Resolution: Barrierefreiheit umsetzen!

Forderungen und Selbstverpflichtung

der Selbsthilfe blinder und sehbehinderter Menschen

Barrierefreiheit ist eines der acht Grundprinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention. Ihre Umsetzung ist erforderlich zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft. Menschen mit Seheinschränkungen sind in ihrer Mobilität, im Zugang zur Information und in ihrer Kommunikation erheblich beeinträchtigt. Entsprechend benötigen sie zur Verwirklichung ihrer Teilhabe in besonderem Maße barrierefrei gestaltete Lebensbedingungen.

Vor diesem Hintergrund beschließt der DBSV die folgende Erklärung:

  1. Der DBSV fordert Bund, Länder und Kommunen auf, mehr Barrierefreiheit zu schaffen. Die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention sind auf allen Ebenen umzusetzen.
  2. Im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention sind die Behindertengleichstellungsgesetze und die damit verbundenen Regelungen (zum Beispiel im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz) zu novellieren. Dabei sind insbesondere umzusetzen:
    • die Sicherung der Barrierefreiheit im Zusammenhang mit der digitalen Revo-lution,
    • Vorgaben für mehr Barrierefreiheit im privatrechtlichen Bereich sowie
    • die Stärkung der Position betroffener Personen und ihrer Verbände bei den Verfahren zur Erlangung von mehr Barrierefreiheit.
  1. Damit die allgemeinen Vorschriften der Barrierefreiheit im Alltag ankommen, sind vor allem nachhaltige, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, wie die Aufnahme von Barrierefreiheit in Ausschreibungen und Förderungen, in Ausbildungsordnungen und Forschungsvorhaben, in Zulassungs- und Prüfkriterien, in Verfahren des Qualitätsmanagements. Damit diese Steuerungsinstrumente greifen können, sind geeignete Normen, Standards, Kriterien, Anreizsysteme und Sonderinvestitionsprogramme zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen.
  2. Aktuell erwarten Menschen mit Seheinschränkungen konkrete Initiativen:
    • für bessere Vorschriften zur Barrierefreiheit im digitalen Verwaltungshandeln (E-Government),
    • für allgemeine Barrierefreiheit beim Zugang zu Informations- und Kommunikationssystemen, Benutzeroberflächen und Anwendungsprogrammen,
    • für mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und im öffentlichen Verkehr sowie für die Entwicklung unterstützender barrierefreier Navigationssysteme,
    • für barrierefreie Medizinprodukte (wie Blutzuckermessgeräte) und barrierefreie Beipackzettel im Patienteninfoservice,
    • für Barrierefreiheit von Haushaltsgeräten und Heimelektronik (weiße und braune Ware),
    • für mehr barrierefreie Angebote im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und für den Einstieg privater Sender,
    • für barrierefreie E-Books und für mehr Hörfilme im Kino und auf DVD,
    • für mehr Barrierefreiheit zur gleichberechtigten Teilhabe an kulturellen, sportlichen und touristischen Veranstaltungen und Angeboten.
    • Diese Aufzählung ist exemplarisch. Sie zeigt den Bedarf barrierefreier Gestaltung in allen Lebensbereichen.
  1. Um den systematischen Aufbau von Know-how im Bereich Barrierefreiheit zu fördern, behinderungsübergreifender Arbeit zu ermöglichen und dabei die Beteiligungsrechte und Beteiligungsmöglichkeiten behinderter Menschen und ihrer Verbände zu sichern, schließt sich der DBSV dem Vorschlag des Deutschen Behindertenrates an, aus Bundesmitteln eine unabhängige Fachstelle für Barrierefreiheit unter maßgeblicher Beteiligung der Verbände behinderter Menschen zu schaffen. Gleichzeitig fordert der DBSV die Länder auf, gemeinsam mit den Landesorganisationen behinderter Menschen ebenfalls Anlaufstellen zur Barrierefreiheit einzurichten.
  2. Der DBSV und seine Mitgliedsorganisationen sehen es als ihre Aufgabe an, aus Seheinschränkungen resultierende Anforderungen an Barrierefreiheit mit zu entwickeln. Dafür schaffen und unterhalten sie gemeinsame Fachgremien und beteiligen sich an Projekten und Initiativen. Außerdem schulen und vernetzen sie Experten in eigener Sache, um öffentliche Stellen, Einrichtungen, Unternehmen und weitere Akteure zu beraten. Dabei suchen sie die behinderungsübergreifende Zusammenarbeit. Mit diesen Aktivitäten tragen der DBSV und seine Mitgliedsorganisationen dazu bei, dass barrierefreie Lösungen initiiert und unter Berücksichtigung der Anforderungen von Menschen mit Seheinschränkungen umgesetzt werden. Es muss zur Normalität werden, dass diese Beratungsleistung der Selbsthilfeverbände angemessen vergütet wird.
  3. Der DBSV und seine Mitgliedsorganisationen erkennen die Zielsetzungen und Standards der Barrierefreiheit auch für sich selbst an. Sie verpflichten sich, Vorgaben und Standards der Barrierefreiheit als Vorbilder im eigenen Zuständigkeitsbereich umzusetzen. Das dokumentieren der DBSV und seine Mitgliedsorganisationen unter anderem mit Selbstverpflichtungen, wie mit der Entschließung zur barrierefreien Kommunikation des DBSV-Verwaltungsrates vom 18.10.2013.

Verabschiedet vom Verbandstag des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e. V. (DBSV) am 23. Mai 2014 in Berlin.