Das ertastbare Schminken

Frisch und strahlend wirken und dabei ganz ungeschminkt aussehen – das könnt ihr auch ohne euch unter die Tätowiernadel zu begeben! Hier kommen ein paar Tipps, wie ihr im Alltag selbst Hand anlegen könnt.

Wenn ihr euren persönlichen Look einmal festgelegt und genügend Routine entwickelt habt, lässt sich so ein Tages-Make up in fünf bis zehn Minuten auf das Gesicht zaubern. Für die Auswahl der richtigen Farben, empfehle ich gerade Blinden und Sehbehinderten einen einmaligen Besuch in einem Kosmetikstudio, um sich umfassend beraten zu lassen. Hier könntet ihr auch verschiedene Produkte ausprobieren und z.B. testen, ob ihr mit einem flüssigen Lidschatten umgehen könnt. Generell gilt, dass festere Konsistenzen für Blinde weniger Risikopotential in der Anwendung bergen, weil sie beim Auftragen nicht so zügig bearbeitet werden müssen. Aber egal, für welches Produkt ihr euch am Ende entscheidet, die Devise heißt: üben!

Wie könnte ein Tages-Make-Up aussehen?

Die Basis:

Erst mal müssen die Augenschatten abgedeckt werden. Bei meinem Ultra-Light-Camouflage besteht eine Palette aus drei auf den Hautton abgestimmten Farben, von denen sich die hellste genau für diesen Zweck eignet. Ihr könnt aber natürlich auch einen Concealer nehmen. Für Blinde ist es am einfachsten, sich statt auf einen Pinsel auf die eigenen Finger zu verlassen. Setzt mit einer genügend großen Dosis Camouflage (einmal in der Farbe kreisen) den Zeigefinger in der „Höhle“ zwischen Auge und Nase an und verstreicht das Makeup vorsichtig unterhalb des Auges. Lasst euch einmal beraten, wo genau eure Problemstellen liegen, denn wo die eine nach einer durchzechten Nacht sofort tiefe Ringe entwickelt, hat die andere nur einen kleinen Schatten, der nicht so starker Bearbeitung bedarf.

Dann je nach Hauttyp und eigenen Vorlieben ein Creme-Makeup oder Mineralpuder mit einem Schwämmchen immer in Richtung des Lymphflusses von innen nach außen auf das ganze Gesicht auftragen. Ihr fühlt eigentlich genau, wo ihr schon wart, könnt aber am Ende gern vorsichtig mit den Fingern über das Gesicht gleiten und nachspüren, ob alles in Ordnung ist.

Rouge:

Gerade für Blinde, die hinterher ihre „Apfelbäckchen“ nicht korrigieren können, empfehle ich ein Rouge mit Verdünnern (bei mir im Sortiment kombiniert mit zwei Hauttönen). Das ist dann wie eine Schorle und wirkt nicht zu dick aufgetragen oder knallig. Für Tageslicht mit dem großen Rougepinsel einfach einmal hintereinander durch die beiden Verdünner-Hauttöne und das Rouge gehen und auf die Wangen unterhalb der Wangenknochen auftragen. Kunstlicht erfordert mehr Rouge, d.h. noch einmal im Rouge kreisen!

Die Augen:

Für den Anfang empfiehlt sich ein unauffälliger, einfarbiger Lidschatten (z.B. sandfarben/hell oder pepper/dunkel). Mit dem Finger einmal im Döschen kreisen – dann habt ihr in der Regel die richtige Menge für ein Auge – und den Lidschatten gleichmäßig auf das gesamte Lid auftragen.

Beim Wimperntuschen ist der Trick, die Mascara statisch vor dem Auge zu halten und die Wimpern an die Bürste heranzuführen, also quasi über die Bürste hinweg zu klimpern. Die unteren Wimpern lassen wir getrost ungetuscht. Hier kann am meisten daneben gehen, aber die ruhige Hand kommt mit der Zeit!

Die Lippen:

Mit leicht geöffnetem Mund die Lippen von innen nach außen mit einem Lippenstift nachmalen. Obwohl hier wieder das Gefühl zählt, fangt am besten mit einem reinen Fettstift an und tastet euch dann langsam an auffälligere Farben heran! Tricks für den perfekten Kussmund an anderer Stelle!

Hat das ertastbare Schminken Grenzen?

Ja. Experimente mit zu vielen Farben sind eher nicht angesagt, wenn man das Resultat selbst nicht in Augenschein nehmen kann. Auch Feinheiten wie das Ziehen einer Lippenkontur oder des Lidstrichs sind tückisch und weniger empfehlenswert. Allerdings muss man klar sagen, dass die Grenzen – eigentlich wie bei sehenden Frauen auch - sehr individuell zu veranschlagen sind und in erster Linie von der Fingerfertigkeit und der Routine abhängig sind, d.h. während es durchaus blinde Frauen gibt, die sich mit ruhiger Hand einen Lidstrich ziehen können, wird bei anderen schon ein zweifarbiger Lidschatten zum Wagnis. Es gilt also, die eigene Grenze durch Ausprobieren selber abzustecken, ohne allerdings zu schnell aufzugeben, denn erst Übung macht die Meisterin!

Und ist das auch was für Jungs?

In dem Umfang sicherlich nicht – obwohl geschminkte Beauty-Boys auf Youtube gerade Hochkonjunktur haben! Allerdings kann bei Blässe oder Hautunreinheiten die Verschönerung des Hauterscheinungsbildes auch nicht schaden – es müssen ja nicht gleich Mascara und Lipgloss sein! Was genau Mann in diesem Sinne alles tun kann, wird uns allerdings in einem gesonderten Beitrag beschäftigen!