DBSV-Stellungnahme zum Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einer Assistenzhundeverordnung (AHundV)

Mit dem Teilhabestärkungsgesetz vom 02.06.2021 (BGBl. I S. 1387) wurden die Regelungen des Abschnitts 2b des Behindertengleichstellungsgesetzes zu Menschen mit Behinderungen mit Assistenzhunden geschaffen. Die Regelungen legen insbesondere auch Anforderungen an die Beschaffenheit, Ausbildung, Prüfung und Haltung sowie Kennzeichnung von Assistenzhunden fest. Konkretisiert werden diese Vorgaben durch eine Rechtsverordnung. Zum Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einer Assistenzhundeverordnung (AHundV) vom 24.08.2022 hat der DBSV wie folgt Stellung genommen:

Allgemeines

Bevor auf die Regelungen im Einzelnen eingegangen wird, seien einige grundsätzliche Anmerkungen erlaubt:

Für den DBSV ist essentiell, dass im Falle von Blindenführhunden immer eine Prüfkommission zum Einsatz kommt, die aus Fachprüfenden der Bereiche „Hund“ und „O&M“ gebildet werden muss. Die Vorgaben, wie sie für den Bereich der Blindenführhundversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen bestehen (Gespannprüfung entsprechend Produktgruppe 07 des Hilfsmittelverzeichnisses) müssen auch für den Bereich der AHundV gelten. Das sehen wir in der Verordnung selbst und in Anlage 8 bislang als nicht ausreichend klar formuliert. Hier bedarf es dringend einer Nachbesserung.

Das Verfahren zur Ausgabe und zum Einzug der Abzeichen und Ausweise scheint uns insgesamt noch nicht „zu Ende“ gedacht zu sein. Ebenso ist unklar, wer zuständige Behörde sein soll. Die Prüfer nach § 35 könnten die Funktion nach diesseitiger Auffassung nur erfüllen, wenn sie beliehen werden. Wir plädieren dafür, dass nur eine Stelle/Behörde die Zertifikate sowie Abzeichen ausgibt und wieder einzieht und dort auch ein Überblick über die ausgegebenen Abzeichen besteht.

In redaktioneller Hinsicht sollte der Text nochmals eingehend geprüft werden. Es wird nachfolgend nicht jeder Komma- und Rechtschreibfehler gekennzeichnet.

Hingewiesen sei aber darauf, dass eine ordnungsgemäße Zitierung unumgänglich ist. Das betrifft im Besonderen § 12e Absatz 3 BGG. Im Verordnungsentwurf wird die Vorschrift des § 12e Absatz 3 BGG vielfach nicht richtig zitiert:

  • Durchgängig wird die Angabe „§ 12e Absatz 3 Nummer [Zahl] BGG“ verwendet. Dies ist verwirrend, da § 12e Absatz 3 zwei Sätze umfasst, von denen nur Satz 2 in Nummern (1 bis 4) untergliedert ist.
  • Gelegentlich wird statt „Nummer“ das Wort „Ziffer“ verwendet. Hier bedarf es einer Vereinheitlichung.

Zu den Vorschlägen für das Kennzeichen erfolgt keine Stellungnahme.

Wir empfehlen letztlich, eine zusätzliche Anlage aufzunehmen, die Muster für das Zertifikat gemäß § 22 Absatz 2 und die Ausweise gemäß § 25 Absatz 4, § 26 Absatz 3 i. V. m. § 25 Absatz 4 sowie gemäß § 27 enthält.

Zu A. Problem und Ziel

Im fünften Satz werden nur Assistenzhunde erwähnt, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V gewährt werden. Die Vorgaben des BGG zur Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung sollen aber gerade für alle Assistenzhunde und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften gelten, ob sie nun von einem Kostenträger finanziert und anerkannt sind oder nicht (vgl. § 12e Absatz 6 BGG in Verbindung mit § 12l Nr. 3 BGG). Es wird vorgeschlagen, etwa wie folgt zu formulieren:

„Für alle Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 BGG machen die gesetzlichen Regelungen Vorgaben …“

Zu § 1

Es wird vorgeschlagen, § 1 wie folgt zu fassen:

„(1) Diese Verordnung gilt

  1. für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes und
  2. für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes, sofern nicht
    a) diese Assistenzhunde als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt werden oder gewährt worden sind und
    b) für den Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, den Träger nach § 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, den Beihilfeträger, den Träger der Heilfürsorge oder das private Versicherungsunternehmen Regelungen bestehen, die den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten

  1. die §§ 2, 27, 28 Absatz 2, § 31 und 32 auch für Blindenführhunde und andere Assistenzhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt werden oder gewährt worden sind,
  2. die §§ 2, 26, 28 Absatz 1, 29 bis 32 auch für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie
  3. die §§ 2, 25, 28 Absatz 1, 29 bis 32 auch für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes.“

Begründung:

Zu Absatz 1

Die neu eingefügte Nr. 2 schließt eine aus Sicht des DBSV bestehende erhebliche Regelungslücke. Die Vorschrift des § 12e Absatz 6 des Behindertengleichstellungsgesetzes erfolgte mit der Begründung, dass für Blindenführhunde [und andere Assistenzhunde], die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V gewährt worden sind, bereits ein umfangreiches Prüf- und Anforderungsprogramm existiere, das durch die Regelungen des § 12e Absatz 3 bis 5 und der §§ 12f bis 12l dieses Gesetzes – und damit folglich auch durch die Regelungen der das BGG konkretisierenden Assistenzhundverordnung - nicht berührt werden sollte (Begründung zum Regierungsentwurf eines Teilhabestärkungsgesetzes, S. 76). Es sind aber Fälle denkbar und auch bekannt, in denen ein Träger oder ein privates Versicherungsunternehmen im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes einen Assistenzhund – in der Praxis: einen Blindenführhund – als Hilfsmittel anerkennt, aber keine Standards zur Ausbildung vorsieht oder eine Prüfung der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft verlangt. Dies geschieht offenbar auch deshalb, weil nicht jeder Träger und jedes private Versicherungsunternehmen die Regelungen des Hilfsmittelverzeichnisses der GKV entsprechend anwendet / anwenden muss, sich zumindest daran orientiert / zu orientieren hat oder eigene entsprechende Regelungen erlassen hat. Das alles widerspricht aber dem Ziel, das mit den Regelungen im Behindertengleichstellungsgesetz und der in Rede stehenden Verordnung verfolgt wird, einheitliche Standards für Ausbildung und Prüfung aller Assistenzhunde und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften zu schaffen. Die hier vorgeschlagene Regelung erscheint daher geboten.

Zu Absatz 2

Nach Absatz 1 des Verordnungsentwurfs soll die Verordnung für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Abs. 3 BGG gelten. § 12e Absatz 3 Satz 1 BGG definiert den Begriff Assistenzhund allgemein („Ein Assistenzhund ist …“). § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummern 1 bis 4 BGG zählt konkret die unterschiedlichen Fallgruppen auf, in denen diese Anforderungen erfüllt sind (Zertifizierung bzw. Anerkennung, jeweils nach entsprechender Ausbildung und Prüfung des Hundes sowie der Gemeinschaft aus Mensch mit Behinderungen und Hund als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft).

Weil die Verordnung nach dem Wortlaut von Absatz 1 auf Assistenzhunde im Sinne der Konkretisierungen in § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 BGG anwendbar ist, sind die Regelungen, wie sie aktuell in § 1 Abs. 2 formuliert sind, keine Abweichungen von Absatz 1. Dieses Ergebnis war sicher so nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Regelung in Absatz 2 soll offenbar sein, dass für die dort in den Nummern 1 bis 3 benannten Assistenzhunde nicht sämtliche, sondern nur jeweils ausgewählte Vorschriften der Verordnung gelten sollen. In ihrem vollen Umfang soll die Verordnung offenbar nur für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 BGG gelten. Vor diesem Hintergrund ist der vorgelegte alternative Formulierungsvorschlag entstanden. Zugleich wird eine redaktionelle Anpassung (korrekte Zitierung von § 28) vorgenommen.

Zu § 2

Aus Sicht des DBSV sollten einige Begriffe für den Zweck der Verordnung ergänzend definiert werden, wobei folgende Formulierungsvorschläge gemacht werden: „Grunderziehung“ ist die grundlegende Erziehung und Ausbildung des Hundes, die der Hund (weitgehend vor der Spezialausbildung zum Assistenzhund) erhält und die die Schulung des Sozial- und Umweltverhaltens sowie des Gehorsams beinhaltet. „Spezialausbildung“ ist die spezielle Ausbildung des Hundes zum Assistenzhund, in der er die unter Beachtung des individuellen Bedarfs eines Menschen mit Behinderungen notwendigen Assistenzleistungen/Hilfeleistungen erlernt. „Welpen- und Junghundpaten“ sind Personen, die die Grunderziehung eines Hundes im Auftrag einer Ausbildungsstätte durchführen.

Zu Abschnitt 2

Es wird vorgeschlagen, dass der Zweite Abschnitt (§§ 4 ff.) den Titel "Der Hund vor der Spezialausbildung zum Assistenzhund" erhält, um noch deutlicher zu machen, dass die Grunderziehung nicht Teil der speziellen Ausbildung zum Assistenzhund ist.

Zu § 4

Satz 2, letzter Halbsatz, sollte gestrichen werden, wenn der Begriff „Grunderziehung“ in § 2 definiert wird. Sollte dem Vorschlag einer eigenen Begriffsdefinition in § 2 nicht gefolgt werden wird angeregt, die dort vorgeschlagene Begriffsdefinition der Grunderziehung in § 4 als eigenständigen Satz einzufügen.

In § 4 sollte ferner ergänzt werden:

„Für die Grunderziehung gelten § 8 Absatz 3 Sätze 2 und 3 entsprechend.“ Begründung: So soll gewährleistet werden, dass der Assistenzhund von der Grunderziehung bis zur Spezialausbildung artgerecht und unter Beachtung des Tierschutzes ausgebildet wird.

Satz 3 sollte gestrichen werden. Begründung: Es sollte nicht vorgeschrieben werden, was im Sinne der Selbstbestimmung eigentlich selbstverständlich und klar sein dürfte: Natürlich kann der Mensch mit Behinderungen die Grunderziehung selbst durchführen, dazu bedarf es keiner gesetzlichen Regelung.

Stattdessen wird empfohlen, den folgenden Satz anzufügen: „Erfolgt die Grunderziehung durch eine Ausbildungsstätte, kann diese auch Welpen- und Junghundpaten mit der Grunderziehung betrauen. Sie muss die Welpen- und Junghundpaten bei deren Aufgabe betreuen und hat dafür Sorge zu tragen, dass die Welpen- und Junghundpaten die notwendigen Kenntnisse über Haltung, Versorgung und artgerechte Mittel und Methoden der Hundeerziehung und des Hundetrainings besitzen und anwenden.“

Begründung:

Diese Regelung kodifiziert eine Praxis, wie sie vor allem von größeren Ausbildungsstätten betrieben wird. Die Regelung soll dafür sorgen, dass die Grunderziehung eines Assistenzhundes auch dann artgerecht und unter Beachtung des Tierschutzes erfolgt, wo sie nicht in der direkten Verantwortung der Ausbildungsstätte liegt.

Die Verordnungsbegründung von § 4 sollte wie folgt ergänzt werden:

„Angehende Assistenzhunde sollen im engen Verbund mit Menschen aufgewachsen und entsprechend mit Menschen, Artgenossen und anderen Tieren sozialisiert und umfassend an ländliche und urbane Umweltmuster habituiert (gewöhnt/angepasst) sein.

Sie sollen insbesondere sozialisiert sein auf

  • Menschen unterschiedlichen Alters (Kinder ebenso wie Senioren),
  • Menschen, die dunkle, weite, körpervergrößernde Kleidung und/oder Gegenstände tragen,
  • Menschen mit ungewöhnlichen Bewegungsmustern,
  • Artgenossen, unterschiedlicher Phänotypen (äußerer Erscheinung) und unterschiedlichen Alters (dies bedingt unterschiedliche Verhaltensmuster),
  • andere Tierarten

Sie sollen insbesondere gewöhnt sein an:

  • ein breites Spektrum (inkl. lauter und ungewöhnlicher) Geräusche,
  • ein breites Spektrum (inkl. ungewöhnlicher) visueller Reize,
  • ein breites Spektrum (inkl. starker und/oder ungewöhnlicher) geruchlicher Reize,
  • pflegerische und tiermedizinische Manipulationen (Bürsten, Kämmen, Untersuchung der Körperöffnungen und Körperoberfläche),
  • ein entspanntes Alleine-Bleiben,
  • Straßenverkehr,
  • die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln und PKW

Die Inhalte der Grunderziehung sind insbesondere:

  • Leinenführigkeit,
  • Freifolge/“frei-bei-Fuß-Gehen“: ohne Leine in unmittelbarer Nähe der/des Haltenden gehen
  • Positionssignale für Sitzen, Liegen, Stehen befolgen,
  • an einem Ort bleiben, wenn die Halterin / der Halter sich entfernt,
  • Rückruf,
  • Abbruchsignal

Der Hund befolgt die Signale generalisiert, also in unterschiedlichen Umweltmustern.“

Zu § 7

Es wird vorgeschlagen, hinter dem Wort „Assistenzhund“ in Klammern das Wort „Spezialausbildung“ einzufügen, um deutlich den Unterschied zur Grundausbildung hervorzuheben. Einen Definitionsvorschlag haben wir für § 2 vorgelegt (s.o.).

Zu § 8

Der Punkt „Ausbildungsstätte“ wird in der Überschrift genannt, im Text der Vorschrift wird aber nichts zur Ausbildungsstätte geregelt. Aus diesem Grund sollte das Wort aus der Überschrift gestrichen werden.

In Absatz 1 Satz 3 ist von der „Vermittlung der für den Menschen mit Behinderungen erforderlichen theoretischen Kenntnisse“ die Rede. Da Ausbildung, insbesondere im Falle der Selbstausbildung, auch umfasst, dass sich der Mensch mit Behinderungen diese Kenntnisse (selbstständig oder mit Unterstützung) aneignet, sollte hier „Vermittlung und Aneignung“ formuliert werden. Entsprechendes gilt für die anderen einschlägigen Passagen der Verordnung (z. B. Anlagen 4 und 6)

In Absatz 3 Satz 1 ist geregelt, dass die Ausbildung frühestens beginnt, wenn der Hund zwölf Monate alt ist. Das würde bezüglich der Ausbildung von Blindenführhunden zu einer Diskrepanz der Vorschriften von AHundV einerseits und des Hilfsmittelverzeichnisses des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (Hilfsmittelverzeichnis) andererseits führen. Nach dem Hilfsmittelverzeichnis ist für den Beginn der Ausbildung zum Blindenführhund in der Regel ein Mindestalter von 15 Monaten vorgesehen. Die Regelung im Hilfsmittelverzeichnis hat gute Gründe: Der Hund muss besonders viele anspruchsvolle Aufgaben erlernen und im Ergebnis sicher ausführen. Er darf nicht in zu frühem Alter mit zu hohen Anforderungen konfrontiert werden. Wenn die Ausbildung früher beginnt, dann würde sie mit Blick auf die in § 18 avisierte Ausbildungsdauer auch früher enden. Die (soziale) Reife ist so früh noch nicht vorhanden. Aktuell sind mehrere Fälle bekannt, in denen Hunde zu früh an Haltende abgegeben wurden, was zu Fehlversorgungen bzw. Abbruch der Zusammenschulung von Hund und Mensch geführt hat. Der DBSV lehnt den Ausbildungsbeginn von 12 Monaten zumindest für den Bereich der Blindenführhundversorgung mithin ab. Es könnte stattdessen etwa wie folgt formuliert werden:

„(3) Die Ausbildung beginnt frühestens, wenn der Hund zwölf Monate alt ist. Soll der Hund zum Blindenführhund (§ 3 Absatz 1 Nr. 1) ausgebildet werden, beginnt die Ausbildung abweichend von Satz 1 frühestens, wenn der Hund 15 Monate alt ist. Satz 2 gilt im Falle des § 3 Absatz 2 entsprechend, wenn der Hund schwerpunktmäßig in Hilfeleistungen eines Blindenführhundes ausgebildet werden soll.“

Darüber hinaus wird vorgeschlagen, den bisherigen Absatz 3 Satz 2 als neuen Absatz 4 zu fassen, wobei das Wort „Sie“ durch die Wörter „Die Ausbildung“ ersetzt wird.

Begründung: Dadurch werden die Regelungen zum Ausbildungsbeginn und jene zu Durchführung und Methoden der Spezialausbildung sachlich logisch getrennt.

In Absatz 3 Satz 2 sollten nach dem Wort „anzuwenden“ die Wörter „und zu vermitteln“ eingefügt werden.

Begründung: Bei der Ausbildung der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft geht es nicht zuletzt darum, Methoden an den Menschen mit Behinderungen und ggf. an eine Bezugsperson (§ 9) zu vermitteln. Die Ergänzung trägt diesem Umstand Rechnung.

In Absatz 3 Satz 3 ist geregelt, welche Ausbildungsmethoden anzuwenden sind. Hier gibt es eine Diskrepanz zur korrespondierenden Formulierung in Anlage 8 (Zulassung von Ausbildungsstätten). Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, in § 8 Absatz 3 Satz 3 vor dem Wort „entsprechen“ die Wörter „und Lerntheorien“ einzufügen.

In der Begründung zur Verordnung sollte wie folgt ergänzt werden:

Zu Absatz 1: „In allen Abschnitten der Ausbildung der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft (Einarbeitung, Assistenzhund-Training, Nachsorge) muss das Training den Bedarfen, Ressourcen und Möglichkeiten der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft angepasst stattfinden. Trainingsmethoden sind so zu wählen, dass sie von dem Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf seine/ihre körperlichen, kognitiven und psychischen Ressourcen, seine/ihre ethischen Überzeugungen und sein/ihr soziales Umfeld anwendbar sind.“

zu Satz 3: „Die Unterweisung hat didaktisch sinnvoll zu erfolgen, Erkenntnisse und Methoden der Pädagogik und Psychologie sind anzuwenden.“

Zu Absatz 3 Satz 2: „Für die Ausbildung zum Assistenzhund sind die dem aktuellen Stand der Wissenschaft und den Lerntheorien entsprechenden Methoden anzuwenden. Erkenntnisse über das Verhalten von Hunden sowie artgerechte Mittel und Methoden der Hundeerziehung und des Hundetrainings müssen handlungsleitend sein. Erziehung und Training sind tierfreundlich auf der Grundlage von kleinen Lernschritten, positiver Verstärkung (Belohnung) und Erfolgserlebnissen zu gestalten (klassische und instrumentelle Konditionierung). Der Hund wird während der Ausbildung gefordert, darf aber nicht überfordert werden. Es dürfen nur solche Methoden und Mittel verwendet werden, die nicht zu Schmerzen, Schäden, Leiden oder zu Angst führen können. Zu Methoden und Mitteln, die zu Schmerzen, Schäden, Leiden oder Angst des Hundes führen können, zählen insbesondere:

Methoden:

  • „Alphawurf“,
  • „Alpharolle",
  • „Nackenschütteln",
  • „Würgen",
  • „Aushängen“,
  • „Leinenreißen“,
  • „Leinerucke“,
  • Werfen mit Wurfketten, Wurfscheiben, Rütteldosen oder Ähnlichem,
  • Kneifen, Schläge, Tritte, Besprühen mit Flüssigkeiten, Erzeugen von für den Hund aversiven Geräuschen und andere körperliche Bestrafungen.

Mittel: Stachelhalsbänder, Elektroreizgeräte, Würgehalsbänder ohne Zugstopp, Erziehungsgeschirre mit Zugwirkung unter den Achselhöhlen, Wurfketten, Wurfscheiben, Rütteldosen oder ähnliche harte oder laute Gegenstände, BellStop-Geräte/Sprühhalsbänder oder „unsichtbare“ Zäune, Führwagen nach Uexküll/Sarris/Brüll.

Methoden und Mittel der Hundeerziehung oder des Hundetrainings, die zu Schmerzen, Schäden, Leiden oder zu Angst des Hundes führen können, dürfen weder angewendet noch den Hundehaltenden vermittelt werden.

Zu § 12

In Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist auf § 5 zu verweisen.

Es erschließt sich nicht, was der Unterschied zwischen Absatz 1 Nr. 2d und Nr. 3 sein soll. In beiden Fällen geht es um die Einschätzung des Gehorsams.

Es wird weiterhin vorgeschlagen, Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 wie folgt neu zu fassen:

„5. sich nach der Einschätzung der Ausbildungsstätte hinsichtlich seiner körperlichen, rassebedingten und charakterlichen Eigenschaften sowie unter Berücksichtigung der behinderungsspezifischen, persönlichen und sonstigen Gegebenheiten des Menschen mit Behinderungen zur Ausbildung für die Assistenzhundeart, zu der er ausgebildet werden soll, eignet.“

Begründung:

Die bisher im Entwurf gewählte Formulierung erscheint sprachlich ungenau und nicht konkret genug. Offen bleibt, welche Maßstäbe die Ausbildungsstätte ihrer Einschätzung zugrunde legen soll, ob ein Hund die erforderlichen Eigenschaften besitzt, um allgemein zum Assistenzhund und speziell zu einer bestimmten Assistenzhundeart ausgebildet werden zu können. Aus der Systematik von Satz 2 ergibt sich allenfalls, dass es sich um Eigenschaften handeln muss, die nicht das Sozial- und Umweltverhalten (Satz 2 Nr. 2) oder den Gehorsam des Hundes (Satz 2 Nr. 3) betreffen.

In der Begründung zur Verordnung könnte wie folgt ergänzt werden: „Im Allgemeinen für die Ausbildung zum Assistenzhund kommen sowohl Rassehunde als auch Mischlingshunde männlichen und weiblichen Geschlechts in Betracht. Grundsätzlich müssen Hunde ausgewählt werden, deren Zugehörigkeit zu einer Rasse, äußerliche Erscheinung oder/und Verhalten keine Erschwernisse oder Haltungsauflagen mit sich bringen. Als Assistenzhund dient der Hund der gesellschaftlichen Teilhabe des Menschen mit Behinderungen. Dieses Ziel würde beispielsweise infolge von Maulkorbzwang für gelistete Rassen oder erschwerter Mobilität durch Raumbedarf im öffentlichen Nah- und Fernverkehr bei Riesenrassen nicht erreicht werden. Ob ein Hund im konkreten Einzelfall für die Ausbildung zu einer bestimmten Assistenzhundeart geeignet ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend können beispielsweise körperliche Merkmale des Hundes (Größe, Gewicht u. a.) sein. Zum Beispiel dürfte ein Hund, der ausgewachsen voraussichtlich eine Schulterhöhe über 70 Zentimeter oder ein Körpergewicht von mehr als 40 Kilogramm erreichen wird, in der Regel nicht zum Einsatz als Blindenführhund geeignet sein (vgl. die entsprechende Regelung im Hilfsmittelverzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherung). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, inwieweit körperliche Merkmale des Hundes mit den Gegebenheiten des Menschen mit Behinderungen korrelieren. Nutzt der Mensch mit Behinderungen einen schweren Elektrorollstuhl, kann das für einen Hund mit geringer Körpergröße unter Umständen mit Gefahren verbunden sein. Der Hund muss zu den wohnlichen Gegebenheiten und den persönlichen und behinderungsspezifischen Anforderungen des Menschen mit Behinderungen passen. So korrespondiert ein Hund mit dichtem Fell, der sich in kalter, winterlicher Umgebung wohlfühlt, nicht mit einem Menschen, der in warmen Klimaverhältnissen lebt oder stark beheizte Räume bevorzugt.“

In der Begründung zur Verordnung sollte ferner wie folgt ergänzt werden:

Zu Absatz 1, Satz 1, Nr. 2: „Ein Hund, der hinsichtlich seines Verhaltens / Wesens als Assistenzhund nicht geeignet ist, stellt einen hohen Risikofaktor bzw. ein Gefahrenpotential für den Menschen mit Behinderungen oder/und Dritte dar und würde in seinem Einsatz dauerhaft überfordert werden, was das Wohlbefinden des Hundes störte. Deshalb dürfen nur Hunde eingesetzt werden, die:

  • sich im Kontakt mit Menschen und Artgenossen sicher verhalten und sozialkompetent kommunizieren,
  • hohe Stress- und Frustrationstoleranz haben,
  • wenig erregt, ängstlich oder schreckhaft auf akustische, visuelle und andere Reize der unbelebten und belebten Umwelt reagieren,
  • keine oder nur wenig jagdliche Motivation zeigen und
  • hohe Kooperationsbereitschaft zur Bezugsperson zeigen.

Entsprechend nicht zum Einsatz als Assistenzhund geeignet sind insbesondere schreckhafte, ängstliche oder stark stress- und frustrationsintolerante sowie solche Hunde, die der belebten Umwelt gegenüber über mehr als ein für den/die Haltende vertretbares Maß hinaus aggressiv reagieren oder die eine ausgeprägte jagdliche Neigung zeigen, welche die Kontrollierbarkeit und Haltung des Hundes durch einen Menschen mit Behinderungen einschränkt.

Zu § 13

Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte in der Begründung der Verordnung aufgenommen werden, dass die Ausbildungsstätten keine Bedarfsermittlung im Sinne des SGB IX (§ 13ff.) oder der sonstigen Sozialleistungsträger vornimmt und also die Bedarfsprüfung keine Grundlage für eine Kostenübernahme durch einen etwaigen Kostenträger ersetzt.

Zu § 14

Absatz 1 Satz 3 Nr. 2 kann gestrichen werden. Es ist nicht erkennbar, welchen zusätzlichen inhaltlichen Aussagewert Nummer 2 im Vergleich zu Nummer 1 hat. In Absatz 1 Satz 3 Nr. 6 ist das Wort „seiner“ durch das Wort „dessen“ zu ersetzen. Grund: Es geht um die Aufgaben des Hundes, nicht jene des Menschen.

Zu § 18

Nach Absatz 1 Satz 2 muss der Hund zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 18 Monate alt sein. Das würde bezüglich der Ausbildung von Blindenführhunden zu einer Diskrepanz der Vorschriften von AHundV einerseits und Hilfsmittelverzeichniss der GKV andererseits führen. Aus den Regelungen des Hilfsmittelverzeichnisses ergibt sich, dass der Hund bereits bei Abschluss der Ausbildung, also noch vor der Zusammenschulung mit dem blinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen, in der Regel mindestens zwischen 21 und 23 Monaten alt ist. Die Regelungen des Hilfsmittelverzeichnisses haben gute Gründe. Der Hund muss genügend Zeit haben, um Hilfeleistungen zu lernen und vor allem zu generalisieren. Er muss auch die notwendige soziale Reife besitzen, um die Hilfeleistungen anwenden zu können. Aus diesem Grund plädiert der DBSV zumindest für den Bereich der Blindenführhundversorgung dafür, dass es für das Mindestalter bei der Anmeldung zur Prüfung eine Ausnahmeregelung gibt. Die Regelungen sollten dabei zu den gleichen Ergebnissen wie im Hilfsmittelverzeichnis führen. § 18 Absatz 1 Satz 2 könnte etwa wie folgt formuliert werden:

„Ein Assistenzhund im Sinne des § 3 Absatz 1 Nrn. 2 bis 5 muss zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 18 Monate und im Falle des § 3 Absatz 1 Nr. 1 mindestens 22 Monate alt sein.“

In Absatz 1 Satz 4 muss die Angabe „§ 34 Absatz 1“ durch die Angabe „§ 35 Absatz 1“ ersetzt werden.

In Absatz 1 Satz 5 sollte in Nr. 1 hinsichtlich der Bezugsperson auf § 9 verwiesen werden.

Nr. 2 sollte wie folgt neu gefasst werden:

„Angaben zum Hund (§ 2 Nr. 10)“

Zu § 23

Aus der Norm wird nicht deutlich, bei welchem Prüfer die Verlängerung der Zertifizierung zu beantragen ist – bei dem Prüfer, bei dem die Prüfung ursprünglich absolviert wurde oder bei einer anderen Stelle? Sollte ersteres gemeint sein, wäre die Regelung wenig praktikabel, weil der Prüfer nach zehn Jahren ggf. seine Arbeit eingestellt haben könnte. Sollte ein beliebiger anderer Prüfer gemeint sein, dann müsste dies sprachlich präzise gefasst werden, etwa durch „einem Prüfer im Sinne von § 35“. Weiterhin gibt es eine Diskrepanz zu § 28, wo einmalig eine Verlängerung für 18 Monate möglich ist.

Zu § 24

Die vorgesehene Vorschrift erachten wir für problematisch. Es fehlen Regelungen zu Anhörungsrechten des Menschen mit Behinderungen, welcher Rechtsweg ggf. einzuhalten ist und welche Vorgaben insoweit verwaltungsrechtlich gelten. Es ist zu beachten, dass es sich bei der Entziehung des Zertifikats letztlich um einen Verwaltungsakt handelt, der Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen nach sich zieht, denn sie können ggf. zu Einrichtungen im Sinne von § 12e Absatz 1 BGG ohne Assistenzhund nicht mehr selbstbestimmt gelangen und diese nutzen. Bei Ausgabe der Abzeichen müsste zudem eine Administration der Abzeichen/Kennzeichnungen etabliert werden. Gleiches gilt entsprechend für §28 und §29 betreffend die Regularien der Rücknahme.

Zu § 26

In der Überschrift muss nach der Angabe „Absatz 3“ die Angabe „Satz 2 Nummer 3“ eingefügt werden. Es wird vorgeschlagen, Absatz 1 Nr. 1 wie folgt neu zu fassen und eine neue Nr. 2 wie folgt einzufügen: „1. zum Zeitpunkt der Prüfung seinen Wohnsitz in dem Land hatte, in dem die Prüfung abgenommen wurde, 2. zum Zeitpunkt der Beantragung der Anerkennung seinen Wohnsitz in Deutschland hat, 3. …“ Begründung: Mit der vorgeschlagenen Regelung könnte vermieden werden, dass die Regelungen dieser Verordnung dadurch umgangen werden, dass Assistenzhunde im Ausland ausgebildet und geprüft werden, die an in Deutschland lebende Menschen mit Behinderungen abgegeben werden.

Zu § 27

Die Vorgaben sollten präziser gefasst werden. Das Wort „anerkannt“ verstehen wir im Sinne einer Versorgung durch den jeweiligen Träger einschließlich einer erfolgten Kostenübernahme durch diesen. Es muss klar zum Ausdruck kommen, dass Standards erfüllt werden und eine Prüfung absolviert wurde.

Zu § 28

In Absatz 1 Satz 1 sollten klarstellend nach den Wörtern „einer Anerkennung“ die Wörter „nach § 25 oder 26“ eingefügt werden. Laut dem vorliegenden Verordnungstext gelten unterschiedliche Maßstäbe für die Verlängerung der Zertifizierung (§ 23) einerseits und der Anerkennung sowie der Gültigkeit des Ausweises (§ 28) andererseits. Verlängerung der Zertifizierung: zweimalig um jeweils bis zu zwölf Monate (§ 23 Satz 1) Verlängerung von Anerkennung bzw. Gültigkeit des Ausweises: eine Verlängerung um bis zu 18 Monate (§ 28 Absatz 1 Satz 1 bzw. § 28 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1) Hier ist eine einheitliche Regelung erforderlich.

Zu § 29

In Satz 1 sollte klarstellend auf die §§ 25 und 26 Bezug genommen werden. Auf die Ausführungen zu § 24 betreffend die Rechtsbehelfe wird verwiesen.

Zu § 31

Es erschließt sich nicht, weshalb in Absatz 4 vorgesehen ist, dass die dortigen Träger ein Abzeichen ausreichen dürfen, nicht aber den dazugehörigen Ausweis. Beides muss einheitlich durch eine Stelle erfolgen. Ansonsten ist für die Behörde im Falle des § 29 überhaupt nicht erkennbar, ob und ggf. wie viele Abzeichen bei dem Menschen mit Behinderungen vorliegen, die sie einzuziehen hat. Zu Anlage 1 Statt „Geburtsdatum“ ist „Wurftag“ einzutragen.

Zu Anlage 4

Zu 2a. Hilfeleistungen betreffend Blindenführhunde

Zu H1 (Umgehen beziehungsweise Anzeigen von Hindernissen):

Der Textteil nach dem Doppelpunkt („Bewegliche und unbewegliche Hindernisse umgeht oder zeigt der Hund …“ bis „… Verzögern erfolgen“) gehört zur Beschreibung der Hilfeleistung und muss in der entsprechenden Spalte stehen.

Zu 3. Theoretische Ausbildung:

Im Punkt: „Ernährung (auch in Bezug auf Hygieneaspekte der Rohfütterung)“ sind die Wörter: „auch in Bezug auf Hygieneaspekte der Rohfütterung“ ersatzlos zu streichen.

Zu Anlage 5

Für Hunde, die von Ausbildungsstätten gezüchtet/angekauft/ausgewählt wurden ist wie folgt zu ergänzen: - Herkunftsnachweis durch Ahnentafel oder sonstigen einwandfreien Nachweis - Nachweis darüber, wie und wo der Hund vor Eintritt in die Spezialausbildung zum Assistenzhund aufgewachsen ist und welche Ausbildung(en) er begonnen oder durchlaufen hat

Zu Anlage 6

Die Prüfung beinhaltet einen praktischen und einen theoretischen Teil (siehe 1. Allgemeines zur Prüfung) Es erscheint daher aus systematischen Gründen zweckmäßig, die Anlage neu zu gliedern und die Prüfungsinhalte entsprechend in solche der praktischen bzw. der theoretischen einzuteilen; siehe dazu unten.

Zu 1. Allgemeines zur Prüfung

Ebenso wie an anderen Stellen des Entwurfs ist hier durchgängig von einer Fachprüferin/einem Fachprüfer die Rede. Da bei der Prüfung von Blindenführhunden und deren Menschen mit Behinderungen obligatorisch zwei Fachprüfer beteiligt sein sollten (siehe unten zu Anlage 8), sollte besser „der oder die Fachprüferinnen oder Fachprüfer“ o. Ä. formuliert werden. Bis auf den ersten und den letzten Satz betreffen sämtliche Ausführungen dieses Abschnitts die praktische Prüfung. Sie sollten daher in einem Abschnitt zum praktischen Teil der Prüfung und nicht unter „Allgemeines zur Prüfung“ stehen

Zu 2. Prüfungsinhalt

Zu a) Prüfungsaufgaben zum Umwelt- und Sozialverhalten

In den Überschriften zu einzelnen Prüfungsaufgaben steht „Verhalten“ (bei oo)) bzw. „Verhalten des Hundes“ (bei pp) bis ss)); in den übrigen Fällen (bei aa) bis nn) sowie tt) ) aber nicht. Dies sollte vereinheitlicht werden.

Zu (2)

Hier werden eigentlich zwei voneinander verschiedene Situationen behandelt: das Verhalten des Hundes an einem ihm zugewiesenen Platz einerseits und das Verhalten des Hundes in einer Schlange oder an der Kasse andererseits. Die Situationen sollten voneinander getrennt dargestellt werden

Folgende Formulierung wird vorgeschlagen:

„(2) Der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin weist dem Hund einen geeigneten sicheren Platz zu. Der Hund schnuppert nicht oder nur wenig und bleibt auf Signal an dem zugewiesenen Platz

(3) In einer Schlange oder an der Kasse verhält sich der Hund ruhig.“

Zu qq)

Aus Gründen der Einheitlichkeit könnte hier formuliert werden: „Der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin passiert mit dem Hund an der Leine oder in Freifolge …“

Zu tt)

Aus Gründen der Einheitlichkeit könnte hier formuliert werden: „Der Prüfungskandidat oder die Prüfungskandidatin und der Hund“.

Zu c) Hilfeleistungen

Der zweite Satz ist in der vorgeschlagenen Fassung unverständlich. Er sollte wie folgt gefasst werden:

„Die Hilfeleistungen müssen mindestens die für die jeweilige Assistenzhundeart maßgeblichen Anforderungen der Anlage 4 erfüllen.“

Zu d) Theoretischer Prüfungsteil

In der Aufzählung (erster Spiegelstrich) ist formuliert: „Grundlagen der Kommunikation und, Sozialverhalten des Hundes…“. Dies erscheint unvollständig.

Zu 3. Bewertung der Prüfungsaufgaben

Zu a) Bewertung der Prüfungsaufgaben gemäß Ziffer 2 Buchstaben a) bis c)

Zu bb)

In der Aufzählung (erster Spiegelstrich) sollte der zweite Satz wie folgt formuliert werden: „Es werden bis zu drei Versuche oder Signale benötigt, bis der Hund die gestellte Aufgabe ausführt oder das erwünschte Verhalten zeigt.“

Neugliederung der Anlage 6

Es wird vorgeschlagen, die Anlage 6 wie folgt zu gliedern:

A. Allgemeines zur Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 1, dort erster und achter (= letzter) Satz

B. Durchführung und Inhalt der Prüfung

1. Praktischer Teil

Inhalte:

Als Vortext: Text wie in Anlage 6, Ziffer 1, dort Sätze 2 bis 7 sowie Text wie in Ziffer 2, dort vor Buchstabe a)

Als Einleitung zu den Prüfungsinhalten: ein Satz wie z. B. „Folgende Inhalte werden geprüft:“

Als Prüfungsinhalte: Text wie in Anlage 6, Ziffer 2, Buchstaben a) bis c)

2. Theoretischer Teil

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 2, Buchstabe d)

C. Bewertung der Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 3

1. Bewertung des praktischen Prüfungsteils gemäß Teil B, Ziffer 1 Buchstaben a) bis c)

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 3, Buchstabe a)

2. Bewertung des theoretischen Prüfungsteils

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 3, Buchstabe b)

D. Bestandene Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 4

E. Abbruch der Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 5

F. Wiederholung der Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 6

G. Einbeziehung einer Bezugsperson in die Prüfung

Inhalt: Text wie in Anlage 6, Ziffer 7

Zu Anlage 7

Zu den Zulassungsvoraussetzungen für die Ausbildung zu allen Assistenzhundearten

Bei den Anforderungen zur Sachkunde der fachlich verantwortlichen Person wird die Grunderziehung in der Rubrik „Erforderliche Fähigkeiten und Kenntnisse, um Schulungen i.S.d. Verordnung erfolgreich durchzuführen“ genannt. Dort ist festgelegt, dass „die Grunderziehung (Gehorsam) […] gemeinsame Voraussetzung für speziellere Schulungen des Hundes je nach Fachbereich [ist]“. Zur Grunderziehung gehört gemäß § 4 Satz 2 auch die Schulung des Umwelt- und Sozialverhaltens des Hundes. Daher sollten in der Klammerangabe vor dem Wort „Gehorsam“ die Wörter „Umwelt- und Sozialverhalten sowie“ ergänzt werden.

In der Rubrik „Allgemeine Anforderungen“ ist u. a. das System zur Qualitätssicherung angesprochen. Die Aufzählung der Fortbildungsinhalte sollte nicht dazu führen, dass sich fachlich verantwortliche Personen und Hundetrainer einseitig nur in einem der genannten Bereiche fortbilden. Vielleicht wäre es in diesem Sinne zweckmäßig, das Wort „oder“ am Ende der Aufzählung durch das Wort „und“ zu ersetzen.

Zu Anlage 8 - Zu 1. Blindenführhunde

Der DBSV betont, dass für ihn essentiell ist, dass im Falle der Versorgung mit einem Blindenführhund immer eine Prüfkommission zum Einsatz kommt, die aus Fachprüfenden der Bereiche „Hund“ und „O&M“ gebildet werden muss. Die Vorgaben, wie sie für den Bereich der Blindenführhundversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen bestehen (Gespannprüfung entsprechend Produktgruppe 07 des Hilfsmittelverzeichnisses) müssen auch für den Bereich der AHundV gelten. Das sehen wir in Anlage 8 bislang als nicht ausreichend klar formuliert. Hier bedarf es dringend einer Nachbesserung.

Beim Punkt „Erforderliche Sachkunde“ besteht hinsichtlich der Dauer der einschlägigen Berufserfahrung eine Diskrepanz: für Fachprüfende von Blindenführhunden und Mensch-Hund-Gemeinschaften soll sie mindestens zwei Jahre betragen, während für Fachprüfende von sonstigen Assistenzhunden und Mensch-Hund-Gemeinschaften mindestens fünf Jahre vorgesehen sind. Entsprechendes gilt für die Anzahl der vollständig begleiteten erfolgreichen Ausbildungen von Assistenzhunden und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften, die im vorliegenden Entwurf für Fachprüfende von Blindenführhunden und Mensch-Hund-Gemeinschaften (mindestens zwei) und für Fachprüfende von sonstigen Assistenzhunden und Mensch-Hund-Gemeinschaften (mindestens drei) ohne erkennbaren sachlichen Grund divergieren.

Diese Unterscheidungen erscheinen nicht begründbar. Die Anforderungen dürfen für Blindenführhunde nicht geringer ausfallen, als dies bei präqualifizierten Leistungserbringern im Sinne von § 126 SGB V der Fall ist.

Es ist nicht ersichtlich, wie und wieso eine O&M-Trainerin bzw. ein O&M-Trainer nachweisen soll, dass sie/er mindestens zwei erfolgreiche Ausbildungen von Blindenführhunden und Mensch-Blindenführhund-Gemeinschaften vollständig begleitet hat.

Wir gehen davon aus, dass z. B. die Grundqualifizierungen zu Gespannprüfenden sowie die Seminare für erfahrene Gespannprüfende (jeweils des DBSV) zu den Weiterbildungsangeboten (dritter Spiegelstrich) gehören.

Es wird formuliert: „Soweit nicht einer der Fachprüfer eine mindestens zweijährige berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit als Orientierungs- und Mobilitätstrainer vorweisen kann, muss einer der Fachprüfer zwingend die nachfolgenden weiteren zusätzlichen Anforderungen an die Sachkunde erfüllen“. Wir verstehen diese Formulierung so, dass die Prüfung von Blindenführhunden sowie der Mensch-Blindenführhund-Gemeinschaften von zwei Fachprüfenden abgenommen werden muss. Das ist zu begrüßen, sollte aber – wie erwähnt – unbedingt bereits im Text der Verordnung klargestellt werden.

Die soeben zitierte Formulierung ließe sich missverständlich so lesen, dass einer der Fachprüfenden entweder eine mindestens zweijährige berufliche oder ehrenamtliche O&M-Erfahrung haben oder die „Kenntnisse der für die Einsatzbereiche maßgeblichen Beeinträchtigungen und Barrieren“ nachweisen muss. Das würde aber zu kurz greifen: Erstens müssen alle Fachprüfenden – ob nun O&M-Trainer oder nicht – Kenntnisse über Beeinträchtigungen und Barrieren haben; zweitens fehlt, wenn keine O&M-Fachprüfer ist, die unentbehrliche Expertise über Orientierung, Mobilität und entsprechend Sicherheit der blinden und sehbehinderten Menschen im Straßenverkehr. Bei einer Prüfung ohne O&M-Trainer kann das Ausbildungsziel, dass sich blinder oder sehbehinderter Mensch und Blindenführhund „sicher im privaten und öffentlichen Raum bewegt“ (§ 8 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 19 Satz 1 AHundV), nicht überprüft werden.

Von den Fachprüfenden wird eine stete Fortbildung in den zu prüfenden Bereichen verlangt. Die Aufzählung der Fortbildungsinhalte sollte nicht dazu führen, dass sich Fachprüfende einseitig nur in einem der genannten Bereiche fortbilden. Vielleicht wäre es in diesem Sinne zweckmäßig, das Wort „oder“ am Ende der Aufzählung durch das Wort „und“ zu ersetzen.

Zu Anlage 9

Bei den weiteren Angaben sollte in Nr. 3 „Name des Fachprüfers bzw. der Fachprüfer“ formuliert werden.

Begründung: Prüfungen von Blindenführhunden und Mensch-Blindenführhund-Gemeinschaften sollte von einer Prüfungskommission aus zwei Fachprüfenden abgenommen werden.

 

DBSV zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes

Vor dem Hintergrund einer äußerst geringen Erwerbsquote blinder und sehbehinderter Menschen begrüßt es der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) sehr, dass die Bundesregierung ein gesetzliches Maßnahmenpaket auf den Weg bringen will, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt zu stärken. Der vorliegende Referentenentwurf setzt insoweit wichtige Impulse. Allerdings bedürfen einige der vorgesehenen Regelungen noch der Schärfung, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Zudem sind zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten blinder und sehbehinderter Menschen unbedingt weitere Maßnahmen erforderlich, auf die am Ende dieser Stellungnahme eingegangen wird.

Zu Artikel 1

Zu Nr. 2 – Änderung des § 61 SGB IX

Das Budget für Arbeit wird bisher noch nicht im gewünschten Umfang von Menschen mit Behinderungen genutzt. Der DBSV begrüßt daher ausdrücklich, dass die Deckelung des Budgets für Arbeit auf 40 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV gestrichen wird. Das ist ein wichtiger Schritt, um das Budget für Arbeit attraktiver zu machen.

Das allein genügt aber noch nicht, um deutlich mehr Menschen eine Alternative zur Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zu eröffnen. Bislang wird das Budget für Arbeit von Menschen mit Behinderungen in Anspruch genommen, die durch viel Eigeninitiative eine Beschäftigungsmöglichkeit am Arbeitsmarkt finden. Es ist aus Sicht des DBSV notwendig, dass der Bundesagentur für Arbeit künftig die Aufgabe übertragen wird, Menschen mit Behinderungen bei der Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes zu unterstützen, so wie dies im Rahmen des Budgets für Ausbildung gem. § 61a Abs. 5 SGB IX bereits vorgesehen ist.

Zu Nr. 6 – Einführung eines § 153a SGB IX

Mit Blick auf die umfangreichen Diskussionen zur Versorgungsmedizinverordnung in den vergangenen Legislaturperioden begrüßt der DBSV, dass eine Reform der Zusammensetzung und Aufgabenwahrnehmung des Sachverständigenbeirates versorgungsmedizinische Begutachtung erfolgen soll. Begrüßt wird auch, dass insoweit durch die Zusammensetzung des Beirats den Auswirkungen von bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Teilhabe ein breiterer Raum eingeräumt werden soll. Dass der medizinischen Perspektive im Beirat noch immer ein höheres Gewicht beigemessen wird, lässt sich allenfalls dann begründen, wenn sichergestellt wird, dass unterschiedliche medizinische Fachrichtungen eingebunden werden.

Der DBSV erachtet es mit Blick auf das Partizipationsgebot für zielführend und richtig, dass auch der Deutsche Behindertenrat sieben Mitglieder für die Mitwirkung im Beirat benennen kann. Im Deutschen Behindertenrat werden die Belange von Menschen mit ganz unterschiedlichen Beeinträchtigungen durch die in ihm zusammengeschlossenen Organisationen abgebildet. Über eine Abstimmung und Koordination in diesem Gremium kann somit sichergestellt werden, dass auch im Beirat der erforderlichen Vielfalt Rechnung getragen wird. Es wird angeregt, für alle drei benennungsberechtigten „Bänke“ zu regeln, dass bei der Zusammensetzung des Beirats, entsprechend des Behinderungsverständnisses in § 2 SGB IX, zu allen Formen der Beeinträchtigungen (körperliche, geistige, seelische und Sinnesbeeinträchtigung) entsprechende Expertise abgebildet wird. Weiterhin ist sicherzustellen, dass sich die Sachverständigen mit z. B. Verbänden im DBR angemessen „rückkoppeln“ können, wie es in anderen Gremien, etwa dem gemeinsamen Bundesausschuss, gelebte Praxis ist.

Zu Nrn. 7 und 11 – Ausgleichsabgabe

Der DBSV begrüßt ausdrücklich die Einführung einer vierten Stufe der Ausgleichsabgabe für Betriebe, die keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen. Damit wird einer langjährigen Forderung auch des DBSVs Rechnung getragen. Leider bleibt die vorgesehene Höhe der Ausgleichsabgabe hinter den Erwartungen zurück. Es ist angesichts der noch immer deutlich höheren Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen bei gleichzeitig durchschnittlich besserer Qualifizierung dieser Gruppe absolut unverständlich und nicht hinnehmbar, dass trotz eines erheblichen Fachkräftemangels noch immer ¼ der beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber keinen einzigen Menschen mit Behinderung beschäftigt. Seit Jahren gibt es Initiativen, um diese Arbeitgeber gezielt anzusprechen und zu unterstützen. Verwiesen wird an dieser Stelle auf die Initiative „Einstellung zählt“ und die Schaffung der einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber. Diese “Nullbeschäftiger“ jetzt mit einer eigenen Stufe der Ausgleichsabgabe zu adressieren, ist damit gerechtfertigt.

Zusätzlich fordert der DBSV eine Änderung im Steuerrecht, die es Unternehmen, welche die Ausgleichsabgabe entrichten müssen, unmöglich macht, diese Ausgaben steuerlich als Betriebsausgabe absetzen zu können.

Nicht nachzuvollziehen ist indes die vorgesehene Streichung der Bußgeldvorschrift in § 238 SGB IX für den Fall, dass der Beschäftigungspflicht nicht nachgekommen wird. Der DBSV fordert, dass der Bußgeldtatbestand erhalten bleibt. Es ist nicht einzusehen, dass sich Arbeitgeber mit der insgesamt relativ niedrigen Ausgleichsabgabe einfach von der Beschäftigungspflicht „freikaufen“ können sollen. Die Bußgeldvorschrift hat insoweit einen eigenen Wert zur Rechtsdurchsetzung der Beschäftigungspflicht. Das Argument der Bundesregierung, dass ein Bußgeld angesichts einer erhöhten Ausgleichsabgabe nicht mehr angemessen sei, läuft ins Leere. Die Ausgleichsabgabe soll gerade nicht erhöht werden. Vielmehr soll lediglich ein gesonderter Staffelbetrag für diejenigen Arbeitgeber eingeführt werden, die trotz gesetzlicher Verpflichtung keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Angeregt wird allerdings, die Zuständigkeit für die Belegung mit Bußgeldern einer anderen Behörde als der Bundesagentur für Arbeit zuzuordnen, denn diese kommt seit Jahren in einen Konflikt zwischen Bußgeldsanktion und Förderung der Arbeitgeber. Vorgeschlagen wird, stattdessen die Zollbehörden einzubinden, die u. a. mit der Kontrolle des Mindestlohns etc. betraut sind.

Zu Nr. 8 – Änderung des § 161 SGB IX

Der DBSV sieht es äußerst kritisch, dass bei Vorhaben, die aus dem Ausgleichsfonds gefördert werden, auch die Administrationskosten aus dem Ausgleichsfonds finanziert werden sollen. Zur Administration der aus dem Ausgleichsfonds geförderten Vorhaben gehören insbesondere die Beratung der Antragstellenden, die Antragsprüfung, die Bewilligung, die Zwischen- und Schlussprüfungen und ggf. Rückforderungen. Das sind aus Sicht des DBSV originäre Aufgaben des BMAS und dürfen das Budget des Ausgleichsfonds auf keinen Fall schmälern.

Zu Nr. 9 – Genehmigungsfiktion nach § 185 abs. 9 SGB IX

Der DBSV beklagt seit Jahren, dass die Verfahrensdauer bei Anträgen auf Teilhabeleistungen bei Rehabilitationsträgern und Inklusionsämtern zu lang ist. Dadurch werden regelmäßig Arbeitsverhältnisse gefährdet. Es sind uns mehrere Fälle bekannt, bei denen eine überlange Antragsbearbeitung für technische Arbeitshilfen und Assistenz sogar zur vorzeitigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen blinder Menschen in der Probezeit führte.

Der DBSV ist daher grundsätzlich sehr auf Regelungen aus, mit der Verfahrensabläufe beschleunigt werden. Ein Instrument kann dabei eine Genehmigungsfiktion sein.

Allerdings ist die hier vorgesehene Vorschrift in § 185 Abs. 9 SGB IX aus Sicht des DBSV nicht mehr als “heiße Luft“ und vollkommen ungeeignet.

Problem 1: Um die Genehmigungsfiktion abzuwenden genügt es, wenn sich das Inklusionsamt innerhalb von sechs Wochen „äußert“. Das ist deutlich zu wenig. Äußern kann und wird sich das Inklusionsamt immer. Schon eine Eingangs- und Bearbeitungsanzeige ist eine Äußerung. Wann dann aber tatsächlich entschieden wird, weiß der behinderte Mensch noch immer nicht.

Problem 2: Die beantragte Leistung muss „nach Art und Umfang genau bezeichnet“ sein. Damit kommt die Regelung faktisch überhaupt nur bei Folgeanträgen von Arbeitsassistenz bei gleichbleibender Behinderungsauswirkung und gleichbleibendem Arbeitsanfall in Betracht. Für Menschen, die einen neuen Arbeitsplatz mühsam gefunden haben, kann die Regelung nicht greifen, denn sie können ihren Bedarf in der Regel nicht derart beziffern.

Fazit: Die Regelung muss dringend geschärft werden.

 

Zu Artikel 3

Dass digitale Pflegeanwendungen in den Leistungskatalog aufgenommen werden, ist zu begrüßen. Erneut weist der DBSV aber darauf hin, dass endlich gesetzlich und untergesetzlich abzusichern ist, dass digitale Pflegeanwendungen ebenso wie digitale Gesundheitsanwendungen barrierefrei nutzbar sein müssen, wenn sie durch Sozialleistungsträger finanziert werden. Das ist bislang nicht der Fall. Es kann nicht sein, dass die Fehler zur physischen Barrierefreiheit im digitalen Raum fortgesetzt werden. Auf die diesseitigen Stellungnahmen wird verwiesen u. a. die Stellungnahme zur Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Pflegeanwendungen unter: https://www.dbsv.org/stellungnahme/vdipa-2022.html.

 

Leerstellen

Der im Referentenentwurf einleitenden Feststellung „Für eine inklusive Gesellschaft ist es entscheidend, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt am Arbeitsleben teilhaben können.“ ist absolut zuzustimmen. Das Gesetz fokussiert aber bislang nur auf die Unterstützung des Einzelnen. Für die Umweltgestaltung (hier die barrierefreie Arbeitsumgebung) wird nichts vorgesehen, obgleich sich Behinderungen aus der Wechselwirkung zwischen individuellen Beeinträchtigungen und Barrieren ergeben. Ein barrierefreies und damit inklusives Arbeitsumfeld ist genauso entscheidend für die Möglichkeit zur Teilhabe, wie individuelle Unterstützungsleistungen. Dringend erforderlich ist, dass die digitale Arbeitswelt barrierefrei wird. Ansonsten haben blinde und sehbehinderte Menschen keine Perspektiven am ersten Arbeitsmarkt. Dazu erforderlich sind verbindliche rechtliche Vorgaben zur Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, die im Arbeitsalltag verwendet werden, wie Bürosoftware, elektronische Akten, Warenwirtschaftssysteme, Buchhaltungsprogramme etc. Hier fehlen geeignete Angebote und auch Appelle an die Wirtschaft haben bislang nicht gefruchtet.