Bahnreisende mit Behinderung bleiben auf der Strecke

Berlin

„Es ist eine Katastrophe“, sagt Nalin Yalcin. Die Marburgerin ist blind und regelmäßig mit der Bahn unterwegs. Bis 31. Januar hat die Deutsche Bahn alle Hilfeleistungen für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen koordiniert, aber damit ist es nun vorbei. „Auf der Strecke zu meinen Eltern bin ich mit drei privaten Bahnunternehmen unterwegs, die nicht mehr mit der Mobilitätsservicezentrale der Deutschen Bahn zusammenarbeiten. Ich muss bei jedem Unternehmen einzeln anrufen, nur um mir dann anzuhören, dass die Mitarbeiter keine Ahnung haben, wie das jetzt funktionieren soll, oder mir wird schlicht gesagt, dass sie nicht für Umstiegshilfen sorgen.“

Hintergrund ist ein Streit um die Finanzierung des Mobilitätsservice, der den privaten Eisenbahnunternehmen von der Deutschen Bahn bisher nicht in Rechnung gestellt wurde. Seit dem 1. Februar sollen sie nun dafür zahlen – woraufhin ein großer Teil der Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht mit der DB-Mobilitätsservice-Zentrale zusammenarbeiten möchte. Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen. „Mit gerade mal drei Tagen Vorlauf wurde eine völlig unausgegorene Nicht-Regelung eingeführt, die private Eisenbahnunternehmen und ihre behinderten Kundinnen und Kunden gleichermaßen überfordert“, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV), Andreas Bethke. Auch die Arbeitsgruppe, die bei der Bahn die Interessen behinderter Menschen vertritt, wurde nicht vorab informiert.

Der DBSV hat sich in den vergangenen Tagen in zahlreichen Gesprächen und Telefonkonferenzen ein Bild von der Lage gemacht und erste Schritte abgestimmt. So wurde unter anderem ein Offener Brief des Deutschen Behindertenrates auf den Weg gebracht. Der DBSV bekräftigt ausdrücklich die zentrale Forderung des Briefes an alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Deutsche Bahn sowie die verantwortlichen politischen Entscheidungsträger, umgehend dafür zu sorgen, dass die Koordinierung von Hilfeleistungen für mobilitätseingeschränkte und ältere Menschen auf Bahnreisen durch einen zentralen Ansprechpartner für alle Bahnunternehmen gewährleistet wird.

Weitere Gesprächstermine mit allen Akteuren stehen an. Der „Gemeinsame Fachausschuss für Umwelt und Verkehr“ beim DBSV bittet blinde und sehbehinderte Bahnreisende, ihre Erfahrungen per E-Mail an eb.toelke@t-online.de mitzuteilen.

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