DBSV-Stellungnahme zur geplanten Aufhebung der Festbeträge für Sehhilfen
Der DBSV hat in der Vergangenheit wiederholt Kritik an den Festbeträgen für Sehhilfen geübt
Unter Bezugnahme auf die vom GKV-Spitzenverband erfolgte Einleitung des Stellungnahme Verfahrens vom 09.09.2024 nimmt der DBSV wie folgt Stellung:
Der DBSV hat in der Vergangenheit wiederholt Kritik an den Festbeträgen für Sehhilfen geübt.
(vgl. u. a.: https://www.dbsv.org/stellungnahme/fortschreibung_festbetraege_sehhilfen.html)
Diese Kritik bezog sich zum einen auf das eingesetzte Kalkulationsschema für die Bemessung der Festbeträge. Zum anderen hat der DBSV aber vor allem deutlich gemacht, dass die festgesetzten Festbeträge nicht ausreichen, um eine bedarfsgerechte und gleichzeitig zuzahlungsfreie Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Das gilt insbesondere für Menschen mit schweren Sehbeeinträchtigungen und komplexen Versorgungsbedarfen.
Vor diesem Hintergrund bestehen aus Sicht des DBSV keine Einwände dagegen, die Festbeträge für Sehhilfen aufzuheben.
In der Folge greifen dann die allgemeinen Bestimmungen zur Versorgung über mit Leistungserbringern abzuschließende Verträge nach § 127 SGB V.
Der DBSV sieht es in diesem Zusammenhang als absolut essenziell an, die Verträge so auszugestalten, dass alle Versicherten mit Anspruch auf Sehhilfen eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und zuzahlungsfreie Versorgung tatsächlich erhalten können. Insofern bitten wir den GKV-Spitzenverband mit Nachdruck darum, im Rahmen seiner Möglichkeiten die einzelnen Krankenkassen dafür zu sensibilisieren, dass die Vertragsbedingungen gewährleisten, den medizinisch notwendigen Versorgungsbedarf tatsächlich decken zu können. Patienten, die wegen der bestehenden Auswirkungen einer Behinderung eine aufwendige Beratung und Versorgung benötigen, dürfen durch die Vertragsbedingungen weder unmittelbar noch mittelbar benachteiligt werden. Es wird darauf hingewiesen, dass nach § 2a SGB V den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist.
Erneut machen wir insoweit auf Versorgungsprobleme aufmerksam. Diese bestehen vor allem, wenn die Auswahl und Anpassung der Sehhilfen mit einem hohen Beratungs- und Dienstleistungsanteil verbunden ist. Die entstehenden Kosten werden den Versicherten häufig in Rechnung gestellt. Das betrifft insbesondere:
- die Auswahl und Anpassung von Kantenfiltern,
- die Auswahl und Anpassung geeigneter Lupen und elektronisch vergrößernder Sehhilfen und
- generell die Versorgung von hochgradig sehbehinderten Menschen mit komplexem Anpassungsbedarf.
Dem ist nur dadurch zu begegnen, dass realistische Vertragspreise vereinbart werden. Erfahrungen aus unseren Low-Vision-Beratungsstellen zeigen, dass allein die Austestung von Kantenfiltern durch hochgradig sehbehinderte Menschen viel Zeit in Anspruch nimmt. Teilweise sind Mehrfacherprobungen von Gläsern unterschiedlicher Hersteller bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen nötig, um die geeignete Versorgung festzulegen. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Gläser-Hersteller auch Kantenfilter in allen Sehstärken anbieten.
Des Weiteren sind zumindest bei der Versorgung mit Sehhilfen für hochgradig sehbehinderte Menschen Spezialkenntnisse bei Augenoptikern erforderlich, um bedarfsgerecht und qualitätsgesichert versorgen zu können. Nicht ohne Grund gibt es innerhalb der Berufsgruppe der Augenoptikerinnen und Augenoptiker spezielle Low-Vision-Experten.
Es bedarf daher einer deutlichen Erhöhung des im Vertrag eingepreisten Dienstleistungsanteils und bei bestimmten Bedarfen auch der Gläserversorgung selbst.
Der DBSV regt insoweit zum wiederholten Mal an, in Bezug auf die Beratung und Erprobung von Sehhilfen gänzlich neue Ansätze der Finanzierung vorzusehen: Die Kosten für Beratung und Erprobung sollten zumindest für bestimmte Sehhilfen nicht in den Abgabepreis der jeweiligen Sehhilfe eingepreist werden, sondern im Rahmen der verhandelten Verträge als eigene Abrechnungsposition durch die gesetzlichen Krankenkassen in bedarfsgerechter Höhe gezahlt werden. Solche Sehhilfen Erprobungen sollten auch unabhängige Beratungsstellen aus dem Low-Vision-Bereich erbringen und gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen dürfen. Damit wird den Bedarfen der relativ kleinen Patientengruppe besser entsprochen. Ein solches Vorgehen dürfte sich letztlich auch für die Krankenkassen positiv auswirken, weil Fehlversorgungen durch bedarfsgerechte Leistungen vorgebeugt wird.