DBSV-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für ein Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) vom 05.10.2020

Der DBSV begrüßt, dass mit dem Gesetz wichtige Schritte zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe gegangen werden sollen. Junge Menschen mit Behinderungen und ihre Eltern müssen endlich einen gleichberechtigten Zugang zum gesamten Spektrum der Angebote und des Hilfesystems erhalten. Leider fehlt jedoch der politische Wille für eine verbindliche und gut ausgestaltete Zusammenführung der Eingliederungshilfeleistungen für alle jungen Menschen.

Vorbemerkung

Der DBSV begrüßt ausdrücklich, dass mit dem vorgelegten Entwurf wichtige Schritte zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe gegangen werden sollen. Das ist nach mehr als zehn Jahren der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland überfällig. Junge Menschen mit Behinderungen und ihre Eltern müssen endlich einen gleichberechtigten Zugang zum gesamten Spektrum der Angebote und des Hilfesystems erhalten. Nach dem intensiven Diskussionsprozess im Vorfeld ist es allerdings bedauerlich, dass die Integration der Eingliederungshilfeleistungen für alle jungen Menschen mit Behinderungen in das Kinder- und Jugendhilferecht nicht mit dem notwendigen politischen Mut vorankommt. Dass es hier eines Stufenmodells mit ausreichend zeitlichen Ressourcen bedarf, ist grundsätzlich verantwortungsvoll und nachvollziehbar. Dass diese Stufen mit dem jetzt vorgelegten Entwurf aber nicht solide ausgebaut und mit den finanziell notwendigen Mitteln hinterlegt werden, ist unbefriedigend. Stattdessen wird lediglich an die übernächste Bundesregierung die unverbindliche Bitte um die Zusammenführung der Eingliederungshilfeleistungen unter dem Dach des SGB VIII herangetragen. Die Reform soll unter der Maßgabe der Kostenneutralität erfolgen. Die notwendige Verbesserung der Situation wird so kaum gelingen können.

Zu den vorgesehenen Regelungen im Einzelnen führt der DBSV nachstehend wie folgt aus:

Zu Artikel 1

Zu Nr. 2b, aa - § 1 Abs. 3 Nr. 2

Begrüßt wird die Ergänzung der Teilhabeförderung in Abs. 3 Nr. 2. Besorgt ist der DBSV indes über die Ausführungen in der Gesetzesbegründung: „Von besonderer Relevanz für junge Menschen sind insbesondere die Lebensbereiche Familie sowie Lernen und Wissensanwendung, darüber hinaus unter anderen auch die Ausübung von Freizeitaktivitäten sowie politisches, soziales und kulturelles Engagement.“ Die Gesetzesbegründung scheint insoweit an die Lebensbereiche im Sinne der ICF anzuknüpfen. Die Benennung typischerweise relevanter Lebensbereiche für junge Menschen darf keinesfalls zu einer Einengung der für diesen Personenkreis notwendigen Teilhabeleistungen führen, indem eine Beeinträchtigung der Aktivitäten und Teilhabe vorrangig nur für die genannten Bereiche ermittelt und in Teilhabeleistungen umgesetzt werden. Vielmehr haben Menschen mit Behinderungen das Recht auf volle und gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen. Insoweit ist die Gesetzesbegründung klarstellend zu ergänzen.

Zu Nrn. 4,5 - §§ 4, 4a

Die Stärkung der Selbstvertretung und Partizipation wird ausdrücklich begrüßt. Über die bislang vorgesehenen Regelungen hinaus müssen aus Sicht des DBSV aber auch die Landes- und Bundesebene zur Förderung von Selbstvertretungsstrukturen verpflichtet werden.

Zu Nr. 8. - § 8b

Die Intention des neu angefügten Abs. 3 wird unterstützt. Die Formulierung ist allerdings mit Blick auf den dort in Bezug genommenen § 8b Abs. 2 nicht ausreichend. Vielmehr ist zur Zweckerreichung bei der Beratung zur Entwicklung von Handlungsleitfäden nicht nur den spezifischen Schutzbedürfnissen, sondern auch den spezifischen Belangen von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen. Ansonsten droht, dass Schutzkonzepte oder Beteiligungsmechanismen für diesen Personenkreis ins Leere laufen, wenn z. B. über bestehende Konzepte nicht barrierefrei informiert wird oder Meldesysteme eine barrierefreie Kommunikation unberücksichtigt lassen. Formuliert werden könnte etwa:

„(3) Bei der fachlichen Beratung nach Absatz 1 und 2 wird den spezifischen Schutzbedürfnissen und Belangen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung getragen.“

Zu Nr. 9 - § 9

Die Ergänzung der allgemeinen Zielbestimmung in § 9 um die gleichberechtigte Teilhabe von jungen Menschen mit und ohne Behinderungen und den Abbau von Barrieren wird begrüßt.

Änderungsbedarf sieht der DBSV in der Folge bei der Bezeichnung der Überschrift der Norm. Eltern und pädagogische Fachkräfte können weder Kindern eine gleichberechtigte Teilhabe anerziehen, noch bauliche oder technische Barrieren wegerziehen. Barrieren und sonstige Teilhabebeeinträchtigungen sind vielmehr Ausdruck und Folge struktureller Diskriminierung. Diese strukturelle Diskriminierung zu beseitigen muss Gegenstand der Jugendhilfeplanung und der Qualitätsentwicklung sein.

Erziehung kann aber durch Bewusstseinsbildung zum Abbau einstellungsbedingter Barrieren (vgl. Art. 8 UN-BRK) und zur Förderung der Gleichberechtigung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen beitragen.

Es wird daher vorgeschlagen, die Überschrift des § 9 in „Grundsätze bei der Erfüllung der Aufgaben“ anzupassen.

Weiterhin sollte die Nr. 4 wie folgt gefasst werden: „4. die gleichberechtigte Teilhabe von jungen Menschen mit und ohne Behinderungen zu gewährleisten und zu fördern sowie vorhandene Barrieren und Benachteiligungen abzubauen; dabei wird den besonderen Belangen von Menschen mit Behinderungen und drohenden Behinderungen Rechnung getragen.“

Zu Nr. 11 - § 10

Eine Zusammenführung der Leistungen für alle jungen Menschen mit Behinderungen und drohenden Behinderungen unter dem Dach des SGB VIII ist im Sinne der Inklusion folgerichtig. Allerdings mangelt es dem Entwurf an einem verbindlichen Fahrplan für die Umsetzung. Ob also eine Zusammenführung der Eingliederungshilfeleistungen unter dem Dach des SGB VIII Realität wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen offen. Neben echtem politischen Willen bedarf es hierfür auch finanzieller Mittel, denn die Umsetzung von Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe wird nicht zum Nulltarif zu haben sein und der finanzielle Spielraum dürfte mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in den kommenden Jahren auch nicht größer werden. Finanzielle Mittel werden u. a. für die Leistungen selbst, für die notwendigen Strukturveränderungen bei den Jugendhilfeträgern und nicht zuletzt für die Qualifizierung des handelnden Personals benötigt. Hinzu kommt, dass durch den Abbau der bestehenden Schnittstellen und Leistungskonkurrenzen mehr Familien als bisher zusätzlich zur Eingliederungshilfe endlich auch notwendige Leistungen der Jugendhilfe erhalten könnten. Ob dafür allerdings ein nochmaliger Prozess – hier als prospektive Gesetzesevaluation bezeichnet – erforderlich ist, erscheint fraglich. Viel eher dürften die vorhandenen Grundlagen des bisherigen Diskussionsprozesses „Mitreden, Mitgestalten“ ausreichen, so dass es lediglich noch des gesetzgeberischen Willens für Veränderungen bedarf.

Zu den konkret vorgeschlagenen Formulierungen in § 10 abs. 4 ist Folgendes anzumerken:

Abs. 4 Satz 2 ist missverständlich formuliert. Es kann nicht darum gehen, Menschen mit körperlichen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen die Leistungen für seelisch behinderte Menschen zugänglich zu machen. Vielmehr muss präziser geregelt werden, dass es um Eingliederungshilfeleistungen geht. Es könnte unter Bezugnahme auf das SGB IX etwa formuliert werden: „Teilhabeleistungen nach den Kapiteln 9, 10, 12 und 13 des ersten Teils des neunten Buches werden für junge Menschen mit einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX vorrangig vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe erbracht.“

Zu präzisieren und zu ergänzen ist ferner § 10 abs. 4 Satz 3. Hier werden klare Handlungsanweisungen gegeben, welche Fragen im Rahmen eines noch zu verabschiedenden Bundesgesetzes überhaupt zu regeln sind. Aus Sicht des DBSV ist die Liste nicht vollständig und überdies zu präzisieren:

In der Nr. 1 wird lediglich auf den leistungsberechtigten Personenkreis, nicht aber auf den anspruchsberechtigten Personenkreis abgestellt. Mit Blick auf die bisherige Systematik der Anspruchsberechtigung im SGB VIII ist eindeutig zu regeln, dass es in Bezug auf die Eingliederungshilfe bei der Anspruchsberechtigung der behinderten Menschen selbst bleibt.

Die Gesetzesbegründung zu Nr. 4 macht deutlich, dass mit „Verfahren“ die Verwaltungsumstellung und Schaffung von Umstellungsstrukturen, Personal, Finanzierung, infrastrukturelle Kapazitäten, Entwicklung fachlicher Standards, Umstellung laufender Fälle, Kommunikation und Information gemeint sind. Nicht gemeint ist indes, wie im Falle eines Antrages auf Eingliederungshilfeleistungen verfahren werden soll. Für den DBSV ist essentiell, dass die Grundsätze der Teilhabeplanung im Sinne des Teil 1 des SGB IX sowie die Gesamtplanung für Leistungen der Eingliederungshilfe nicht zugunsten einer im Jugendhilferecht üblichen Hilfeplanung aufgegeben wird. Vielmehr muss die Anschlussfähigkeit zum Rehabilitations- und Teilhaberecht im SGB IX zwingend erhalten bleiben. Notwendige Teilhabeleistungen wegen einer Behinderung dürfen nicht einfach im Rahmen eines neuen inklusiven Leistungsrechts im SGB VIII in erzieherischen Hilfen aufgehen bzw. in diese eingegliedert oder umgedeutet werden. Die Rechtsansprüche müssen erhalten bleiben. Vor diesem Hintergrund ist die Verfahrensweise bei Teilhabeleistungen (Bedarfserkennung, Bedarfsermittlung und Bedarfsfeststellung sowie Leistungsplanung) und das Verhältnis zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII unbedingt im Gesetzgebungsverfahren zu klären. Damit der künftige Gesetzgeber den Handlungsauftrag erkennt, muss dieser Bereich in § 10 Abs. 4 Satz 3 in die numerische Aufzählung aufgenommen werden.

Schließlich sind auch Fragen des Leistungserbringungsrechts zu klären, da das SGB IX und das SGB VIII hier unterschiedlich verfahren.

In den Gestaltungs- und Umsetzungsprozess einer inklusiven Lösung sind die Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen verbindlich einzubeziehen.

Zu Nr. 12 - § 10a

Die Regelung ist dem § 106 SGB IX nachempfunden. Da die Jugendhilfe auch Rehabilitationsträger ist, sollte analog zu § 106 Abs. 4 SGB IX ebenfalls auf die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung nach § 32 SGB IX verwiesen werden.

Begrüßt wird die Regelung in § 10a Abs. 3, wonach die Jugendhilfe bei Zustimmung der Personensorgeberechtigten am Gesamtplanverfahren teilnimmt.

Zu Nr. 13 - § 10b

Die Unterstützung von besonders belasteten Familien durch ein Case-Management ist eine langjährige Forderung von Eltern behinderter Kinder und Eltern mit Behinderungen. Die Funktion des Verfahrenslotsen kann dabei unterstützen, bestehende Hürden des gegliederten Sozialleistungssystems abzubauen. Daher wird die Einführung eines Verfahrenslotsen begrüßt.

Damit Eltern mit Behinderungen und Familien mit einem Kind mit Behinderung den Weg zum Verfahrenslotsen im Jugendamt finden, müssen die Beratungspflichten der Eingliederungshilfe in § 106 SGB IX um den zwingenden Hinweis auf den Verfahrenslotsen der Kinder- und Jugendhilfe ergänzt werden.

Zur zeitlichen Dimension: Es wird angeregt, die Verfahrenslotsen nicht erst 2024, sondern deutlich früher einzuführen. Zwei Gründe sprechen dafür: Erstens benötigen Familien schon heute dringend Unterstützung, um notwendige Teilhabeleistungen zu erhalten. Zweitens wäre es hilfreich, die Erfahrungen der Verfahrenslotsen in die prospektive Gesetzesevaluation einzubeziehen, die 2024, also vor dem vorgesehenen Inkrafttreten des § 10b, abgeschlossen ist.

Aufgabenstellung: Das Gesetz ordnet dem Verfahrenslotsen in der Entwurfsfassung nur Aufgabenstellungen im Zusammenhang mit der Eingliederungshilfe zu. Nicht vorgesehen ist damit, dass der Verfahrenslotse dabei unterstützen kann, die Leistungen anderer Rehabilitations- und Sozialleistungsträger (u. a. Behandlungspflege der GKV, Leistungen der Pflegeversicherung) zusammenzubringen. Dem gesetzlichen Auftrag entspricht es auch nicht, bei Bedarf in die Jugendhilfe hinein zu wirken, um die dort vorgesehenen Leistungen zugänglich zu machen. Um eine wirksame Unterstützung von Familien mit einem Kind mit Behinderung oder Eltern mit Behinderung zu ermöglichen, sollte die Aufgabenstellung der Verfahrenslotsen entsprechend erweitert werden. Abzusichern ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Verfahrenslotsen unabhängig des Interesses nur eines Rehabilitationsträgers agieren.

Damit die Verfahrenslotsen ihre Aufgaben erfüllen können, ist es zudem zwingend erforderlich, sie für das anspruchsvolle Themenfeld zu qualifizieren. Dafür müssen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Zu Nr. 14 - § 11

Die in § 11 geforderte Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote der Jugendarbeit wird ausdrücklich begrüßt. Die Flankierung dieser Vorgaben durch die vorgesehenen Finanzierungsmöglichkeiten, Sicherstellung und Strukturbildung durch die Jugendhilfeplanung werden ebenfalls begrüßt.

Unberührt davon bleiben die Hindernisse bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit, wenn hierfür z. B. persönliche Assistenz oder eine Hilfsmittelversorgung erforderlich ist. Es ist erstens gesetzlich abzusichern, dass durch die Vorgabe, barrierefreie Angebote zu schaffen, individuell benötigte Teilhabeleistungen wie Assistenzleistungen nicht in Frage gestellt werden. Insoweit könnte ein ergänzender Satz wie folgt angefügt werden: „Ansprüche auf Teilhabeleistungen nach § 4 SGB IX durch die Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX dürfen nicht durch Verweis auf Satz 3 beschränkt oder versagt werden.“

Weiterhin ist es aber auch so, dass die Kostenbeteiligung für Leistungen der sozialen Teilhabe im Rahmen der Bestimmungen des Teils 2 des SGB IX eine Inanspruchnahme erheblich behindert. Das führt dazu, dass der Zugang zur Jugendarbeit für Kinder und Jugendliche – vor allem bei bestehendem Assistenzbedarf - auch bei barrierefreien Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe eingeschränkt ist. Für eine gleichberechtigte Teilhabe ist es damit zwingend, dass die behinderungsbedingt notwendigen Teilhabeleistungen sämtlich einkommens- und vermögensunabhängig erbracht werden. Kapitel 9 des zweiten Teils des neunten Buches ist insoweit zu streichen.

Zu Nr. 18 - § 22a

Die vorgesehene Regelung wird begrüßt. Es wird jedoch vorgeschlagen, den Begriff „besondere Bedürfnisse“ durch den Begriff „besondere Belange“ oder „besondere Bedarfe“ zu ersetzen. Die Grundbedürfnisse von Kindern mit Behinderung unterscheiden sich nicht von denen nichtbehinderter Kinder, wohl aber die Bedarfe, damit die Bedürfnisse befriedigt werden können.

Zu Nr. 23 - § 35a

Bereits mit der Änderung des § 35a SGB VIII durch das BTHG ist es versäumt worden, das Behinderungsverständnis UN-BRK-konform an die Formulierung des § 2 SGB IX anzupassen. Es fehlt die Berücksichtigung der konkreten Lebensbezüge, in denen ein Mensch mit Behinderung lebt und die ihn in Wechselwirkung mit der Beeinträchtigung an der Teilhabe hindern können. Dementsprechend ist der Behinderungsbegriff in § 35a entsprechend § 2 SGB IX anzupassen bzw. wäre ein Verweis auf § 2 SGB IX sinnvoll.

Zu Nr. 26 - §36 b

Die Übergangsplanung wird ausdrücklich begrüßt. Die Gestaltung des Verfahrens erscheint geeignet, gerade im Übergang von der Kinder- und Jugendhilfe zur Eingliederungshilfe die erforderliche Kontinuität und Sicherheit der Leistungen zu gewährleisten. Allerdings ist nicht in jedem Fall der Träger der Eingliederungshilfe zuständig. Wird zum Beispiel eine betriebliche Ausbildung angestrebt, wird die Bundesagentur für Arbeit zuständiger Rehabilitationsträger sein. Insoweit bietet sich für das Übergangsmanagement ggf. ein Teilhabeplanverfahren nach §§ 19 SGB IX an.

Zu Nr. 41 - § 77

Die Regelungen scheinen geeignet, eine inklusive Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe zu befördern, und werden begrüßt. Voraussetzung ist, dass der zusätzliche Aufwand materiell hinterlegt ist. Im neu vorgesehenen Abs. 1 Satz 2 ist das Wort „Bedürfnisse“ durch „Belange“ zu ersetzen – siehe oben die Begründung zu Nr. 18.

Zu Nr. 45 - § 79

Die Verantwortung des Jugendamtes für die Schaffung verbindlicher Strukturen sollte auch die Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Diensten für junge Menschen mit Behinderungen einbeziehen.

Zu Nr. 46 - § 79 a

Die inklusive Ausrichtung und die Berücksichtigung der Belange junger Menschen mit Behinderungen werden begrüßt.

Zu Nr. 56 - § 99

Der Beteiligungsprozess und insbesondere die Beratungen in der UAG „Quantifizierung und Statistik“ hat die unzureichende Datenlage zu jungen Menschen mit Behinderung sowohl in der Eingliederungshilfe als auch in der Kinder- und Jugendhilfe deutlich gemacht. Nun werden die Defizite der Eingliederungshilfestatistik sicher nicht in einem KJSG zu beheben sein, aber zumindest die Datenlage des Personenkreises in den Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe sollte verbessert werden. Dazu reicht es nicht, den Bezug von Eingliederungshilfe der jungen Menschen in Jugendhilfebezügen zu erfassen. Zusätzlich sollten die Merkmale „anerkannte Schwerbehinderung“ und „Pflegebedürftigkeit nach SGB XI“ erfasst werden.

Artikel 4 Gesamtplanverfahren

Ebenfalls begrüßt wird die verbindliche Einbeziehung der Jugendhilfe in das Gesamtplanverfahren nach § 117 SGB IX bei minderjährigen Leistungsberechtigten unter der Voraussetzung der Zustimmung der Personensorgeberechtigten. Damit diese Vorschrift wirksam werden kann, sollte auf die Abweichungsoption des Eingliederungshilfeträgers bei einer Verzögerung des Gesamtplanverfahrens verzichtet werden. Die Entscheidung darüber, ob der Jugendhilfeträger hinzugezogen wird oder nicht, muss allein bei den Personensorgeberechtigten liegen.

Artikel 9 Übergangsregelung

Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu Nr. 11 verwiesen.