DBSV-Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Filmförderungsgesetz - FFG) vom 12.02.2024

Die Neuregelungen in § 40 Abs. 8 und § 46 des Entwurfs im Grundsatz greifen das über viele Jahre hinweg formulierte Anliegen auf, die über das FFG geförderten Filme mit barrierefreien Filmfassungen mit Audiodeskription in allen Verwertungsstufen blinden und sehbehinderten Menschen auch tatsächlich zugänglich zu machen.

Als Spitzenverband der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfeorganisationen äußert sich der DBSV nur zu Regelungen, die die Belange blinder und sehbehinderter Menschen im Zusammenhang mit dieser Reform betreffen.

Gesamtbewertung des Entwurfs

Der DBSV begrüßt die Neuregelungen in § 40 Abs. 8 und § 46 des Entwurfs im Grundsatz ausdrücklich. Die Vorschriften greifen das über viele Jahre hinweg formulierte Anliegen auf, die über das FFG geförderten Filme mit barrierefreien Filmfassungen mit Audiodeskription in allen Verwertungsstufen blinden und sehbehinderten Menschen auch tatsächlich zugänglich zu machen. Der DBSV sieht mit diesem Ansatz das Potential, den gleichberechtigten Zugang zum Filmgeschehen für Menschen mit einer Seheinschränkung weiter zu verbessern. Da unter dem Dach der FFA künftig die Förderlinien der Filmförderung noch stärker vereint werden sollen, steht zu erwarten, dass die Vorgaben des neuen FFG insoweit auch auf alle anderen Fördermöglichkeiten durchschlagen und den Zugang zu barrierefreien Filmfassungen weiter verbessern. Der stetige Zuwachs an Angeboten mit Audiodeskription bedeutet für blinde und sehbehinderte Menschen eine deutliche Verbesserung ihrer Teilhabemöglichkeiten und das bringt Inklusion voran.

Die nachfolgenden Ausführungen betreffen Umsetzungsdetails der angestrebten Zielsetzung.

Definition der barrierefreien Filmfassung in § 40 Abs. 8 FFG_E

Ausdrücklich begrüßt wird die Neufassung des § 40 Abs. 8 FFG, der den Fokus auf die Geeignetheit der barrierefreien Filmfassung für die jeweilige Verwertungsstufe nun ausdrücklich in die Begriffsdefinition einbezieht. Es wäre aus Sicht des DBSV wünschenswert, wenn in der Gesetzesbegründung diese Änderung und deren Zweck sichtbar gemacht wird, um für das dahinterstehende Anliegen noch stärker zu sensibilisieren. Mindestens könnte dies durch einen Verweis auf die Begründung zu § 46 Abs. 1 und 2 FFG_E erfolgen. Bislang fehlt eine Gesetzesbegründung zu dieser neugefassten Vorschrift gänzlich.

Erweiterung der Verpflichtung zu barrierefreien Filmfassungen durch die Neufassung von § 46 FFG_E

Zu Abs. 1

Der DBSV begrüßt ausdrücklich, dass künftig die barrierefreie Fassung auf allen Endkopien vorliegen und in der gesamten Verwertungskette des Films zugänglich gemacht werden muss. Das sieht der DBSV als einen ganz wichtigen Beitrag für mehr Teilhabe von blinden und sehbehinderten Menschen am Filmgeschehen und damit auch an gesellschaftlicher Inklusion. Gleichzeitig fördert das FFG damit die Umsetzung der audiovisuellen Mediendiensterichtlinie in Bezug auf die Steigerung von barrierefreien Angeboten. Weiterhin müssen ab dem 29.06.2025 audiovisuelle Mediendiensteanbieter und -hersteller von z. B. Smart-TVs die Voraussetzungen dafür schaffen, dass barrierefreie Filmfassungen, wenn sie zur Verfügung stehen, auch genutzt werden können. Grundlage hierfür ist die Umsetzung der RL (EU) 882/2019 im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und dem Medienstaatsvertrag. Es wäre aus Sicht des DBSV zur Bewusstseinsbildung für die Synergieeffekte hilfreich, wenn die Verknüpfung der Vorgaben im FFG mit den Verpflichtungen aus dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und dem Medienstaatsvertrag in der Gesetzesbegründung des FFG positiv gewürdigt werden.

Zu Abs. 2

Aus Sicht des DBSV ist es zu begrüßen, dass nun Regelungen vorgesehen sind, die es ausschließlich für den Bereich Kino möglich machen, die barrierefreie Filmfassung über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Wiedergabe barrierefreier Fassungen auf Nutzerendgeräten zur Verfügung zu stellen.

Aus Sicht des DBSV sollte die Regelung verbindlicher ausgestaltet werden. Faktisch kann schon heute eine Zurverfügungstellung über eine digitale Anwendung erfolgen und dafür können grundsätzlich auch Förderhilfen genutzt werden. Was aber im Bewusstsein aller Produzenten ankommen muss, ist, dass die Bereitstellung der Audiodeskription über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Widergabe die Regel werden muss. Es herrscht vielerorts immer noch die Annahme, dass die barrierefreie Fassung über das DCP bereitgestellt werden kann. Viele wissen nicht, dass Cinema Connect nicht mehr funktioniert bzw. in gerade einmal rund 20 Kinos verbaut wurde. Es wird daher vorgeschlagen, § 46 Abs. 2 Satz 1 FFG_E wie folgt klarer zu fassen:

„Im Kino soll die barrierefreie Fassung über eine digitale Anwendung zur kinounabhängigen Wiedergabe barrierefreier Fassungen auf Nutzerendgeräten zugänglich gemacht werden.“
Weiterhin sollte klarer definiert werden, welche Voraussetzungen die zum Einsatz kommende digitale Anwendung erfüllen muss. Im Sinne des Verbraucherschutzes und der Barrierefreiheit sieht es der DBSV als erforderlich an, dass die digitale Anwendung

  • mit allen gängigen Betriebssystemen frei zugänglich,
  • für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenfrei nutzbar sowie
  • barrierefrei im Sinne von § 4 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ist.

§ 46 Abs. 2 Satz 2 FFG_E könnte etwa wie folgt gefasst werden:

„Die digitale Anwendung muss barrierefrei im Sinne von § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) in der jeweils gültigen Fassung sein und von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Nutzerendgeräten mit allen gängigen Betriebssystemen kostenfrei genutzt werden können.“

Mindestens sollten die Anforderungen zur kostenfreien Nutzbarkeit mit gängigen Betriebssystemen in die Gesetzesbegründung aufgenommen werden.

Weiterhin ist in den gesetzlichen Vorgaben abzusichern, dass für Kinobesucherinnen und Kinobesucher transparent und barrierefrei kommuniziert wird, über welche digitale Anwendung der jeweilige Film zugänglich gemacht wird. Der DBSV hat auf der mittlerweile etablierten Plattform „Kino für alle“ die Möglichkeit, diese Informationen bereitzustellen. Voraussetzung ist aber, dass die Informationen an den DBSV mitgeteilt und kontinuierliche finanzielle Förderungen für die Pflege der Webseite zur Verfügung gestellt werden.

Abschließend weist der DBSV darauf hin, dass bei den weiteren, der Kinovorführung nachfolgenden Verwertungsstufen, wie u. a. Streamingdiensten, die barrierefreie Fassung direkt über das jeweilige Wiedergabesystem zugänglich sein muss. Hier ist der Einsatz einer App nicht ausreichend. Von daher begrüßt es der DBSV ausdrücklich, dass Absatz 2 Satz 1 FFG_E auf die Vorführung von Filmen im Kino begrenzt ist.

Zu Abs. 3

Sollte der Vorstand von seinem Recht Gebrauch machen, eine Ausnahme von § 46 Abs. 1 zu genehmigen, sollte diese Entscheidung transparent gemacht werden, etwa auf der Webseite der FFA. Dies sollte gesetzlich klargestellt werden.

Diversitätsbeirat

Der DBSV begrüßt die Einrichtung eines Diversitätsbeirates und dessen Verankerung mit einem Sitz im Verwaltungsrat der FFA.

Im vorliegenden Entwurf bleibt für den DBSV allerdings unklar, wie die Partizipation bei der Erarbeitung der maßgeblichen Regelungen sichergestellt werden kann. Die Zusammensetzung des Beirats soll sich aus der Satzung ergeben. Die Satzung wiederum wird durch den Verwaltungsrat der FFA erlassen. Vor dem Erlass einer entsprechenden Satzungsregelung kann es im Verwaltungsrat aber noch keinen Vertretenden des Diversitätsbeirats geben, weil dieser noch nicht definiert ist. Der jetzige Verwaltungsrat hätte es also in der Hand, über die Anzahl und Zusammensetzung des Diversitätsbeirats zu befinden. Das wiederum könnte seine vorgesehene Rolle als kritischer Begleiter schwächen und wäre auch mit dem Grundsatz „nichts über uns ohne uns“ kaum vereinbar.

Aus Sicht des DBSV sollte die Anzahl und die Zusammensetzung des Diversitätsbeirats in § 26 FFG_E geregelt werden. Der DBSV schlägt vor, dass die vertretenden der Gruppe der Menschen mit Behinderungen über den Deutschen Behindertenrat vorgeschlagen werden.

Berlin, 29.02.2024