Digitale Barrierefreiheit

Auf der Arbeit zwei Videokonferenzen, in der U-Bahn nach Hause ein bisschen Online-Shopping, abends eine Übung aus der Nichtraucher-App von der Krankenkasse und dann noch die neue Streaming-Plattform installiert – unser Alltag wird immer digitaler. Damit blinde und sehbehinderte Menschen gleichermaßen Zugang haben, muss analog zur physischen auch unsere digitale Welt barrierefrei gestaltet sein.

Digitale Barrieren

Ob fehlende Bildbeschreibung oder unzureichende Kontraste von Webseiten, Apps und sonstigen digitalen Anwendungen - digitale Barrieren sind genauso real und behindern gleichermaßen wie die Stufen zum Hörsaal oder das fehlende Ampelsignal an der Kreuzung. Der folgende Film "Blinde und sehbehinderte Menschen in einer digitalisierten Welt" erläutert die Auswirkungen von digitalen Barrieren.

Hörfilm "Blinde und sehbehinderte Menschen in einer digitalisierten Welt"

Standards digitaler Barrierefreiheit

Bereits vor über 20 Jahren entstanden die ersten Leitlinien, wie Webseiten barrierefrei gestaltet werden - die sogenannten Web Content Accessibility Guidelines, kurz WCAG. Diese internationalen Leitlinien werden kontinuierlich fortgeschrieben und sind heute verankert in der harmonisierten europäischen Norm "Barrierefreiheitsanforderungen für IKT-Produkte und -Dienstleistungen" (DIN EN 301549).

Die Norm wie auch die aktuelle Version der WCAG enthalten behinderungsübergreifende Anforderungen. Sie formulieren vier Prinzipien der digitalen Barrierefreiheit:

  1. Wahrnehmbarkeit,
  2. Bedienbarkeit,
  3. Verständlichkeit und
  4. Robustheit (stabiler Zugang mit Hilfsmitteln).

Die Beachtung der Norm ist nicht nur Voraussetzung für die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderung, sie fördert vielmehr auch die Nutzbarkeit und Lesbarkeit digitaler Angebote für alle.

Rechtliche Verankerung digitaler Barrierefreiheit

Webseiten und Apps öffentlicher Stellen

Öffentliche Stellen in Bund, Ländern und Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Webauftritte und Apps inklusive digitaler Dokumente barrierefrei zu gestalten. Dennoch stoßen Menschen mit Behinderungen überall auf digitale Barrieren.

Jedoch können Nutzerinnen und Nutzer diese digitalen Barrieren in einem gereglten Verfahren melden und ihre Beseitigung einfordern. Im Erklärfilm "Digitale Barrieren melden" zeigen wir, wie Sie in drei Schritten eine digitale Barriere melden:

Produkte und Dienstleistungen

Für eine Auswahl an digitalen Produkten und Dienstleistungen wurde die Barrierefreiheit im sogenannten Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verankert. Darunter fallen zum Beispiel Computer, Mobiltelefone, Selbstbedienungsterminals wie Geld- oder Fahrausweisautomaten, E-Books, oder Bankdienstleistungen. Das Gesetz tritt ab 2025 in Kraft. Der DBSV hat das Gesetzgebungsverfahren kritisch begleitet und insbesondere hinsichtlich des beschränkten Anwendungsbreichs und der langen Fristen Nachbesserungen gefordert:

Informationen zum Barrierefreiheitsrecht

Haushaltsgeräte

Eine Lücke im oben genannten Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft Haushaltsgeräte. Die Technologische Entwicklung führt bei Haushaltsgeräten dazu, dass Dreh- und Kippschalter zunehmend durch Touchscreens oder Sensor-Tasten ersetzt werden. Das führt zu Problemen bei der Handhabung von Haushaltsgeräten und manchmal zu unüberwindbaren Barrieren.

Der DBSV ist Teil des Zusammenschlusses "Home Designed for All", um auch bei Haushaltsgeräten zu einer Verbesserung der Situations zu kommen.

Digitale Barrierefreiheit prüfen

Bei der Prüfung der digitalen Barrierefreiheit geht es zunächst einmal darum, die Einhaltung der Standards und Normen zu digitaler Barrierefreiheit festzustellen (Konformitätsprüfung). Ergänzend zu diesen Tests ist es unverzichtbar, die Einschätzung von Nutzerinnen und Nutzern mit Behinderungen zu einem digitalen Angebot einzuholen (Nutzungstest). Konformitätsprüfung und Nutzungstests ergänzen einander, wobei eine erfolgreiche Konformitätsprüfung Voraussetzung für die Durchführung von Nutzungstests mit Menschen mit Behinderungen ist.

Konformitätsprüfung

Die Prüfung auf Konformität mit den Standards und Normen zu digitaler Barrierefreiheit lässt sich bislang nicht automatisiert erledigen.Vorhandene Werkzeuge können jedoch bei der Prüfung der Barrierefreiheit unterstützen. Dazu gehören z.B. Kontrastrechner oder entsprechende Entwicklungswerkzeuge in Browsern. Eine Liste von Prüfwerkzeugen ist beim W3C (World Wide Web Consortium) zu finden.

Mittlerweile gibt es sehr viele Dienstleister, die Gutachten zur Konformität von digitalen Angeboten mit den Normen und Standards erstellen.

Nutzungstest - Usability Check

Nutzungstests sind eine wichtige Ergänzung zu Konformitätsprüfungen, weil die Einhaltung der Normen und Standards nicht in jedem Fall eine gute Zugänglichkeit und Nutzerfreundlichkeit (Usability) gewährleistet. Nutzungstests oder Usability-Checks werden bislang häufig durchgeführt, ohne speziell Menschen mit Behinderungen dazu einzuladen. Das Feedback dieser Gruppe ist jedoch unverzichtbar, um verlässliche Aussagen über die Zugänglichkeit und Nutzerfreundlichkeit von digitalen Angeboten auch mit assistiven Technologien machen zu können.

Beim DBSV können Kontakte von blinden und sehbehinderten Testanwenderinnen und -anwendern für Usability-Checks angefragt werden.

Weiterlesen: Barrierefreiheit

Kontakt

Jana Mattert
Referentin für Barrierefreiheit (Schwerpunkt digitale Barrierefreiheit)

E-Mail: j.mattert@dbsv.org
Tel.: 030 / 28 53 87 - 190