Ordnung im Farbkasten – statt moderner Kunst im Gesicht!

„Und dann gibt’s da noch Bordeaux, das würde besonders gut zu dem Shirt passen, das du heute trägst!“ René Koch lebt für die Farben und ihre stilsichere Kombination – ich sitze derweil etwas ratlos vor vier äußerlich gleichen Lippenstiften. Wie wir auch hier schon gesehen haben, hält der „Schminkworkshop für Blinde“ viele praktische Lösungen für Probleme rund um Gesichtspflege und den Umgang mit Pinsel, Schwamm und Co. parat, wirft aber auch eine ebenso praktische Frage auf: Was mache ICH mit den ganzen schönen Produkten, die sich einzig und allein in der Farbe unterscheiden? Ein Luxusproblem, aber moderne Kunst im Gesicht, weil die arme blinde Frau wieder einmal Camouflage und Rouge vertauscht hat, möchte ich natürlich nicht produzieren!

Zugegebenermaßen muss es so weit auch gar nicht kommen. Ich kann gezielt Produkte mit verschiedenem Verpackungsdesign kaufen und/oder von allem nur eine Sorte zu Hause haben. Aber dann verliert das Schminken und Stylen irgendwie auch seinen Reiz, denn es ist ja gerade die tägliche Variation, die Spaß macht! Will ich mit knallig roten Lippen leuchten oder mich mit gedecktem Nougat dezent präsentieren? Wer die Wahl hat, hat die Ordnungsqual, denn wenn man dem Visagisten oder der Kosmetikfirma seines Vertrauens treu bleiben will, muss man wohl mit dem Corporate Design der Verpackungen umgehen. Ein Ordnungssystem für den Kosmetikkoffer muss her!

Punktschriftmarkierung

Der Klassiker. Was mit CDs und Ordnern funktioniert, geht auch mit Rouge-Paletten. Bei Lidschattendöschen wird es allerdings im wahrsten Sinne des Wortes eng beim Notieren der Farbe. Und oft leben die Pünktchen in meiner vollgestopften Handtasche auch sehr gefährlich, werden entweder doch einfach plattgedrückt oder von Schlüssel und Co angeritzt. Ja, man könnte die Tasche aufräumen oder eine kleine Extra-Kosmetiktasche einführen, aber in gewisser Hinsicht wird aus mir in diesem Leben keine Dame mehr...

Klebemarkierung

Wenn man ein gut klebendes Modell erwischt, tut es oft auch eine ganz einfache Klebemarkierung. Die Rouge-Palette kriegt den Punkt, das Camouflage geht leer aus. Der grüne Lidschatten trägt ein Sternchen, der sandfarbene einfach Tesafilm. Es gibt viele Möglichkeiten, solange man nicht zu viele Produkte bekleben will. Bei einer zu großen Zahl an Lippenstiften kann einem schon mal die Kreativität ausgehen – und merken muss man sich das Ganze ja gerade für den Gebrauch seltener Farben auch noch!

Hilfsmittel

Vor allem wenn man seinem eigenen Gedächtnis nicht vertraut, ist eine weitere Idee der Rückgriff auf bestehende Hilfsmittel und/oder Ordnungssysteme. Pen-Friend oder Einkaufsfuchs-Etiketten lassen sich super überall aufkleben und schrabbeln sich ja auch in der Handtasche nicht ohne Weiteres ab. Dafür muss man aber das Hilfsmittel der Wahl immer dabei haben, was unter Umständen auch nervt! Ein großes Plus ist allerdings, dass man sich selbst umfangreichere Farbbeschreibungen oder Zusatzinformationen zu Outfitkomibantionen hinterlegen kann. Farberkennungsgeräten – wie meinem Fame - sind eindeutig Grenzen gesetzt, sobald man sie direkt auf das Produkt auflegen muss – und dann eine schön verschmierte Linse davonträgt...

Material- und Geruchsprobe

Ob ich Makeup oder Rouge auf meinem Gesicht verteile, fühlt sich eindeutig unterschiedlich an. Die Gefahr für moderne Kunst ist hier gering, aber ist einmal die eine Substanz an der falschen Stelle, steht mindestens zeitintensives Abschminken und Austauschen von Pinsel/Schwamm auf der Agenda.  Bei Lippenstiften und Lidschatten kommt man mit der Materialprüfung ohnehin nicht weiter. Aber da hilft manchmal die Geruchsprobe. Mein Koralle riecht sehr fruchtig, mit zusätzlichen Goldpigmenten tatsächlich ein bisschen metallisch,  Bordeaux eher schwer und Nougat irgendwie unauffällig. Die Geruchsprobe geht vielleicht auch nur bis zu einem gewissen Grad, aber die Nase hat man als Hilfsmittel immerhin immer dabei!

Mein persönliches Fazit: Meine Puderdose hat klar fühlbaren äußerlichen Einstellungswert, die unterschiedlichen Paletten von Rouge und Camouflage sowie die Lidschatten sind mit kreativen Klebemarkierungen versehen und an den Lippenstiften rieche ich einfach.

Letztendlich ist es insgesamt wohl genau wie bei der Etikettierung des Gewürzregals oder der Aktenordner – es gibt tausend Wege, die zum Ziel führen. Findet euren!

(von Hannah Reuter)