DBSV-Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV)

Mit seiner Stellungnahme wirbt der DBSV dafür, dass auch blinde, stark sehbehinderte und taubblinde Menschen einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erhalten. Außerdem fordert der Verband, dass die Impfzentren zugänglich sind, und die Terminvergabe barrierefrei erfolgt.

 

Mit der CoronaImpfV soll u. a. eine Priorisierung der Anspruchsberechtigten auf Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erfolgen.

Der DBSV appelliert dringend an Sie, § 3 so zu öffnen, dass auch diejenigen Menschen mit Behinderungen einbezogen werden, die zwar kein Risiko für einen besonders schweren Krankheitsverlauf haben, bei denen aber aufgrund der Auswirkungen der bestehenden Behinderung ein besonders hohes Risiko besteht, sich mit dem Virus anzustecken und dieses weiterzutragen.

Anspruchsberechtigter Personenkreis im Sinne von § 3

Das betrifft auch blinde und sehbehinderte sowie taubblinde Menschen, die nicht per se ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: Bei Blindheit und stark eingeschränktem Sehvermögen kann man generell Abstände weniger gut einschätzen und nicht schnell reagieren, wenn einem andere Menschen näherkommen. Schon gar nicht kann man wahrnehmen, ob die sich unmittelbar in der Nähe befindenden Personen ordnungsgemäß ihre Mund-Nase-Bedeckung tragen. Viele Betroffene sind darauf angewiesen, unterwegs geführt zu werden oder anderweitig Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen und zwar längst nicht immer durch Angehörige des eigenen Hausstands, sondern durch Assistenzkräfte oder auch spontan durch fremde Passanten. Beim Einkaufen beispielsweise ist meist Nähe zum Verkaufspersonal nötig, um nach Produkten zu fragen oder sich beim Bezahlvorgang helfen zu lassen. Zudem sind blinde und sehbehinderte Menschen auf die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln festgelegt und auch damit oft mit anderen Menschen in engem Kontakt. Aus diesen Gründen verzichten viele blinde und sehbehinderte Menschen bereits seit Beginn der Pandemie vorsorglich auf viele - an sich mögliche - Außenkontakte. Auf die Folgen dieser sozialen Isolierung für die körperliche und seelische Gesundheit müssen wir hier nicht näher eingehen. Taubblinde Menschen sind besonders gefährdet, weil jede Form von Kommunikation mit engem körperlichen kontakt verbunden ist (beim Lormen oder taktilen Gebärden müssen die Hände der Assistenzperson berührt werden).

Vor diesem Hintergrund erachten wir eine Erweiterung von § 3 für absolut erforderlich.

Die Norm könnte etwa wie folgt gefasst werden (Formulierungsvorschlag nur für Absatz 1):

„§ 3 - Schutzimpfung bei Personen mit signifikant erhöhtem Risiko und bei Personen, die solche Personen behandeln, betreuen oder pflegen

  • Wenn von einem behandelnden Arzt oder vom öffentlichen Gesundheitsdienst Personen nach Absatz 2 festgestellt werden, die
  1. ein signifikant erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) haben,
  2. aufgrund der Auswirkung einer Behinderung ein erhöhtes Risiko für die Ansteckung mit dem Coronavirus haben,

haben diese Anspruch auf Schutzimpfung.

Satz 1 gilt entsprechend für Personen, die Personen nach Absatz 2 behandeln, betreuen oder pflegen.“

In Absatz 2 sind die Personen im Sinne der neu vorgeschlagenen Nr. 2 zu definieren. Der Nachweis der Behinderung für die Zwecke des § 6_E kann neben einem ärztlichen Attest ggf. auch durch den Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werden.

Organisation der Schutzimpfungen - Leistungserbringung

Gemäß § 6_E können die obersten Landesgesundheitsbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen das Nähere zur Organisation der Erbringung der Schutzimpfungen bestimmen. Gemäß § 8_E betreibt und entwickelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung ein standardisiertes Modul zur telefonischen und digitalen Vereinbarung von Terminen in den Impfzentren.

Aus gegebenem Anlass weist der DBSV darauf hin, dass die Barrierefreiheit zwingend abzusichern ist. Das bedeutet, dass die Impfzentren barrierefrei erreichbar und zugänglich sind. Vor Ort muss sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen die notwendige Unterstützung erhalten, um sich zurechtfinden zu können und die erforderlichen Informationen im Sinne von § 1_E in barrierefreier Form erhalten. Außerdem ist zu gewährleisten, dass die telefonische und digitale Terminvergabe barrierefrei erfolgt. Die KBV ist zu verpflichten, das zum Einsatz kommende Tool barrierefrei zu programmieren. Geschieht das nicht, werden gerade die besonders vulnerablen Gruppen im Sinne von § 3 der Verordnung faktisch von den Impfmöglichkeiten ausgeschlossen.