DBSV-Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz – IKJHG)

Als Spitzenverband der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe nimmt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) zum o. g. Referentenentwurf wie folgt Stellung.

Der vorgelegte Entwurf sieht vor, dass die Kinder- und Jugendhilfe künftig auch für Kinder und Jugendliche mit körperlichen, geistigen und Sinnesbeeinträchtigungen Leistungen der Eingliederungshilfe erbringt. Damit wird die dritte Reformstufe des KJSG und damit eines der größten sozialpolitischen Reformvorhaben der vergangenen Jahre auf den Weg gebracht. Die Dimensionen sind mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) durchaus vergleichbar und die Lehren aus dem BTHG-Prozess sollten unbedingt im Reformprozess des SGB VIII Berücksichtigung finden. Kinder und Jugendliche sind besonders vulnerabel. Gerade beim Bestehen einer Behinderung sind sie darauf angewiesen, ein funktionierendes Sozialleistungssystem vorzufinden, um ihr Entwicklungspotential voll ausschöpfen und auch im späteren Leben ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen zum Leistungs- und zum Leistungserbringungsrecht sowie der organisatorischen Rahmenbedingungen für die Verwaltung ist daher besondere Sorgfalt notwendig. Ein „Lernendes System“ können sich Kinder und Jugendliche nicht leisten.
Der Entwurf enthält aus Sicht des DBSV insofern positive Weiterentwicklungen, als im Sinne eines echten Nachteilsausgleichs ambulant erbrachte Eingliederungshilfeleistungen künftig unabhängig vom Einkommen und Vermögenseinsatz erbracht werden sollen. Im Übrigen enthält der Entwurf allerdings zahlreiche „Baustellen“, an denen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dringend und massiv zu arbeiten ist, um Verschlechterungen für junge Menschen mit Behinderungen und ihre Familien zu vermeiden. Zusammengefasst sieht der DBSV die folgenden dringenden Änderungsbedarfe:

  • Der Anspruch auf Teilhabeleistungen aufgrund von Behinderung darf nicht nur im Rahmen von „Entwicklung und Erziehung“ gelten. Teilhabeleistungen sind Ausfluss des Benachteiligungsverbots aufgrund von Behinderung. Die Teilhabeleistungen müssen uneingeschränkt zur Verwirklichung der Teilhabeziele im Sinne des SGB IX zur Verfügung stehen.
  • Das Unterstützungssystem in der Kinder- und Jugendhilfe darf sich nicht zu einem solitären „Lebensabschnittsmodell“ entwickeln. Menschen mit Behinderungen benötigen häufig auch im Erwachsenenalter Eingliederungshilfeleistungen. Sie sind auf eine nahtlose Leistungserbringung angewiesen und das erfordert Anschlussfähigkeit im Rahmen der Eingliederungshilfe.
  • Die vorgesehene Hilfe- und Leistungsplanung birgt die Gefahr, dass die verbindlichen „Spielregeln“ des SGB IX für Leistungen zur Teilhabe an behinderte Menschen ignoriert werden. Eine stärkere Fokussierung auf das gemeinsame Teilhaberecht des SGB IX ist zwingend, denn viele behinderte Menschen, die neu ins SGB VIII kommen, haben Bedarfe, die umfassend nur dann gedeckt werden können, wenn eine gute Kooperation und Koordination aller beteiligten Träger erfolgt.
  • Hilfen zur Erziehung und Teilhabeleistungen aufgrund von Behinderung werden zwar in den Tatbeständen und Leistungskatalogen, nicht aber im Rahmen der Planverfahren klar voneinander abgegrenzt. Dadurch droht eine Steuerung der Anliegen durch die Jugendämter. Jedwede Umdeutung von Teilhabebedarfen zu erzieherischen Bedarfen lehnt der DBSV mit Nachdruck ab. Das Recht muss hier klare und praxistaugliche Regelungen vorsehen.
  • Brüche im Leistungsgeschehen für junge Volljährige mit Behinderungen müssen durch geeignete Übergangsregelungen verhindert werden. Die Verwirklichung der Teilhabeziele im Sinne der Eingliederungshilfe müssen bei der Ermessensentscheidung ausdrücklich einbezogen werden.
  • Das Leistungserbringungsrecht ist unter Beachtung der Grundsätze des SGB IX auszugestalten, damit eine ausreichende, geeignete und den Teilhabezielen verpflichtete Leistungserbringung gewährleistet werden kann.
  • Die Verschlechterungen im Bereich der Kostenheranziehung junger Menschen und ihrer Familien beim Bezug von Leistungen über Tag und über Tag und Nacht für bislang privilegierte Leistungen der Eingliederungshilfe sind mit § 108 Abs. 2 SGB VIII unvereinbar und inakzeptabel. Der Wechsel ins SGB VIII würde etwa dazu führen, dass Eltern plötzlich Kostenbeiträge für die Bildung allein aufgrund der Behinderung ihres Kindes aufzubringen hätten. Das ist eine im Vergleich zu nichtbehinderten Kindern ungerechtfertigte und unzumutbare Benachteiligung, die weder mit dem Grundgesetz, noch mit Art. 24 der UN-BRK vereinbar ist. Es sind Regelungen zur Begrenzung der Kostenbeteiligung auf die häusliche Ersparnis im Sinne von § 142 SGB IX auch im SGB VIII zu ergänzen.
  • Der DBSV vermisst Vorkehrungen mit denen abgesichert wird, dass das Personal in den Jugendämtern die spezifischen und teils überregional organisierten Angebote der Eingliederungshilfe kennt und Familien dorthin verweisen kann. Das ist besonders relevant für kleine Gruppen, wie blinde, taubblinde, (hör)sehbehinderte oder mehrfachbehinderte Kinder mit Seheinschränkung. Das über Jahrzehnte bei den Trägern der Eingliederungshilfe aufgebaute Knowhow, dass und wo beispielsweise ein Förderzentrum für blinde oder taubblinde Menschen zu finden ist, darf bei der jetzt anstehenden Kommunalisierung nicht verloren gehen.
  • Letztlich lässt der Entwurf Regelungen außerhalb der Eingliederungshilfe vermissen, um die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt inklusiv aufzustellen.

Im Einzelnen wird wie folgt ausgeführt:

Zu Art. 1 ‒ Erforderlichkeit der Änderung des § 1 SGB VIII

§ 1 Abs. 1 SGB VIII regelt, dass jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. § 1 SGB IX regelt, dass Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen erhalten, um ihre Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
Während die Jugendhilfe mit Blick auf die vorrangige Erziehungs- und Sorgeverpflichtung der Eltern nur nachrangig zuständig ist, haben Menschen mit Behinderungen aufgrund des SGB IX als Ausfluss des Benachteiligungsverbots aufgrund von Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz) Ansprüche auf Leistungen, und zwar unmittelbar gegenüber den jeweiligen Rehabilitationsträgern. Insoweit gibt es auch keine vorrangige Verpflichtung der Eltern zur Gewährleistung der Teilhabe ihrer behinderten Kinder.
Das neben der Entwicklung und Erziehung stehende Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen muss mithin explizit in der Programmatik des SGB VIII verankert werden, um dem grundrechtlich garantierten Benachteiligungsverbot von Menschen mit Behinderungen und der UN-BRK umfassend Rechnung tragen zu können.
Richtiger Ort dafür ist § 1 des SGB VIII als Generalklausel und Leitnorm für den Gesamtauftrag der Jugendhilfe. § 1 SGB VIII darf sich dabei künftig weder auf einen Teilauftrag beschränken oder etwa ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis der verschiedenen Teilaufgaben suggerieren. Bislang beschränkt sich § 1 auf die „Förderung seiner Entwicklung“ und auf „Erziehung zu“. Die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist aber nicht nur im Rahmen von Erziehung oder Entwicklung zu gewährleisten, sondern umfassend in allen Bereichen des Lebens. Nach Art. 26 Abs. 1 UN-BRK haben die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. Gerade bei behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen prägen im Rahmen des Behindertenrechts zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffene Leistungsentscheidungen nachhaltig die nachfolgenden Lebensabschnitte, wenn nicht das gesamte weitere Leben.
In § 1 Abs. 1 SGB VIII sollte mithin folgender Satz 2 eingefügt werden:
„Junge Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen im Sinne von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches erhalten zudem Leistungen zur Förderung ihrer Selbstbestimmung, ihrer vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie zur Vermeidung und Beseitigung von Benachteiligungen.“
§ 1 Abs. 4 sollte sodann klarstellen, dass die Kinder- und Jugendhilfe auch Rehabilitationsträger ist. Es könnte wie folgt formuliert werden:
„(4) Die Träger der Jugendhilfe sind für die Leistungen nach Abs. 1 Satz 2 Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 des Neunten Buches).“

Zu Art. 1, Nr. 2

Es ist sicherzustellen, dass orientiert am Neunten Sozialgesetzbuch weiterhin ein gemeinsames Recht und eine einheitliche Praxis der Rehabilitation für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen unabhängig von der Zuständigkeit oder Leistungsverpflichtung eines Rehabilitationsträgers erhalten bleibt. Da auch in Zukunft neben der Kinder- und Jugendhilfe andere Rehabilitationsträger Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche zu erbringen haben, ist diese Bezugnahme zwingend, um sicherzustellen, dass sich die Leistungen zur Teilhabe je nach Leistungsverpflichtung der Rehabilitationsträger nicht auseinanderentwickeln. Gleichzeitig ist abzusichern, dass die bisher in der Verantwortung der Träger der Eingliederungshilfe betreuten Leistungsberechtigten durch die Novellierung des SGB VIII keine Rechtsnachteile erfahren.
Es wird vorgeschlagen, § 2 Nr. 4b wie folgt neu zu fassen:
„4b. Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderung oder drohender Behinderung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 nach den Bestimmungen des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.“

Zu Art. 1, Nr. 3 (Wunsch- und Wahlrecht)

Positiv sieht der DBSV den Verweis auf § 104 Abs. 3 und 4 SGB IX zur Vermeidung von Verschlechterungen im Vergleich zum bisherigen Recht.
Aus Sicht des DBSV wäre es allerdings zu begrüßen, in § 5 insgesamt auf die „berechtigten Wünsche“ im Sinne von § 8 SGB IX abzustellen. Damit würden dann auch Friktionen zur Teilhabeplanung im Sinne der §§ 19 ff. SGB IX vermieden.
Es wird vorgeschlagen, § 5 Abs. 3 wie folgt zu fassen:
„(3) Bei der Entscheidung über Leistungen der Eingliederungshilfe zur Förderung der Teilhabe an junge Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Neunten Buches finden Anwendung. Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung und Ausführung der Leistungen richten, ist zu entsprechen, soweit sie angemessen sind. Als nicht angemessen gelten Wünsche im Sinne von § 104 Abs. 2 Satz 2 des Neunten Buches. § 104 Abs. 3 und 4 des Neunten Buches finden Anwendung.“

Zu Art 1, Einfügung einer neuen Nr. 4a ‒ Änderung des § 10a SGB VIII

  • Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden die Träger der Eingliederungshilfe zu differenzierten Unterstützungsleistungen in § 106 Abs. 2 SGB IX verpflichtet. Die in § 10a Abs. 2 Satz 2 SGB VIII als Hilfe bezeichnete Aufgabe der Jugendhilfe bleibt inhaltlich hinter einer Unterstützung in diesem Sinn zurück und beschränkt sich nur auf einen Teil der in § 106 Abs. 2 SGB IX genannten Unterstützungspflichten.
    Die nicht in § 10a Abs. 2 Satz 2 SGB VIII aufgenommenen, in diesem Vorschlag in Abs. 3 Nrn. 6 – 9, bezeichneten Unterstützungen sind für Menschen mit Behinderungen bzw. drohenden Behinderungen insbesondere bei der Gestaltung und Durchführung eines Persönlichen Budgets unverzichtbar.
    Außerdem sollte unbedingt ein Verweis auf die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung erfolgen, zumal die Jugendämter bislang keine Erfahrungen mit der Leistungsgewährung an junge Menschen mit körperlichen, geistigen und Sinnesbehinderungen Behinderungen haben.
    Es wird daher vorgeschlagen, § 10a wie folgt neu zu fassen:
    „§ 10a Beratung und Unterstützung
  • (1) Zur Wahrnehmung ihrer Rechte nach diesem Buch werden junge Menschen, Mütter, Väter, Personensorge- und Erziehungsberechtigte, die leistungsberechtigt sind oder Leistungen nach § 2 Absatz 2 erhalten sollen, in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form, auf ihren Wunsch auch im Beisein einer Person ihres Vertrauens, beraten und, soweit erforderlich, unterstützt.
  • (2) Die Beratung umfasst insbesondere:
  1. die Familiensituation oder die persönliche Situation des jungen Menschen, Bedarfe, vorhandene Ressourcen sowie mögliche Hilfen,
  2. die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe einschließlich des Zugangs zum Leistungssystem,
  3. die Leistungen anderer Leistungsträger,
  4. mögliche Auswirkungen und Folgen einer Hilfe,
  5. die Verwaltungsabläufe,
  6. Hinweise auf Leistungsanbieter und andere Hilfemöglichkeiten im Sozialraum und auf Möglichkeiten zur Leistungserbringung,
  7. Hinweise auf andere Beratungsangebote im Sozialraum,
  8. bei Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen Hinweise auf die Beratung durch die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (§ 32 des Neunten Buches).
  • (3) Die Unterstützung umfasst insbesondere:
  1. Hilfe bei der Antragstellung,
  2. Hilfe bei der Klärung weiterer zuständiger Leistungsträger,
  3. das Hinwirken auf zeitnahe Entscheidungen und Leistungen der anderen Leistungsträger,
  4. Hilfe bei der Erfüllung von Mitwirkungspflichten,
  5. Hilfe bei der Inanspruchnahme von Leistungen,
  6. die Vorbereitung von Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft einschließlich des gesellschaftlichen Engagements,
  7. die Vorbereitung von Kontakten und Begleitung zu Leistungsanbietern und anderen Hilfemöglichkeiten,
  8. Hilfe bei der Entscheidung über Leistungserbringer sowie bei der Aushandlung und dem Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern sowie
  9. Hilfe bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus der Zielvereinbarung und dem Bewilligungsbescheid.

Zu Art. 1, Nr. 5 – Verfahrenslotse

Der DBSV begrüßt die Funktion des Verfahrenslotsen. Seine Aufgaben sollen erweitert werden und im Rahmen der Jugendhilfeplanung unterstützen. Das wird aber nicht ausreichen.
Der DBSV sieht das große Problem, dass jahrelang aufgebautes Knowhow bei den Trägern der Eingliederungshilfe verloren geht, wenn plötzlich die kommunal organisierten Jugendämter zuständig werden. Besonders herausfordernd ist die Situation für sinnesbehinderte Kinder und ihre Familien. Spezifische Förderangebote sind in der Regel überregional organisiert, weil der Personenkreis sehr klein ist. Es steht zu befürchten, dass die aufgebauten Netzwerke jetzt regelrecht zusammenbrechen, wenn Personal in den Jugendämtern schlicht nicht weiß, dass und wo es z. B. ein Förderzentrum für taubblinde oder blinde Kinder gibt. Lebenswege lassen sich nur gut planen, wenn kontinuierlich Fachpersonal beteiligt ist, dass mit den spezifischen Unterstützungsmöglichkeiten vertraut ist. Die Erfahrung hat auch in der Eingliederungshilfe gezeigt, dass bedarfsgerechte Leistungen dann besonders gut an blinde oder hörsehbehinderte/taubblinde Kinder gelangen, wenn bestimmte Bedarfe bei einer Stelle gebündelt werden. Überörtliche Träger haben z. B. spezielle Ansprechpartner in der Verwaltung, die im Bereich „Sehen“ „fit“ sind und die Förderlandschaft überregional, teils bundesweit kennen. Eine Bündelung ist angesichts der kleinen Zahl Betroffener unverzichtbar. Genau das fehlt bislang im Bereich der Jugendhilfe. Um es mit einem vergleichenden Beispiel zu untermalen: Die jetzt im SGB VIII vorgesehene Struktur wäre in etwa so, als würde von jedem Landarzt ab 2028 erwartet, eine komplette Organtransplantation zu bewerkstelligen. Dass das nicht geht, dürfte jedem einleuchten.
Der DBSV fordert also dringend dazu auf, dass auch in der Jugendhilfe organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um auch selten vorkommende Rehabilitationsbedarfe adäquat zu erkennen und durch passgenaue Leistungen decken zu können. Dafür sind überörtliche Strukturen vorzusehen, um Knowhow aufzubauen und zu sichern, auf die alle örtlichen Jugendämter bei Bedarf zurückgreifen können – quasi eine Art Sinnesbehindertenexperte auf Landesebene.

Zu Art. 1, Nr. 8 ‒ § 27

Zu Abs. 1

Der Grundsatz, dass die Teilhabe eigenständiges Recht beinhaltet, muss in allen Regelungen des SGB VIII seinen Niederschlag finden. Bislang atmen die Regelungen des Abschnitts zu den Leistungen der Entwicklung, Erziehung und Teilhabe den Geist der Hilfen zur Erziehung. Man hat den Eindruck, behinderte Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien müssten sich dieser Grundausrichtung unterordnen, sei es bei den Planverfahren, den ergänzenden Bestimmungen bei stationärer Unterbringung oder den Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen an junge Volljährige. Das wird dem Selbstbestimmungsgedanken des Rehabilitationsrechts aber nicht gerecht. Hier bedarf es dringend einer grundlegenden Überarbeitung.
Wie bereits oben ausgeführt ist zentral, dass Leistungen zur Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt neben Hilfen zur Erziehung erbracht werden. Teilhabeleistungen dürfen nicht ausschließlich unter der Zielsetzung der „Entwicklung und Erziehung zu …“ stehen. Deshalb ist der einleitende Satzteil „Zur Verwirklichung des Rechts eines jeden jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ eine Engführung und damit nicht sachgerecht. Er suggeriert, dass Teilhabe nur im Rahmen von Erziehung und Entwicklung möglich sei.
Ungünstig ist zudem, dass die „Förderung der Entwicklung“ zwar in der Überschrift und im einleitenden Satzteil des § 27 Abs. 1 SGB VIII benannt wird, Absatz 2 und 3 aber explizit nur „Hilfen zur Erziehung“ und „Eingliederungshilfe“ umfassen. Unverständlich bleibt mithin, was für alle jungen Menschen – egal ob mit oder ohne Behinderung – leistungsrechtlich getan wird, um die Entwicklung zu fördern.
Wir schlagen daher vor, § 27 Absatz 1 ganz zu streichen.

Zu Abs. 3

Absatz 3 beschreibt die Aufgabe der Eingliederungshilfe. Die Norm beschränkt sich auf die Übernahme des § 90 Absatz 1 SGB IX als Generalnorm. Das ist nicht ausreichend. Das SGB IX bindet die Erbringung der Leistungen zur Teilhabe an die Erreichung der im Rahmen des Teilhabeplanverfahrens festzustellenden Teilhabeziele bzw. die in § 90 Abs. 2 bis 5 SGB IX genannten Aufgaben der Eingliederungshilfe. Dies bindet zugleich die Träger bei der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens bei der Entscheidung über Gegenstand, Art und Umfang der Leistungen.
Den Leistungsvorschriften des Teils 1 des SGB IX (§§ 42, 49, 75, 76) sind in den jeweiligen Absätzen 1 bewusst Leistungsziele vorangestellt, die mit den Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB IX wirksam erreicht werden sollen. Der Referentenentwurf blendet diese Teilhabeziele – mit Ausnahme des § 35f Abs 1 (Leistungen zur Sozialen Teilhabe) ‒ systematisch aus.
Zur Klarstellung schlagen wir daher vor, in Absatz 3 den folgenden Satz anzufügen:
„Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in §§ 4 Abs. 2 und 90 Abs. 2 bis 4 des neunten Buches und § 35f Abs. 1 genannten Teilhabeziele erbracht“.

Zu Abs. 3a

Absatz 3a soll offenbar die Leistungsberechtigung definieren. Das kann aber nicht eingeleitet werden mit der „Geeignetheit und Notwendigkeit“ der Leistungen, denn die Eignung und Notwendigkeit ist abhängig von den Teilhabezielen im Sinne von § 4 SGB IX. Diesen ist mit geeigneten und bedarfsgerechten Leistungen durch eine geeignete Leistungserbringung zu entsprechen. Dementsprechend sollte Absatz 3a eine Klarstellung erfahren.
Soweit hier die Anspruchsinhaberschaft geregelt werden soll, begrüßt der DBSV ausdrücklich, dass im Referentenentwurf dem Wortlaut des Absatz 3a zu Folge auf das „Wesentlichkeitskriterium“ verzichtet werden soll. Die Norm folgt damit auch dem Bundessozialgericht in seiner Entscheidung B 8 SO 30/10 R.
Meint es der Gesetzgeber ernst, bedarf es dann allerdings keiner Ermächtigungsgrundlage zur näheren Bestimmung des Personenkreises, wie dies in Absatz 4 vorgesehen ist. In Kombination mit der Gesetzesbegründung drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass das Wesentlichkeitskriterium im Sinne von § 99 SGB IX über die Hintertür doch wieder eine Rolle spielen soll, mit samt den dazu bestehenden streitbefangenen Diskussionen. Das gilt es zu verhindern. Der DBSV weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in einem inklusiven SGB VIII und aufgrund der insgesamt präventiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe kein Raum für Einschränkungen des Leistungszugangs ist. Die dynamischen Entwicklungsprozesse von jungen Menschen würden ansonsten ignoriert und es würde verhindert, dass sie ihre Potentiale voll zur Entfaltung bringen können. Das widerspräche sowohl der UN-Kinderrechtskonvention als auch der UN-Behindertenrechtskonvention.

Zu Art. 1, Nr. 11

An dieser Stelle erlauben wir uns zunächst grundsätzlichere Ausführungen zum gesamten Komplex Eingliederungshilfe.
Aus Sicht des DBSV ist es ungünstig, dass teilweise Gesetzespassagen aus dem Teil 2 SGB IX ins SGB VIII übernommen werden, teilweise aber auch notwendige Regelungsinhalte der Vorschriften des SGB IX, Teil 2, unberücksichtigt bleiben.
Die Dopplung der Vorschriften birgt die große Gefahr, dass sich bei künftigen Gesetzesreformen die Vorschriften im SGB IX und SGB VIII auseinanderentwickeln. Das SGB VIII darf aber nicht zu einem solitären Lebensabschnittsgesetz werden, weil viele behinderte Menschen auch im Erwachsenenalter Eingliederungshilfe benötigen werden und daher nahtlos anschließende Leistungen sicherzustellen sind. Aus Sicht des DBSV wäre ein Verweis auf die Vorschriften des SGB IX vorzugswürdig. Dort, wo spezifischen Bedarfen junger Menschen im Sinne von § 4 Abs. 3 SGB IX durch besondere Leistungen Rechnung zu tragen ist, können Ergänzungen im SGB VIII erfolgen.
Andererseits fehlen wichtige Regelungen, zum Beispiel zum Umgang mit Leistungen bei Pflegebedürftigkeit. Die Regelungen des § 102 SGB IX sind insoweit in für das Kinder- und Jugendhilferecht bedarfsgerechter Form einzubeziehen. Ebenfalls sollte der in § 91 Abs. 3 SGB IX vorhandene Verweis auf das Verhältnis von Pflege und Eingliederungshilfe übernommen werden, um Klarheit für die Jugendämter zu schaffen. Auf die Regelungen in § 13 Abs. 4 SGB 4 wird verwiesen.

Zu Art. 1, Nr. 12 - § 35a

Zu Absatz 6

Abs. 6 sieht vor, dass Leistungen der Eingliederungshilfe als Teil eines persönlichen Budgets ausgeführt werden können. Die Formulierung „als Teil eines“ bedeutet eine Engführung. Ein Anspruch auf ein Persönliches Budget besteht nach geltendem Recht auch, wenn nur Leistungen der Eingliederungshilfe benötigt werden. Dann wird ein trägerspezifisches Budget erbracht. Es ist nicht ersichtlich, warum im SGB VIII davon abgewichen werden soll und persönliche Budgets nur im Rahmen von trägerübergreifenden Budgets erlaubt sein sollen.
Es kann auch zielführend und unter Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts geboten sein, nur die Eingliederungshilfeleistungen zu budgetieren. Es wird vorgeschlagen, Absatz 6 wie folgt zu fassen:
„(6) Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden auf Antrag auch als Persönliches Budgets ausgeführt. Die Betroffenen sind entsprechend zu beraten. § 29 des Neunten Buches ist anzuwenden.“

Zu Art. 1, Nr. 13

Zu § 35b

Nach § 40 Abs. 3 Satz1 SGB V bestimmt die Krankenkasse Art, Umfang und Dauer der Leistungen in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. Danach besteht bezogen auf diese Leistungen keine „freie Wahl“. Daher ist § 35b Abs. 3 zu korrigieren und könnte etwa wie folgt gefasst werden:
„Leistungsberechtigte haben entsprechend den Bestimmungen der gesetzlichen Krankenversicherung die freie Wahl unter den Ärztinnen oder Ärzten und Zahnärztinnen oder Zahnärzten sowie unter den Krankenhäusern. Für Leistungen in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen findet das Wunsch- und Wahlrecht nach § 8 des neunten Buches i. V. m. § 40 Abs. 3 Satz 1 des fünften Buches Anwendung.“

Zu § 35c

Zur Klarstellung wird vorgeschlagen, dem Absatz 3 den aus der Gesetzesbegründung stammenden Satzteil „An die Stelle der Hilfe- und Leistungsplanung und des Hilfe- und Leistungsplans nach den §§ 36 bis 38d tritt der Förder- und Behandlungsplan nach § 7 der Frühförderverordnung.“ anzufügen.

Zu § 35d

Es ist nicht verständlich, weshalb in Absatz 1 Satz 2 weiterhin eine Einschränkung in Bezug auf nur bestimmte Ganztagesangebote erfolgt. Es wäre sinnvoll, jede Form der schulischen Ganztagesbetreuung den Leistungen zur Teilhabe an Bildung zuzuordnen, denn Hausaufgabenbetreuung etc. findet auch dort statt. Abgesehen davon liegt der Teilhabe an Bildung im Sinne von § 75 SGB IX ein weites Verständnis zugrunde.
Der DBSV hält es zudem nicht für sinnvoll, in jedem Fall die Hilfen zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 durch die Jugendämter zu erbringen. Wird ein Studium z. B. kurz vor dem Erreichen der Volljährigkeit aufgenommen (schon 17-jährige können das Abitur ablegen) und ist die jugendliche leistungsberechtigte Person bereits so selbstständig, dass sie allein in einem Studierendenwohnheim lebt, wäre es aus Sicht des DBSV unzweckmäßig, Studienassistenz aufgrund von Behinderung noch durch das Jugendamt zu erbringen und zwei Monate später schon den Leistungserbringer hin zum Träger der Eingliederungshilfe wechseln zu müssen. Gerade zu Beginn des Studiums müssen notwendige Assistenzleistungen schnell zur Verfügung stehen, um den Studienerfolg nicht zu gefährden. Das zeigen die Erfahrungen. Ein Zuständigkeitswechsel innerhalb kurzer Zeit wäre für den Menschen mit Behinderung mit großen Belastungen verbunden. In diesen Fällen sollte es unbedingt die Möglichkeit geben, den Zuständigkeitswechsel ins SGB IX schon vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres zu organisieren.

Zu § 35f

Die Reform muss dazu genutzt werden, dem Anspruch aus § 4 Abs. 3 SGB IX besser gerecht zu werden. Danach werden Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. In der Praxis sind Eltern durch mangelnde Unterstützung aktuell teilweise hoch belastet, insbesondere, wenn sie ihre Kinder mit Behinderungen zu Hause erziehen und nicht in Einrichtungen betreuen lassen. Es ist daher erforderlich,

  • dass zu den Leistungen der sozialen Teilhabe künftig auch solche gehören, die sich nicht unmittelbar an den jungen Menschen mit Behinderung richten, gleichwohl aber für die Gewährleistung seiner gleichberechtigten Teilhabe im persönlichen Familienumfeld erforderlich sind: Angesprochen sind hier familienunterstützende Angebote, um Eltern in ähnlichen Situationen eine Austauschmöglichkeit zu bieten oder sie im Rahmen der Erbringung von Teilhabeleistungen an ihre behinderten Kinder zu befähigen, die Maßnahmen im Alltag umzusetzen, wie dies im Rahmen der Frühförderung längst erfolgreich praktiziert wird. Hierzu kann aber auch ein Anspruch auf eine niedrigschwellige alltagspraktische Begleitung und Entlastung (sog. Alltagsassistenz) gehören, um Familien und Erziehungsberechtigte bei der Alltagsbewältigung und insbesondere bei der Erledigung allgemeiner Verrichtungen wie der Haushaltsführung sowie bei der Betreuung und Versorgung der im Haushalt lebenden weiteren Kinder zu unterstützen. Der Auftrag für die Bereitstellung solcher Leistungen resultiert aus dem Behinderungsverständnis, das nicht nur die individuellen Beeinträchtigungen fokussiert, sondern auch ein Einwirken auf Kontextfaktoren in den Blick nehmen muss.
  • dass es Angebote für junge Menschen mit (drohender) Behinderung zum Empowerment und Peer-Austausch geben muss.

Diese Erweiterungen sind bislang nicht explizit im Gesetz verankert, lassen sich aber in Absatz 1 hineinlesen. Es wäre dennoch sinnvoll, zumindest in der Gesetzesbegründung das weite Verständnis von sozialer Teilhabe, wie hier skizziert, zu implementieren.
Absatz 5 ist unverständlich. Es ist bislang nicht vorgesehen, dass Kinder und Jugendliche, also Minderjährige, in besonderen Wohnformen leben und dort Fachleistungen der Eingliederungshilfe und Hilfen zum Lebensunterhalt getrennt erbracht werden. Darauf hat der Gesetzgeber im Zuge der BTHG-Reform bewusst verzichtet und stattdessen in § 134 SGB IX Sonderregelungen geschaffen.
Absatz 6 Satz 2 ist nicht nachvollziehbar. Die Abgrenzung zu § 44b SGB V ist in Bezug auf Eltern und Geschwister zu klären. Sie haben bislang Anspruch auf Krankengeld nach § 44b SGB V.

Zu Art. 1, Nr. 14

Der DBSV erlaubt sich an dieser Stelle generelle Ausführungen zu diesem Abschnitt, insbesondere zu dessen Aufbau.
Für den DBSV ist entscheidend, dass das Tätigwerden des Jugendamtes begrenzt werden kann auf die Erbringung von Teilhabeleistungen (Eingliederungshilfe), und zwar ohne dass die Eltern behinderter Kinder befürchten müssen, dass ihre Erziehungskompetenz in Frage gestellt und mindestens hinterfragt wird. In § 36 muss also unbedingt klargestellt werden, dass – abgesehen von eindeutigen Fällen der Kindeswohlgefährdung – die antragstellende/hilfesuchende Person das Hilfe- und Leistungsgeschehen bestimmt.
Weiterhin sieht der DBSV durch den Aufbau des Abschnitts die große Gefahr, dass Mitarbeitende im Jugendamt den Hilfe- und Leistungsplan „abarbeiten“, ohne sich überhaupt bewusst zu machen, dass im Falle des Vorliegens einer Behinderung immer auch eine Teilhabeplanung einschließlich der Nutzung eines ICF-basierten Instrumentes zur Bedarfsermittlung und unter Umständen auch unter Einbindung von weiteren Rehabilitationsträgern vorzunehmen ist. Damit resultiert gleichzeitig die Gefahr, dass erzieherische Bedarfe und Bedarfe an Teilhabeleistungen nicht sauber voneinander abgegrenzt, sondern miteinander vermischt oder sogar Teilhabebedarfe in erzieherische Bedarfe umgedeutet werden. Die Ursache des bestehenden Bedarfs muss jedoch ordentlich ermittelt werden, um daraus abgeleitet die passende und damit auf Dauer wirksame Intervention zu wählen. Das gilt auch für die Konstellationen, in denen sowohl ein erzieherischer als auch ein behinderungsspezifischer Teilhabebedarf besteht.
Den bezeichneten Schwierigkeiten kann aus Sicht des DBSV nur dadurch begegnet werden, indem eine Einbeziehung des § 38_neu und ein Verweis auf die weiteren Vorgaben dieses Abschnitts schon in § 36 SGB VIII erfolgt.
Außerdem muss in § 36 in Anlehnung an § 121 SGB IX klargestellt werden, dass bei erkanntem Rehabilitationsbedarf unverzüglich(!) die Hilfe- und Leistungsplanung in Verbindung mit der Teilhabeplanung zu erfolgen hat.

Zu Art. 1, Nrn. 19 und 22

Die Regelungen greifen Unterstützung und Bedarfsklärung auf, wenn das Kind nicht im Elternhaus lebt. Aus dem Blickwinkel der Jugendhilfe, die im Rahmen der klassischen Hilfen zur Erziehung immer eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung als Voraussetzung einer Fremdunterbringung hat, mag das nachvollziehbar sein.
Behinderte Kinder leben manchmal aber von ihren Eltern getrennt, weil sie z. B. eine Internatsschule besuchen, wo sie behinderungsspezifische Leistungen der Eingliederungshilfe zum Schulbesuch oder zur Rehabilitation erhalten oder weil die räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen eine Betreuung zu Hause nicht ermöglichen, insbesondere bei besonders schwer mehrfachbehinderten Kindern.
In diesen Fällen muss aber nicht unbedingt an der emotionalen Beziehung zwischen Eltern und Kindern gearbeitet werden, um sie wieder zu Hause unterbringen zu können. Im Gegenteil: Die Erfahrung zeigt, dass die Eltern-Kind-Beziehungen trotz z. B. einer Internatsunterbringung hervorragend funktionieren. In der Regel sehen auch die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe ein Konzept vor, wie sie die Elternarbeit auf Augenhöhe gestalten. Hier braucht es kein Eingreifen des Jugendamts. Das würden viele Eltern behinderter Kinder auch als außerordentlich bevormundend empfinden.
Die Vorschriften müssen daher auf die Fälle begrenzt werden, in denen (auch) Hilfe zur Erziehung geleistet wird. Im Falle der ausschließlichen Erbringung von Eingliederungshilfe über Tag und Nacht sollte zwar der Leistungserbringer Konzepte zur guten Zusammenarbeit mit den Eltern vorsehen. Das Jugendamt sollte ansonsten aber nur auf ausdrücklich angemeldeten Bedarf der Eltern im Rahmen von Hilfen zur Erziehung aktiv werden.

Zu Art. 1, Nr. 23

§ 38a macht deutlich, dass hier offenbar noch immer ein hochgradig medizinisches Verständnis von Behinderung besteht, wenn die ärztlichen Gutachten als im Vergleich zu einer ICF-basierten Bedarfsermittlung deutlich prominenter verankert werden.
Im Übrigen hat der DBSV Zweifel, dass die Vorschriften in der Praxis gut anwendbar sind. Sie sind schwer verständlich. Mindestens wird ein hoher Qualifizierungsbedarf bei den Mitarbeitenden im Jugendamt entstehen, wenn sichergestellt werden soll, dass das übergreifende Rehabilitations- und Teilhaberecht im Sinne des SGB IX überhaupt Beachtung findet. Junge Menschen mit Behinderungen sind jedenfalls darauf angewiesen, um ihre Bedarfe trotz des gegliederten Systems umfassend decken zu kennen.

Zu Art. 1, Nr. 27

Der Entwurf sieht vor, dass junge Menschen nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützung erhalten können. Bejaht werden kann eine Leistung im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung nur, „wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet“. Das ist vor dem Hintergrund der klassischen Jugendhilfe konsequent.
Allerdings droht damit, dass junge Menschen mit Behinderung in sehr sensiblen Phasen ihrer Entwicklung mit einem Zuständigkeitswechsel zum Träger der Eingliederungshilfe konfrontiert sind. Insbesondere im Rahmen der Hilfen für eine angemessene Schulbildung oder eine schulische Ausbildung zu einem Beruf drohen hier massive Konflikte, die im schlimmsten Fall den Schulabschluss junger Menschen mit Behinderungen gefährden. Junge Menschen mit Behinderungen ist es nicht zuzumuten, kurz vor ihren Schulabschlussprüfungen eine erneute Bedarfsermittlung zu durchlaufen, nur, weil der Kostenträger aufgrund ihres Lebensalters wechselt. Das ist gegenüber nicht behinderten jungen Menschen eine unzumutbare Erschwernis. Bei jungen Menschen, die in einem Schülerinternat untergebracht sind, ergeben sich zudem nicht nur Änderungen im Leistungsrecht, sondern auch im Leistungserbringungsrecht. Besteht hier keine einheitliche Anerkennung der anfallenden Kosten seitens der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe, droht eine Lücke für die Betroffenen ggf. mit verbundenen Rechtsstreitigkeiten und das, mitten in den letzten Phasen vor dem Schulabschluss. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Analog zu § 134 SGB IX könnte in § 41 mit einem neuen Absatz 1a wie folgt darauf reagiert werden:
„(1a) Absatz 1 findet auch Anwendung, wenn volljährige Leistungsberechtigte vor Vollendung des 18. Lebensjahres Leistungen zur Schulbildung nach § 35d Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sowie Leistungen zur schulischen Ausbildung für einen Beruf nach § 35d Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erhalten haben bis zum Abschluss dieser Leistungen. Entsprechendes gilt bei anderen volljährigen Leistungsberechtigten, wenn

  1. das Konzept des Leistungserbringers auf Minderjährige als zu betreuenden Personenkreis ausgerichtet ist,
  2. der Leistungsberechtigte von diesem Leistungserbringer bereits Leistungen erhalten hat und
  3. der Leistungsberechtigte nach Erreichen der Volljährigkeit für eine kurze Zeit, in der Regel nicht länger als bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, Leistungen von diesem Leistungserbringer weitererhält, mit denen vor dem Erreichen der Volljährigkeit definierte Teilhabeziele erreicht werden sollen.“

In Absatz 3 ist klarzustellen, dass beim Zuständigkeitsübergang auf andere Rehabilitationsträger solange Leistungen durch den Jugendhilfeträger fortzusetzen sind, bis nahtlos die Leistungen des anderen Rehabilitationsträgers einsetzen. In keinem Fall darf es zu Leistungslücken durch den Zuständigkeitswechsel kommen.

Zu Art. 1, Nrn. 33 ff. - Leistungserbringungsrecht

Um Rechtssicherheit in Bezug auf das erforderliche und bedarfsgerechte Leistungsangebot für Teilhabeleistungen an Menschen mit Behinderungen herzustellen, müssen die Leistungen mit verbindlichen Regelungen im Leistungserbringungsrecht verknüpft werden. Dafür muss der Rechtsanspruch der Leistungserbringer auf Abschluss einer Vereinbarung, wie er in §§ 123 ff. SGB IX geregelt ist, auch im SGB VIII verankert werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ambulante, teilstationäre oder stationäre Leistungen handelt. Das ist bislang nicht der Fall. Damit droht eine wesentliche Verschlechterung und zwar nicht nur in rechtlicher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die tatsächlichen Folgen. Es droht ganz konkret, dass Bedarfe behinderter Kinder und Jugendlicher nicht gedeckt werden, wenn bedarfsgerechte Leistungsangebote zum Erreichen der Teilhabeziele nicht zur Verfügung stehen, weil es keine Leistungserbringer gibt.
Das Nähere, auch zur Qualität der ambulanten Leistungen einschließlich der Qualitätsmerkmale bezogen auf die spezifischen Bedarfe von Menschen mit Behinderungen, soll das Landesrecht regeln. Das ist eine wesentliche Verschlechterung im Vergleich zum Vertragsrecht im Sinne des SGB IX, Teil 2.
Um diese Verschlechterungen zu vermeiden wird vorgeschlagen, § 78a Abs. 1 Nr. 5 wie folgt zu fassen:
„Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung“.
Mit diesem Vorschlag werden alle Leistungen der Eingliederungshilfe erfasst, egal, ob sie ambulant, teilstationär oder stationär erbracht werden. Das wäre die „Minimallösung“, wenn sich der Gesetzgeber nicht dazu entschließen kann, die Grundsätze des Leistungserbringungsrechts des SGB IX, Teil 2 insgesamt ins SGB VIII zu übernehmen.
Eine Anpassung ist auch in den folgenden Vorschriften erforderlich. Insbesondere muss zur Qualität der Leistungen eine bundesrechtliche Regelung getroffen werden, die § 123 SGB IX aufgreift und regelt, dass geeignete Träger zur Erbringung der Leistungen eine dem Leistungsangebot entsprechende Anzahl an Fach- und anderem Betreuungspersonal zu beschäftigen haben. Sie müssen über die Fähigkeit zur Kommunikation mit den Leistungsberechtigten in einer für die Leistungsberechtigten wahrnehmbaren Form verfügen und nach ihrer Persönlichkeit geeignet sein. Das Fachpersonal muss zusätzlich über eine abgeschlossene berufsspezifische Ausbildung und dem Leistungsangebot entsprechende Zusatzqualifikationen verfügen.

Zu Art. 1, Nr. 44

Der DBSV begrüßt ausdrücklich, dass zu vielen ambulanten Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe kein Kostenbeitrag erhoben werden soll. Das ist für viele Familien eine echte Entlastung und zwar nicht nur in finanzieller Hinsicht. Vor allem wird ein hohes Maß an Bürokratie für die Familien entfallen, indem sie nicht ständig Einkommens- und vermögensnachweise vorzulegen haben. Auch die Verwaltung wird insoweit profitieren.
Außerordentlich problematisch sieht der DBSV indes die Kostenheranziehung bei Leistungen über Tag und über Tag und Nacht. Die vorgesehenen Neuregelungen würden zu Verschlechterungen für viele Eltern blinder, sehbehinderter sowie taubblinder und hörsehbehinderter Kinder und Jugendlicher führen. Das ist mit § 108 Abs. 2 SGB VIII unvereinbar und abzulehnen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Deutschland anlässlich der 2./.3. Staatenprüfung erst jüngst dafür gerügt worden ist, dass Eltern behinderter Kinder hohe Kosten für Assistenz- und Unterstützungsleistungen haben. Der UN-Fachausschuss hat daher in seinen abschließenden Bemerkungen vom 03.10.2023 in Ziffer 16 b empfohlen, alle behinderungsrelevanten Kosten für ambulante oder stationäre Leistungen von Kindern mit Behinderung staatlicherseits zu übernehmen. Die Übergangsregelung in Nr. 53 verdeutlicht, dass dem Ministerium die Verschlechterung durchaus bewusst ist.
Eine Schlechterstellung erfolgt nach den vorgesehenen Neuregelungen wie folgt:
Für Leistungsberechtigte nach dem SGB IX wird bislang zu bestimmten Eingliederungshilfeleistungen aus sozialpolitischen Gründen gar kein Kostenbeitrag erhoben. Insbesondere die Entwicklung von Kindern in Bezug auf ihre vorschulische soziale Teilhabe, die Teilhabe an Bildung, die Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Vorbereitung auf das Arbeitsleben und die medizinische Rehabilitation sollen nicht durch Wirtschaftlichkeitserwägungen der Eltern in Bezug auf behinderungsbedingte Mehrkosten gebremst werden. § 138 SGB IX zählt auf, welche Leistungen privilegiert sind. Mit dem BTHG wurden die insoweit schon seit vielen Jahrzehnten im Sozialhilferecht geltenden Sondertatbestände (zuletzt § 92 SGB XII) fortgeführt. Die Privilegierung gilt unabhängig von dem Ort der Leistungserbringung (ambulant, teilstationär oder stationär). Für die insoweit geleistete Eingliederungshilfe als integrierte Komplexleistung zahlen weder das behinderte Kind, noch die Eltern einen echten Kostenbeitrag, was in § 138 SGB IX klargestellt ist.
§ 91 SGB VIII_E verzichtet darauf, alle Teilhabeleistungen i. S. v. § 138 SGB IX beitragsfrei zu stellen. Stattdessen werden im neuen § 91 Abs. 3 nur zwei Leistungen privilegiert (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten zur Vorbereitung auf das Arbeitsleben). Die Gesetzesbegründung führt mit offenbar falschen Verweisnormen ins SGB IX aus, dass man diese Regelung zur Vermeidung von Verschlechterungen habe treffen wollen.
Dass die Privilegierung aller anderen Leistungstatbestände des § 138 Abs. 1 SGB IX, die sogar schon im fürsorgerisch geprägten Sozialhilferecht galt, in einem modernen Kinder- und Jugendhilferecht, welches sich den Kinderrechten verpflichtet sieht aufgegeben werden soll, ist unbegreiflich.
Wenn der Gesetzgeber Verschlechterungen vermeiden will, dann muss der gesamte Katalog des § 138 Abs. 1 SGB IX in § 91 SGB VIII übernommen werden. Ansonsten werden gerade Familien mit Kindern belastet, die ganz spezifische teilstationäre oder stationäre Einrichtungen benötigen (u. a. Schülerinternate beim Förderschulbesuch, Internate bei schulischer Berufsausbildung an Berufsbildungswerken, heilpädagogische Kindergärten, medizinische Rehabilitationseinrichtungen). Betroffen sind vor allem sinnesbehinderte und mehrfachbehinderte Kinder bzw. ihre Eltern.

Zu Art. 1, Nrn. 45-47

Auch in Bezug auf die Höhe einer Kostenbeteiligung erfolgt eine Verschlechterung zum bisherigen Recht.
Um Eltern behinderter Kinder nicht besser zu stellen als Eltern nicht behinderter Kinder, deren Kinder zu Hause leben, sieht § 142 Abs. 1 SGB IX einen Ausgleich vor. Die Vorschrift begrenzt die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts auf die Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen. Höchstens diejenigen finanziellen Aufwendungen, welche auch bei einem nichtbehinderten Kind zu Hause anfielen, sollen auch von den Eltern des behinderten Kindes zu tragen sein, nicht jedoch die Mehrkosten, welche dadurch entstehen, dass für die Bildung und Teilhabe des behinderten Kindes mehr Mittel eingesetzt werden müssen. Keinesfalls sollen Eltern eines behinderten Kindes aber gegenüber einem Kind ohne Behinderung benachteiligt werden. Was also nicht tatsächlich an Lebensunterhalt erspart wird, ist auch nicht einzusetzen. Das bedeutet auch, dass die an den Wochenenden, in den Ferien und bei Krankheit stattfindenden Heimfahrten, sowie die erfolgende Ausstattung mit Kleidung, Hygieneartikeln etc. oder die Vorhaltung des Kinderzimmers in der häuslichen Umgebung bei der Berechnung der häuslichen Ersparnis zu berücksichtigen sind. Die häusliche Ersparnis kann damit zwangsweise deutlich niedriger ausfallen, als der Regelsatz für die jeweilige Altersstufe des Kindes.
Der Kostenbeitrag für nicht beitragsfreie Leistungen wird gem. § 94 SGB VIII pauschal festgesetzt und orientiert sich an den Regelsätzen, die prozentual – je nach finanzieller Situation der Eltern ‒ bemessen werden. Vor diesem Hintergrund sind abstrakt generelle Festsetzungen über Pauschalen, wie sie in § 94 SGB VIII_E vorgesehen sind, nicht vereinbar mit dem Konzept der häuslichen Ersparnis (siehe auch Bundessozialgericht - Az.: B 8 SO 25/14 R). Der Bereich, der einer solchen abstrakt-generellen Regelung unterworfen werden könnte, beschränkt sich allenfalls auf die Festlegung von Kriterien zur Bemessung ersparter Aufwendungen für die erforderliche individuelle Schätzung.
Die vorgesehenen Neuregelungen in § 84 SGB VIII_E haben massive Auswirkungen auf die Mitglieder im DBSV. So umfassen Leistungen zur Teilhabe an Bildung beispielsweise auch die Unterbringung in einem Internat, wenn dies der Ermöglichung der angemessenen Schulbildung dient. Konkret sind hier Internate gemeint, in denen Schülerinnen mit Behinderungen während der Schulzeit wohnen, wenn sie aufgrund der Entfernung von einer Förderschule nicht täglich zum Wohnort der Eltern pendeln können. Blinde und sehbehinderte sowie taubblinde und hörsehbehinderte Kinder sind davon sehr häufig betroffen, weil es für diesen Personenkreis überregional tätige hochspezialisierte Förderzentren gibt. Dort sind die Schüler nicht zwangsweise ihr ganzes Schulleben lang, sondern teilweise nur einige Jahre, wenn die Regelschule nicht die geeigneten Förderbedingungen einschließlich der notwendigen Peer-Erfahrung bieten kann. Auch gehörlose oder mehrfachbehinderte Kinder besuchen häufig Förderschulen mit Internat.
Ein möglicher Verweis darauf, man könne nähere Regelungen in der Kostenbeitragsverordnung regeln, ist nicht ausreichend, denn das Gesetz selbst muss die wesentlichen Regelungen treffen und dazu gehört auch die Begrenzung des Kostenbeitrags auf die tatsächliche häusliche Ersparnis.
Zur Vermeidung von Verschlechterungen wird vorgeschlagen, in Anlehnung an § 142 Abs. 1 SGB IX, einen neuen § 94 Abs. 5a SGB VIII wie folgt einzufügen:
„Leistungsberechtigten und ihren Eltern oder einem Elternteil ist bei Leistungen im Sinne von

  1. § 35b,
  2. § 35d Abs. 1 Nr. 1,
  3. § 35d Abs. 1 Nr. 2, soweit diese Leistungen in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht für Menschen mit Behinderungen erbracht werden,
  4. § 35f Abs. 2 Nr. 3 sowie
  5. § 35f Abs. 1 an noch nicht eingeschulte leistungsberechtigte Personen, um die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen,

die Aufbringung der Mittel nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen für die im Rahmen der integrierten Komplexleistung erbrachten Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten.“

Zu Art. 1, Nr. 52 ‒ Evaluation

Der Gesetzgeber sieht zwar eine Evaluation vor. Eingebunden werden aber nur die Länder. Die Partizipation von Organisationen von Menschen mit Behinderungen oder Leistungserbringern ist nicht vorgesehen. Das ist zu ändern.

Zu Art. 3

Es wird ausdrücklich begrüßt, dass die Sozialgerichtsbarkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständig sein soll. Das ist für die Sicherung eines einheitlichen Rehabilitationsrechts unverzichtbar.
Allerdings sieht der DBSV die drohende Rechtswegspaltung bei gleichzeitigem Bezug von Hilfen zur Erziehung kritisch. Kritisch sieht der DBSV ebenfalls, dass das Vertragsrecht nicht den Sozialgerichten zugeordnet ist. Das Leistungserbringungsrecht muss aber spiegelbildlich die Verwirklichung der Ziele des § 4 Abs. 1 SGB IX abbilden können. Dementsprechend muss eine Verknüpfung zum Rehabilitations- und Teilhaberecht auch im Rahmen der Gerichtsbarkeit abgesichert werden.

Weiterer Handlungsbedarf

Im Übrigen verweist der DBSV auf den für ein inklusives SGB VIII bestehenden weiteren Handlungsbedarf in der Stellungnahme des Deutschen Behindertenrates.

Berlin, Stand 01.10.2024