DBSV-Stellungnahme zum Entwurf der 12. Verordnung zur Änderung der Bundeswahlordnung (BWO) vom 18.06.2019

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) begrüßt die beiden vorgesehenen Änderungen zugunsten blinder und sehbehinderter Menschen (§ 22 Abs. 2 sowie Merkblatt zur Briefwahl - Anlage 12) ausdrücklich. Blinde und stark sehbehinderte Menschen nutzen wegen der bestehenden Behinderung besonders häufig die Möglichkeit der Briefwahl. Ihnen die Stimmabgabe durch die vorgesehenen Nutzungshinweise für die Stimmzettelschablone zu erleichtern, ist daher sehr zu unterstützen.

Es wird angeregt, zusätzlich zum Hinweis auf der Wahlbenachrichtigung (siehe Anlage 4) auch auf dem Merkblatt zur Briefwahl (siehe Anlage 12) auf die Kontaktdaten zur Anforderung einer Wahlschablone nebst den dazugehörigen Informationen hinzuweisen, etwa wie folgt: „Auskünfte zu Wahlschablonen für Blinde und Sehbehinderte erhalten Sie unter der Telefonnummer: ...“.

Abgesehen von den vorgesehenen Änderungen weist der DBSV erneut auf Folgendes hin:

Notwendig ist dringend ein bundesweit verbindlicher, einheitlicher Stimmzettel, der lediglich in seiner Länge aufgrund der Listungen von Parteien und Vereinigungen in den einzelnen Wahlkreisen abweichen darf. Nur so ist eine zeitgerechte, fehlerfreie und damit sichere Versorgung aller blinden und sehbehinderten Menschen mit einer Wahlschablone zur eigenständigen Ausübung des aktiven Wahlrechts möglich. § 45 BWO i. V. m. Anlage 26 BWO ist so zu ändern, dass in allen Wahlkreisen ein standardisierter Stimmzettel eingesetzt wird, der im Sinne des Universal Design von möglichst vielen Wählerinnen und Wählern genutzt werden kann.

Aktuell stellt sich die Situation so dar, dass nicht nur jeder Landeswahlleiter, sondern sogar jeder Wahlkreisleiter ein eigenes Format hinsichtlich der Größe des Stimmzettels und der verwendeten Schrift sowie der Anordnung der Stimmfelder festlegen kann. Das hat zur Folge, dass auch die Wahlschablonen für blinde und sehbehinderte Menschen individuell angefertigt werden müssen.

Damit sind die folgenden, nicht zuletzt für die Wahrnehmbarkeit des Wahlrechts relevanten Schwierigkeiten verbunden:

  • Fehleranfälligkeit: Durch die bundesweit höchst unterschiedlich gestalteten Stimmzettel kann es bei der Herstellung der Wahlschablonen trotz größtmöglicher Sorgfalt seitens der Blindendruckereien zu Fehlern kommen. In diesen Fällen steht blinden und sehbehinderten Menschen dann entweder gar nicht mehr die Möglichkeit der Wahl mit einer Wahlschablone zur Verfügung oder es kommt wegen einer unpassenden Schablone ohne das Wissen des blinden oder sehbehinderten Wählers zu einer ungültigen oder dem politischen Willen entgegenstehenden Stimmabgabe. Beides ist inakzeptabel, weil blinde und sehbehinderte Menschen von einer selbstbestimmten, freien und gleichen Wahl ausgeschlossen werden. Ein bundeseinheitlicher Stimmzettel würde hingegen die Gewähr dafür bieten, dass eine für eine rechtssichere Wahl geeignete und qualitätsgesicherte Wahlschablone allen blinden und sehbehinderten Menschen in jedem Wahlkreis zur Verfügung steht.
  • Faktor Zeit: Die Herstellung der Stimmzettelschablonen erfolgt durch einige wenige Druckereien, die auch qualitätsgerechte Punktschrift produzieren können. Diese werden jeweils durch den DBSV um Musterschablonen und Kostenvoranschläge gebeten, nach Prüfung von Qualität und Kosten erteilt der DBSV den Auftrag. Hergestellte Schablonen werden dann direkt von der Druckerei an die jeweiligen Verteilstellen in den Bundesländern verschickt. Die Zeit nach Abschluss der Wählerlisten bis zur Aussendung an die Verteilstellen ist sehr kurz. Weil die Wahlschablonen – abhängig vom Wahlkreis – höchst unterschiedlich gestaltet sein können und daher eine individuelle Prüfung und Anpassung durch die Blindendruckereien erfolgen muss, ist es kaum möglich, dies für alle Wahlkreise so zeitnahe zu erledigen, dass die Wahlschablonen zeitgleich mit der frühestmöglichen Versendung von Wahlscheinen und Briefwahlunterlagen an blinde und sehbehinderte Wähler einhergeht. Das hat zur Konsequenz, dass bei einer Briefwahl nicht in jedem Fall schon eine Wahlschablone zur Verfügung steht und eingesetzt werden kann. Das ist insofern besonders kritisch zu sehen, weil blinde und sehbehinderte Menschen wegen ihrer Behinderung besonders häufig von ihrem Recht auf Briefwahl Gebrauch machen. Bei einem einheitlichen Stimmzettel und dementsprechend einer einheitlichen Wahlschablone bestünde diese Problematik nicht mehr, weil der Herstellungsprozess und die Versendung der Wahlschablonen deutlich beschleunigt werden könnte, so dass für jeden Wähler auch die Möglichkeit der Briefwahl mit Wahlschablone gesichert wäre.
  • Kosten: bundesweit unterschiedlich ausgestaltete Stimmzettel verteuern die Herstellung der Wahlschablonen erheblich, da für jedes Schablonenformat ein eigenes Produktionswerkzeug gefertigt werden muss. Das wäre bei einem bundeseinheitlichen Stimmzettel vermeidbar.
  • Koordinationsaufwand: Bei rund 300 Wahlkreisen entsteht für die Blinden- und Sehbehindertenverbände ein erheblicher Koordinationsaufwand, um für alle Wahlkreise passende Wahlschablonen und das Begleitmaterial zur Benutzung der Wahlschablonen herstellen zu lassen. Diesen nimmt der DBSV zwar gern auf sich, um überhaupt eine barrierefreie Wahlmöglichkeit zu schaffen. Andererseits birgt dieser Koordinationsaufwand die Gefahr von Fehlern, die Einfluss auf das Wahlrecht jedes Einzelnen und letztlich auf das Wahlergebnis haben können. Der Koordinationsaufwand ließe sich deutlich verringern, wenn die Wahlschablonen standardisiert hergestellt werden könnten und „nur noch“ die Herstellung der Begleitunterlagen zur Nutzung des Stimmzettels (die individuellen Angaben auf den Stimmzetteln jedes Wahlkreises werden dezentral auf CD aufgesprochen) koordiniert und beauftragt werden müsste.