseiten der Parteien
Folgende Webseiten haben wir uns angeschaut:
- Wahlprogramm-Webseite BSW
- Wahlprogramm-Webseite Bündnis 90/Die Grünen
- Wahlprogramm-Webseite CDU/CSU
- Wahlprogramm-Webseite FDP
- Wahlprogramm-Webseite Die Linke
- Wahlprogramm-Webseite SPD
Da Webseiten in der Prüfung wesentlich komplexer als PDF-Dokumente sind, haben wir uns nur einzelne Merkmale auf dem Desktop angesehen.
Wie bei den PDF-Dokumenten ist es auch bei Webseiten wichtig, dass Überschriften im Quelltext als solche gekennzeichnet sind. Die gute Nachricht: Das haben alle Parteien hinbekommen. Damit sich auch blinde Menschen gut orientieren können, ist es wichtig, dass die Überschriften logisch geschachtelt sind. Das bedeutet beispielsweise, dass auf eine Überschrift erster Ebene entweder eine Überschrift zweiter Ebene oder erneut eine Überschrift erster Ebene folgt, jedoch keine Überschrift dritter Ebene. Aufgrund der zweidimensionalen Gestaltung von Webseiten mit unterschiedlichen Seitenregionen lässt sich dies nicht immer durchgängig umsetzen. Wir sind jedoch auch im Fließtext des Hauptinhalts auf Überschriften gestoßen, bei denen die gewählte Überschriftenebene nicht passte.
Um blinden Menschen die Orientierung auf Webseiten zu erleichtern, lassen sich Seitenregionen wie das Menü, der Header oder der Footer definieren. Das konnten wir auf keiner der getesteten Webseiten finden. Bei FDP, Grünen, Linken und SPD werden jedoch immerhin sogenannte Sprunglinks verwendet, um direkt zum Hauptinhalt zu springen.
Bei allen Webseiten gibt es Schwierigkeiten, das Hauptmenü und die zugehörigen Untermenüpunkte mit der Tastatur zu bedienen und dabei den Überblick zu behalten. Bei SPD und Linke konnten die Untermenüpunkte gar nicht per Tastatur erreicht werden. Bei allen anderen war nicht eindeutig, wie die Menüs aufgeklappt und die einzelnen Untermenüpunkte angesteuert werden können.
Als Nächstes haben wir die Beschriftung der jeweiligen Logos überprüft. Auf allen Webseiten fungieren die Logos als Link zur Startseite. Eine korrekte Beschriftung enthält in diesem Fall den Zweck des Links, also beispielsweise „Zur Startseite“. Das haben alle Parteien geschafft - außer das BSW.
Bei einer Vergrößerung der Ansicht auf 200 Prozent sind nicht alle Inhalte gut wahrnehmbar. So wird auf der Webseite der FDP ein erheblicher Teil des Textes überlagert. Zudem funktionierte bei dieser Vergrößerung auf allen Seiten die Tastaturbedienung nicht mehr durchgängig – entweder, weil das Sandwich-Menü nicht mehr erreichbar oder nicht beschriftet ist oder weil beim Fokussieren kein Fokusrahmen erscheint.
Positiv fanden wir, dass die CDU eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf ihrer Webseite veröffentlicht hat, inklusive einer Kontaktmöglichkeit zur Meldung von Barrieren. Das werden wir gleich mal ausprobieren.