GFTB-Fachgutachten: „Taubblindheit eine Behinderung eigener Art“ zu den speziellen Bedarfen taubblinder Menschen im Hinblick auf die Teilhabe an der Gesellschaft

Verabschiedet vom Gemeinsamen Fachausschuss hörsehbehindert/taubblind (GFTB) im November 2010.

Kontakt

Gemeinsamer Fachausschuss hörsehbehindert/taubblind (GFTB)
c/o Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband
Reiner Delgado
Rungestraße 19 - 10179 Berlin
Tel: 030 285387-240 - Fax: 030 285387-20
E-Mail: r.delgado@dbsv.org
Web: www.dbsv.org/gemeinsamer-fachausschuss-hoersehbehindert-taubblind-gftb.html

Vorbemerkung

Im gemeinsamen Fachausschuss hörsehbehindert/taubblind (GFTB) sind Organisationen zusammengeschlossen, die sich für die Belange taubblinder und hörsehbehinderter Menschen engagieren. Dies sind:

  • Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV)
  • Arbeitsgemeinschaft der Dienste und Einrichtungen für taubblinde Menschen (AGTB)
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Taubblinder e. V. (BAT)
  • Taubblindendienst e. V.
  • Pro Retina Deutschland e. V.
  • Deutsches Katholisches Blindenwerk e. V. (DKBW)
  • Verband der Katholischen Gehörlosen Deutschlands e. V.
  • Taubblindenassistentenverband e. V. (TBA-Verband)
  • Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS)

Im November 2007 hat der GFTB eine Resolution zur Einführung eines Merkzeichens Tbl für taubblinde Menschen im Schwerbehindertenausweis verabschiedet. Um genauer zu erläutern, welcher Hintergrund diese Resolution hat, legt der GFTB nun dieses Gutachten vor.

Um die Teilhabemöglichkeiten taubblinder Menschen wirklich auszuschöpfen sind noch viele sozialrechtliche Schritte nötig, auf die sich die Bundesrepublik Deutschland mit der Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen verpflichtet hat. Für taubblinde Menschen kommt einem Recht auf persönliche Assistenz dabei besondere Bedeutung zu.

1. Die Ziele der GFTB-Resolution: Wahrnehmung taubblinder Menschen und Ausstattung dieser Gruppe mit Rechten

Taubblinde Menschen müssen ihr Leben mit erheblichen Hindernissen gestalten. Blinde Menschen können den Verlust des Sehsinnes teilweise durch das Hören ausgleichen. Wer gehörlos ist, kann vieles durch das Sehen kompensieren. Bei taubblinden Menschen fehlen diese beiden wichtigsten Sinne und ein gegenseitiger Ausgleich ist nicht möglich.

Dennoch können taubblinde Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben  und ihre Persönlichkeit entfalten, wenn dafür die nötigen Voraussetzungen geschaffen sind.

Taubblinde Menschen brauchen die Solidarität der Gesellschaft, damit sie ein erfülltes Leben gestalten können. Die Voraussetzungen dafür muss die Gesellschaft ihnen geben.

2. Die Auswirkungen von Taubblindheit im alltäglichen Leben

2.1 Vorstellung einzelner Personen

Im Folgenden werden taubblinde Menschen vorgestellt. Dabei kommt zum Ausdruck, welche Hilfen die betreffenden benötigen und was sie mit diesen Hilfen alles erreichen können. Ein auf drei Jahre befristetes Projekt der Beratung taubblinder Menschen in Nordhrein-Westfalen hat dazu beigetragen, die Situation vieler Betroffener zu verbessern, wie die Beispiele zeigen. Leider wurde das Projekt aber bisher nicht verstetigt.

2.1.1 Erfülltes Leben durch die richtigen Hilfen

Herr F. ist 65 Jahre alt, von Geburt gehörlos und seit etwa 10 Jahren völlig erblindet. Seit dem Tod seiner Frau (ebenfalls gehörlos) im Jahr 2006 lebt er allein in der vorher gemeinsam genutzten Wohnung. Es gibt nur sehr selten Kontakte zu weiteren Verwandten. Nach dem Tod seiner Frau erschien zunächst eine Heimunterbringung im Deutschen Taubblindenwerk in Hannover als die einzig mögliche Alternative. Ein dreiwöchiger Probeaufenthalt war für Herrn F. entscheidend. Er wollte - wenn irgend möglich - in seiner Wohnung verbleiben. Ausschlaggebend sind 2 Gründe:

  1. Er möchte nicht im Heim leben.
  2. Er möchte seine gewohnte Umgebung nicht verlassen. Im Taubblindenheim fühlte er sich eingeengt. Ein Verbleiben in seiner Wohnung war nur mit vielfältiger Hilfe, Assistenz und Beratung zu realisieren.

Drei Jahre später meistert Herr F. sein Leben als allein stehender Taubblinder: Herr F. ist sehr kontaktfreudig, hält die Verbindung zu gehörlosen Freunden, ist in ständigem Kontakt zu anderen Taubblinden und profitiert von allen Freizeit- und Bildungsangeboten der Selbsthilfegruppen für Taubblinde. Er nutzt auch die Angebote des örtlichen und eines benachbarten Blinden- und Sehbehindertenvereins. Herr F. ist ein begeisterter Sportler und nimmt jedes Angebot zu sportlicher Betätigung wahr: Schwimmen, Tandemfahren, Wandern und Rudern. So nimmt Herr F. trotz der durch die Taubblindheit bedingten Einschränkungen sehr aktiv am Leben teil.

Die Bausteine und die Voraussetzungen, unter denen sie realisiert werden konnten:

  • sehr (zeit)intensive Beratung durch das zeitlich befristete Projekt "Beratung und Unterstützung für Taubblinde Menschen in Nordrhein-Westfalen".

Die wenigsten Familien, die Taubblinde in ihrer Mitte haben, waren über die Existenz der Beratungsstelle informiert. Leider ist das Projekt nach Ablauf der Befristung nicht fortgeführt worden.

  • intensive Rehabilitationsmaßnahmen in den Bereichen Orientierung und Mobilität, lebenspraktische Fähigkeiten, Kommunikationstechniken wie Blindenschrift und Computertraining.

Im Normalfall sind diese Maßnahmen den Betroffenen nicht bekannt. Die Beantragung gestaltet sich außerordentlich schwierig, weil es einerseits kein Fachwissen über die beantragten Leistungen bei den zuständigen Kostenträger gibt (es fühlt sich niemand zuständig) und andererseits (bei Zuständigkeit der Sozialämter) zuerst das gesamte Familienvermögen aufgezehrt sein muss. So wird aus einer schweren Behinderung eines Familienmitglieds eine nun auch finanziell schwere Belastung für die ganze Familie.

  • Hilfsmittel: PC mit Braillezeile, Blindenlangstock, Hindernismelder mit Vibration, Handschild, Kommunikationskarten, Türklingel mit Vibrationsmelder, Taubblindenwecker, Lichtsignalgeber mit Vibration

Im Normalfall sind diese Hilfsmittel den Betroffenen nicht bekannt. (...)

  • Assistenz für mindestens 20 Stunden in der Woche, die z. Z. glücklicherweise großen Teils sehr qualifiziert und trotzdem ehrenamtlich geleistet wird. Hinzu kommt eine Haushaltshilfe.

Im Normalfall ist die Möglichkeit, Taubblindenassistenzen zu beauftragen, den Betroffenen nicht bekannt oder es findet sich kein zuständiger Kostenträger.

Herr F. bekommt sehr viel Hilfe auf ehrenamtlicher Basis. Er hat Menschen, die sich weit über jedes übliche Maß hinaus für ihn einsetzen und unermüdlich Aufgaben übernehmen und ausführen. Dieses Ehrenamt kennt keinen Urlaub und keine Krankheit, denn Herr F. braucht diese Hilfe . Es liegt auf der Hand, dass eine solch gute Versorgung weder über viele Jahre hinweg funktionieren noch auf andere Taubblinde übertragen werden kann.

Qualifizierte Beratung, ehrenamtliche Helfer und Betreuer, ausgebildete Taubblinden- Assistenten und erfolgreich abgeschlossene Rehabilitationsmaßnahmen haben Herrn F. ein selbstständiges Leben nach seinen Wünschen und Bedürfnissen ermöglicht.

2.1.2 Teilhabe mit Hilfsmitteln und Assistenz

Frau T. ist 1960 stark sehbehindert, voll hörend geboren. Sie hat nach dem Abitur mehrere Jahre verschiedene Sprachen studiert. Sie ist kontaktfreudig, sprachlich-musisch orientiert, reiselustig und sportbegeistert. Mitte der 90er Jahre wurde sie schwerhörig. Seit 1998 ist sie gesetzlich blind und inzwischen auch an Taubheit grenzend schwerhörig. Sie kann keine Gebärdensprache.

Zwischen 1997 und 2001 hat Frau T. an einer beruflichen Rehabilitation für Sehbehinderte und Blinde teilgenommen und die Punktschrift sowie das Bedienen eines PC mithilfe von Screenreader (wandelt den Bildschirminhalt in Punktschrift) und Braillezeile erlernt. Sie hat hier auch Mobilitätstraining, angepasst an die eingeschränkte Hörfähigkeit, erhalten. Die Rehamaßnahme wurde nicht abgeschlossen. Seit 2001 ist Frau T. erwerbsunfähig. Da ihre berufliche Laufbahn wegen der Behinderungen kurz war, liegt ihre Rente deutlich unter dem Niveau der Grundsicherung (ca. 240 € mtl.).

So ist es Frau T. möglich, auch mit ihrer Taubblindheit, selbständig zu leben:

  • Telefon wird teils mithilfe von E-Mail und teils mit ihrem Chat erledigt (Der internetbasierte Chat ist selbst organisiert bzw. programmiert).
  • Über Internet nicht erreichbare Gesprächspartner werden mithilfe von Assistenz kontaktiert.
  • Die Versorgung mit aktuellen Nachrichten, Informationen und Kommentaren wird mithilfe des Internets abgedeckt. - Persönliches Vorsprechen kann ausschließlich mit Assistenz und/oder Dolmetschung erfolgen.
  • Frau T. braucht Hilfe im Haushalt.
  • Sie kann im Lebensmittelladen nebenan allein einkaufen, für alle anderen Einkäufe braucht sie Assistenz.

Frau T. möchte gern wieder reisen. Sie ist sehr mobil und reist NRW-weit allein, soweit ihr die Bahnhöfe bekannt und keine Straßen zu überqueren sind. Um diese Fahrten vorzubereiten (Zugverbindungen, Busse, Hilfe beim Umsteigen) nutzt sie das Internet. Sie bereitet Kommunikationskarten und Zuginformationen selbst mithilfe des PC (Zeile) auf.

Im Rahmen der Rehabilitationswoche, veranstaltet von der Fachgruppe „Taubblinde und Hörsehbehinderte im Blinden- und Sehbehindertenverein Nordrhein-Westfalen" hat Frau T. das Lormen kennen gelernt und nutzt es aktiv. Auch die Anwendung von Assistenz wurde erlernt. Frau T. profitiert sehr von der Erfahrung, mit dieser Behinderungsart nicht allein zu stehen.

Für Arztbesuche, Behördenkontakte u. a. m. braucht Frau T. dringend den Einsatz eines Dolmetschers für Taubblinde. Sie kann komplexe Inhalte nur mehr schriftlich verstehen, obwohl sie selbst deutlich sprechen kann. Da sie das Merkzeichen GL nicht hat, kann sie keine Dolmetschleistungen beantragen. Ärzte, Praxispersonal und Sachbearbeiter können sich nicht in einer für Frau T. verständlichen Form mitteilen, so dass wichtige Informationen schlicht nicht wahrgenommen werden.

Frau T. nutzt folgende Hilfsmittel:

  • Hörgeräte und Mikroportanlage (finanziert durch Krankenkasse)
  • Assistenz (bislang selbst bezahlt)
  • Blindenlangstock (finanziert durch Krankenkasse)
  • Schutzbrille für die Augen wg. Blendempfindlichkeit, Verletzungsgefahr (selbst beschafft)
  • Blindenführhund (finanziert durch Krankenkasse)
  • PC mit Screenreader (SR) und Braillezeile (PC selbst beschafft, SR und Zeile finanziert durch Krankenkasse)
  • Mobiler PC (mit SR und Zeile) für Kommunikation außer Haus (selbst beschafft)
  • Hilfsmittel im Haushalt, soweit bei Taubblindheit anwendbar (selbst beschafft)

Frau T. hat durch die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe von der Beratungsstelle erfahren und nutzt sie.

Die Beantragung der Hilfsmittel dauert zum Teil mehrere Jahre, wie auch aus den nachfolgenden Beispielen deutlich wird.

2.1.3 Suizidgefahr durch Isolation

Der Usher Typ I Betroffene Herr U. lebt bei seinen Eltern in einem Dorf. Er ist gehörlos und stark sehbehindert. Da seine Augen zunächst noch genügend Sehvermögen aufweisen, ist er in der Lage zu arbeiten. Mit zunehmender Zeit verschlechtert sich jedoch sein Sehvermögen, ohne, dass es ihm selber auffällt. Deutlich zeigt sich dies durch beginnende Kommunikationsprobleme mit seinen Kollegen und Eltern. Schließlich wird bei Herrn U. Erwerbsunfähigkeit festgestellt und er arbeitet nicht mehr. Er zieht sich immer mehr aus dem sozialen Leben zurück. In seiner Selbstständigkeit wird er zunehmend eingeschränkt. Es passiert, dass er beim Einkauf Waren durch einen Ellenbogen-Stoß beschädigt oder sich Verletzungen durch Straßenunfälle, wie zum Beispiel Übersehen einer Bordsteinkante, zufügt. Öffentliche Verkehrsmittel kann er gar nicht mehr nutzen. Für seine Eltern entsteht in dieser Zeit eine enorme Belastung, was zur Folge hat, dass sie erkranken. Herr U. reagiert zunehmend aggressiver und Depressionen beginnen seinen Alltag zu bestimmen.

Herr U. fühlt sich vollkommen isoliert und daraus resultieren vermehrt Suizidgedanken.

2.1.4 Der Weg des kleinen Timo

Ich arbeite im Deutschen Taubblindenwerk Hannover und betreue taubblinde Kinder. Als Timo ein halbes Jahr alt war, besuchte ich ihn das erste Mal in seiner Familie. Timo hat das Charge-Syndrom. Menschen mit Charge Syndrom haben fast immer eine Hör- und Seheinschränkung, Fehlbildungen der Atmungsorgane und des Rachenraums, Gleichgewichts- und Wahrnehmungsstörungen, Herzfehler und Entwicklungsverzögerungen. Zuerst ging es darum herauszufinden, wie stark die Hör- und Sehschädigung bei Timo war. Er reagierte auf Licht, verfolgte bunte Gegenstände mit den Augen und griff auch nach Gegenständen, um sie nahe an seine Augen zu führen. Auf Geräusche, Stimmen und Musik reagierte er nicht.

Wir kündigten bestimmte Dinge nun immer mit bestimmten Zeichen an, z. B. die Hörförderung mit einer kleinen Puppe und die Sehförderung mit einer roten Clownsnase.

Ich besuchte die Familie alle drei Monate. Vor allem beriet ich die Eltern, wie sie ihr Kind fördern und mit ihm kommunizieren können. Als Timo zwei Jahre alt war, bekam er ein Cochlearimplantat eingesetzt. Das ist eine Innenohr- Prothese, die mit Hilfe von Elektroden die Hörreize an den Hörnerv weiterleitet. Damit können auch gehörlose Menschen hören lernen. Timo besuchte einmal wöchentlich die CI-Förderung in Essen. Er lernte, Höreindrücke zu verstehen. Wie hört sich das Telefon, der Staubsauger an, wie wenn Mama ein Lied singt usw. Es dauerte lange, bis Timo erste Reaktionen auf Höreindrücke zeigte: ein kurzes Aufmerken, einen Gegenstand immer wieder auf den Boden schlagen. Dennoch interessierte sich Timo weiter mehr für Seheindrücke.

Wir benutzten bei Timo auch Gebärden, z.B. für Mama, essen, komm, aufstehen, fertig. Mittlerweile hatte er auch gelernt, sich robbend vorwärts zu bewegen und sich an Gegenständen hochzuziehen. Wenn ihm etwas gefiel lachte er laut und herzhaft. Mit drei Jahren kam er in einen heilpädagogischen Kindergarten. Krankengymnastik und Ergotherapie waren nachmittags zu Hause. Inzwischen fahre ich nur noch zweimal im Jahr in die Familie, wenn das Treffen aller Förderpersonen ist. Nun ist Timo sechs Jahre alt und dieses Jahr wird er zur Schule kommen. Es ist schwierig, eine geeignete Schule für ihn zu finden. Die Eltern möchten ihn zu Hause behalten, so dass er nicht in die Schule für Taubblinde und Hörsehgeschädigte nach Hannover kommen wird. Es ist noch nicht sicher, ob er in die Schule für Hörgeschädigte oder in eine Körperbehindertenschule gehen wird. Seit einem halben Jahr hat Timo noch einen kleinen Bruder und sein großer Bruder spielt gerne mit ihm. Schön, dass er in so einer liebevollen Umgebung aufwachsen kann. Er hat viel gelernt in diesen sechs ersten Jahren, aber ein langer Weg liegt noch vor ihm und vor allen, die ihn auf diesem Weg begleiten.

2.1.5 Wie beantragt man als taubblinder Mensch persönliche Assistenz

Behinderten Menschen ist Eingliederungshilfe zur Teilhabe an der Gesellschaft zu gewähren (siehe 4.4.3 und 5.4). Der GFTB sieht diese Möglichkeit auch als Chance an, persönliche Taubblindenassistenz als Eingliederungshilfe nach Sozialhilferecht zu finanzieren.

Das folgende Beispiel zeigt, wie es einem Betroffenen genau bei diesem Anliegen erging und wie er von den Behörden über zwei Jahre hingehalten wurde, bis er aufgab.

Am 24. August 2007 beantragte der taubblinde und verrentete Herr P. bei seiner Stadtverwaltung formlos persönliche Assistenz. Da die Stadtverwaltung nicht reagierte, fragte Herr P. ein halbes Jahr später am 17. März 2008 bei der Stadtverwaltung schriftlich nach, die ihm am 11. April 2008 mitteilte, sein Antrag sei wohl verlorengegangen und ihm ein Antragsformular für Sozialhilfe beilegte.

Mit Hilfe der Beratungsstelle für taubblinde Menschen in Nordrhein-Westfalen (befristetes und beendetes Projekt) stellte Herr P. am 2. Mai 2008 erneut einen Antrag auf persönliche Assistenz zusammen mit dem ausgefüllten Sozialhilfeantrag. Da die Stadtverwaltung erneut nicht reagierte, erinnerte Herr P. zehn Monate später am 26. Februar 2009 an seinen Antrag, worauf ihm mitgeteilt wurde, sein Antrag sei an den Landschaftsverband weitergeleitet worden. Die Stadt konnte dazu jedoch keine weiteren Angaben machen, z. B. über die dort zuständige Person. Nachfolgend erhielt Herr P. vom Integrationsfachdienst (der offenbar eingeschaltet wurde und für die berufliche Integration behinderter Menschen zuständig ist) die Nachricht, dass sein Antrag an die Stadt zurückgegeben worden sei, da Herr P. nicht berufstätig ist. Herr P. erfuhr als nächstes von der Beratungsstelle für taubblinde Menschen über sein Anliegen. Die fragt ihn im Auftrag der Stadtverwaltung, welcher Gebärdensprachdolmetscher für einen Untersuchungstermin hinzuzuziehen ist. Herr P., der die deutsche Gebärdensprache nicht beherrscht, fragte darauf hin am 10. März 2009 bei der Stadtverwaltung nach dem Verbleib seines Antrags und danach, was bei welchem Termin von welcher Person mit welcher Qualifikation untersucht werden soll. Nachfolgend gelingt es der Stadtverwaltung nicht, Herrn P. verständlich zu erläutern, welcher Untersuchungstermin bei ihm zu Hause stattfinden soll. Am 17. März 2009 fordert die Stadtverwaltung ihn stattdessen auf, schnellstens einen Antrag auf Arbeitsassistenz bei der Krankenkasse oder Pflegekasse zu stellen, da die Sozialhilfe nachrangig sei. Auf die Terminanfrage einer Dolmetschervermittlungs-stelle hin bei Herr P., fragt dieser erneut bei der Stadt nach, welchem Zweck der Hausbesuch bei ihm dienen soll. Er ist verunsichert, dass fremde Personen in seine Wohnung kommen sollen. Darauf erhielt Herr P. keinerlei Antwort mehr. Er fühlte sich dem gesamten Verfahren nicht mehr gewachsen. Zwischenzeitlich war auch sein Antrag mit Widerspruch und Klage auf Zuerkennung des Merkzeichens Gl im Schwerbehindertenausweis durch Verfristung gescheitert.

Herr P. hat in der Sache keine weiteren Schritte mehr unternommen.

2.1.6 Kommunikation mit den richtigen Hilfsmitteln

Das folgende Beispiel zeigt gleichsam sehr eindringlich, dass taubblinden Menschen oft unzumutbare, bürokratische Hemmnisse aufgebürdet werden, weil die zuständigen Stellen Taubblindheit als Behinderung mit besonderem Hilfebedarf nicht kennen und anerkennen.

Am 15.07.2004 wurde für Frau L. ein PC mit einer Braille-Zeile, dem dazugehörigen Screenreader (Bildschirmauslesesoftware) in Verbindung mit einem computergestützten Kommunikationssystem und einem offenen Lesesystem (Scanner mit entsprechender Software) bei der zuständigen Krankenkasse beantragt und durch den Leiter der Abteilung Rehabilitation des Deutschen Taubblindenwerkes begründet.

Mit Schreiben vom 14.12.2004 wurde seitens der Krankenkasse mitgeteilt, dass lediglich ein Zuschuss zu der Braille-Zeile genehmigt, der PC jedoch nicht übernommen werden könne.

Am 06.01.2005 wurde Widerspruch mit Begründung gegen den Bescheid eingelegt.

Mit Schreiben vom 15.03.2005 wurde seitens der Krankenkasse mitgeteilt, dass der Widerspruch abgelehnt sei mit der Begründung: „… wurde Ihnen eine Kostenübernahme von … zugesagt. Mit diesem Betrag ist die Krankenkasse ihrem gesetzlichen Auftrag auf Versorgung mit Blindenhilfsmitteln in vollem Umfange nachgekommen. Eine darüber hinausgehende Zusage ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich." Auf telefonische Anfrage bei der Krankenkasse, warum einer taubblinden Person nur ein Zuschuss für eine Braille-Zeile genehmigt werde und das für sie wichtige Kommunikationsgerät keine Berücksichtigung fand, kam von der Sachbearbeiterin die Auskunft: die (gehörlose) Person könne ja die synthetische Sprachausgabe nutzen und sich Texte damit vorlesen lassen.

Frau L. hat daraufhin geklagt und das Sozialgericht hat Frau L. im November 2005 eineinhalb Jahre nach ihrem Antrag Recht gegeben. Die Krankenkasse musste neben dem Zuschuss zu der Braille-Zeile auch den dazugehörigen Screenreader, sowie das computergestützte Kommunikationsgerät und das offene Lesesystem (Scanner und entsprechende Software) für Frau L. bereitstellen, der PC musste selbst finanziert werden.

2.2 Personengruppen

2.2.1 Geburtstaubblinde Menschen

Bei komplexen Behinderungen tritt oft auch eine Beeinträchtigung des Hör- und Sehsinns auf, z. B. bei Kindern, die so früh geboren werden, dass Augen und Ohren noch nicht ausgereift sind. Diese Menschen leben mit Einschränkungen ihrer körperlichen, geistigen und Sinnesfunktionen, deren Ausmaß im Einzelnen oft nicht genau festgestellt werden kann, da die einzelnen Behinderungen sich stark gegenseitig beeinflussen.

Die Betroffenen brauchen i. d. R. in ihrem gesamten Leben intensive Förderung, Betreuung und auch Pflege. Durch geeignete Bildungs- und Fördermaßnahmen können aber auch sie Fähigkeiten entwickeln.

2.2.2 Usher I Betroffene (geburtsgehörlose Menschen mit RP)

Geburtsgehörlose Menschen wachsen i. d. R. mit der Gebärdensprache als ihrer Muttersprache auf. Diese Sprache hat eine ganz eigene Syntax und Grammatik. Wenn Geburtsgehörlose die Laut- bzw. Schriftsprache erlernen, ist diese für sie eine sehr komplizierte Fremdsprache, die sie sich nur schwer aneignen können. Gehörlose sind daher als kulturelle und sprachliche Minderheit anzusehen, die in sehr

vielen Lebenssituationen für die Kommunikation mit Hörenden eine Verdolmetschung benötigen. Wenn gehörlose Menschen erblinden, z. B. durch das erbliche Usher-Syndrom Typ I, werden ihre Möglichkeiten der Kommunikation, Orientierung und Informationsaufnahme erheblich eingeschränkt. Sie können Umgebungseindrücke nicht mehr sehen, Hinweise nicht mehr lesen, nicht mehr schriftlich kommunizieren und sogar die Gebärdensprache mit anderen Gehörlosen nicht mehr so nutzen wie vorher. Die Gebärdensprache muss dann an das kleinere Sehfeld angepasst werden oder sie müssen die taktile Gebärdensprache einüben und benutzen. Die Beispiele in 2.1.1 und 2.1.3 zeigen sehr deutlich den intensiven Hilfebedarf dieser Gruppe.

2.2.3 nichtbehinderte oder blinde Menschen, die die Taubblindheit im Lauf des Lebens erworben haben (lautsprachlich aufgewachsen)

Durch Erkrankungen oder Unfälle können Menschen ihre Hör- und Sehfähigkeit einbüßen bzw. blinde Menschen ihre Hörfähigkeit verlieren. Diesen Personen ist die Laut- und Schriftsprache vertraut. Sie können für andere verständlich sprechen und sich mit Hilfe der Blindenschrift - sofern ihr Tastsinn das Erlernen erlaubt - auch eigenständig Informationen aneignen. Voraussetzung dafür sind jedoch intensive Reha-Maßnahmen. Auch diese Personen sind in den Bereichen Kommunikation, Information, Mobilität und alltägliche Lebensführung auf zahlreiche Assistenzleistungen angewiesen, wie das Beispiel in 2.1.2 zeigt.

Zu dieser Personengruppe gehören auch vom Usher-Syndrom Typ II Betroffene, die mit oft progredienter Schwerhörigkeit geboren werden und durch Retinitis Pigmentosa fortschreitend erblinden.

2.3 Hilfebedarfe taubblinder Menschen in verschiedenen Lebens-bereichen

Die Darstellung der genannten einzelnen Personen und Personengruppen zeigt einen großen Bedarf an den unterschiedlichsten Hilfen. Diese werden nachfolgend näher beschrieben.

2.3.1 Kommunikation

Nicht behinderte Menschen kommunizieren i. d. R. durch Laut- und Schriftsprache. Beide Formen sind für taubblinde Menschen weitgehend unzugänglich.

Lautsprachliche Kommunikation ist im häuslichen Umfeld am Telefon nötig und mit Besuchern wie einem Postboten, Handwerkern,  Nachbarn u. a. Außer Haus ist lautsprachliche Verständigung beim Einkaufen, beim Arzt, bei Behörden, ggf. der Orientierung und bei allen anderen gesellschaftlichen und kulturellen Ereignissen unumgänglich. Lautsprachliche Verständigung ist vor allem auch bei der Pflege sozialer Beziehungen zu Verwandten, Freunden, Kollegen und in allen anderen sozialen Zusammenhängen nötig und im Berufsleben unverzichtbar.

Blinde Menschen können durch Sprache,  z. B. mit Hörbüchern, synthetischer Sprachausgabe am Computer oder einfach per Telefon, manche Defizite - vor allem bei der schriftlichen Kommunikation - ausgleichen. Das ist für taubblinde Menschen nicht möglich.

Die Schriftsprache ist der Lautsprache entlehnt. Im persönlichen Bereich dient Schriftsprache der Pflege sozialer Kontakte und der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, im Umgang mit Behörden und anderen Dienstleistern. In beruflichen Zusammenhängen ist der Verzicht auf Schriftsprache undenkbar.

Für taubblinde Menschen ist Kommunikation mittels Schriftsprache wesentlich komplizierter als für Personen die "nur" blind sind. Sie können sich nicht der vorgelesenen Sprache, sondern müssen sich - sofern sie diese überhaupt beherrschen - der Brailleschrift bedienen.

Für geburtsgehörlose, erblindete Menschen ist der Zugang zur Kommunikation besonders erschwert, weil sie vielfach auf die ihnen sehr fremde Schriftsprache verwiesen sind und zu deren Nutzung auch noch die Blindenschrift lernen müssen. Auch die Kommunikation durch Lormen oder das Fingeralphabet basiert auf der Schriftsprache.

Möglichkeiten der direkten Kommunikation für taubblinde Menschen sind:

  • a) taktile Gebärdensprache:

Die deutsche Gebärdensprache wird dabei so modifiziert, dass sie mit den Händen ertastet werden kann. Als Kommunikationspartner kommen nur Personen in Betracht, die die deutsche Gebärdensprache fließend beherrschen und außerdem in der Anwendung taktiler Gebärdensprache geschult sind.

Mehrfach behinderte taubblinde Menschen können auch ganz elementare einfache Zeichen und Gebärden anstelle einer komplexen Sprache erlernen.

  • b) Lormen und andere Tastalphabete

Beim Lormen bedeuten bestimmte Berührungen der Handfläche die einzelnen Buchstaben des Alphabets. Die Kommunikationspartner können sich also Worte und Sätze gegenseitig in die Hände buchstabieren. Alternativ kann auch das deutsche Fingeralphabet verwendet werden, dass vom taubblinden Kommunikationspartner ertastet werden kann. Voraussetzung für diese Kommunikation ist gute Schriftsprachkompetenz.

  • c) Kommunikation über Schrift.

Vor allem solche taubblinde Menschen, die die Gebärdensprache nicht erlernt haben, können über Schrift kommunizieren. Mit geringem Sehvermögen können sie evtl. stark vergrößerte Schrift am Bildschirm lesen oder die Brailleschrift auf einer Braillezeile zum Anschließen an den Computer. So können sie Inhalte, die eingetippt werden, mitlesen.

Diese Art der direkten Kommunikation mit anderen kann durch Schriftdolmetscher gewährleistet werden.

Um direkt mit sehenden und hörenden Menschen zu kommunizieren, benötigen taubblinde Menschen Verdolmetschung. In Zusammenhängen, wo der Inhalt der Kommunikation äußerst wichtig ist, sind dafür ausgebildete Gebärdensprach- Taubblinden- oder Schriftdolmetscher nötig, wie etwa bei Behörden, beim Arzt oder vor Gericht.

2.3.2 Information

Das oben Gesagte gilt entsprechend auch für den Bereich der Information. Alle Informationsquellen wie Printmedien, Internet, Rundfunk und Fernsehen sind für taubblinde Menschen zunächst unzugänglich. Mit speziellen Hilfsmitteln können sich die Betroffenen im geringen Umfang auch eigenständig Informationen aneignen. In vielen Bereichen benötigen sie dafür jedoch Assistenz und/oder sogar Dolmetschleistungen.

Neben der Informationsversorgung durch die Medien sind auch Informationen im direkten Umfeld wichtig, um den Alltag zu bewältigen und sich ein Bild von der direkten Umwelt und dem sozialen Umfeld machen zu können.

In was für ein Haus gehen wir gerade; ist es groß, klein, alt oder neu?

Wer befindet sich gerade im Raum?

Wie heißen die Menschen, die mir gegenüber stehen? Wie sehen sie aus? Welche Funktion oder Rolle haben sie gerade?

Wie ist die Straße und die Gegend, durch die wir gerade gehen?

All dies sind Fragen, die sich nicht sinnesbehinderte Menschen selbstverständlich selbst beantworten. Taubblinde Personen brauchen dafür Assistenz.

2.3.3 Mobilität

Taubblinde Menschen können sich - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht selbständig außer Haus bewegen. Das selbständige Bewegen im Straßenverkehr ist schon für viele blinde Menschen eine große Herausforderung. Für Taubblinde ist selbst das Überqueren kleiner Straßen ohne Begleitung unmöglich.

Assistenzpersonen, die taubblinde Menschen begleiten, müssen nicht nur sicher in Führtechniken für blinde Menschen sein, sondern auch unterwegs mit den Betroffenen kommunizieren und Gesprächsinhalte und zusätzliche Informationen bedarfsgerecht vermitteln können.

2.3.4 tägliche Lebensführung

Für viele alltägliche Tätigkeiten beim eigenständigen Führen des Haushaltes ist Seh- oder Hörvermögen nötig.

  • Wann kocht das Wasser?
  • Läutet jemand an der Tür?
  • Wie werde ich morgens wach?
  • Welche Farbe haben Kleidungsstücke?
  • Hat mein Besuch das Licht angelassen?
  • Habe ich Fieber?

Blindenhilfsmittel mit Sprachausgabe oder Signaltönen, die viele Arbeiten im Haus ermöglichen, sind für taubblinde Menschen nicht nutzbar. Daher haben die Betroffenen auch im häuslichen Bereich einen hohen Assistenzbedarf.

3. Taubblindheit und Hörsehbehinderung - Definitionen und Abgrenzungsmerkmale

3.1 Vorstellung der vorhandenen Definitionen

3.1.1 Die Merkzeichen Gl und Bl im Schwerbehindertenausweis

Bei der sozialrechtlichen Feststellung von Taubblindheit könnte es naheliegen, das Zusammentreffen der beiden Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis Bl (blind) und Gl (gehörlos) als Nachweis dieser Behinderung anzusehen. Mit dieser Sichtweise wird man jedoch der Taubblindheit und ihrer Eigenart nicht gerecht und zwar aus folgenden Gründen:

  • a) Wie im nächsten Abschnitt erläutert, kommt die besondere Beeinträchtigung der Lebensumstände taubblinder Menschen dadurch zustande, dass die Betroffenen den Ausfall einer Sinneswahrnehmung nicht durch den anderen Fernsinn ausgleichen können. Diese Situation tritt schon ein, wenn Hör- und Sehsinn weniger beeinträchtigt sind, als für die beiden Merkzeichen nötig.

In den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" unter D 4 (Merkzeichen Gl) heißt es: "Gehörlos sind nicht nur Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Das sind in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben ist."

Das Merkzeichen Gl wird also primär bei Personen vergeben, die von Kindheit an gehörlos sind und den üblichen Laut- und Schriftspracherwerb nicht vollständig durchlaufen haben. Ein großer Teil der gehörlosen Menschen ist hierdurch also nicht erfasst. Entsprechend haben nicht alle taubblinden Menschen beide Merkzeichen in ihrem Schwerbehindertenausweis. Da das Merkzeichen Gl im Schwerbehindertenausweis oft die Voraussetzung für die Zuerkennung von Dolmetschleistungen ist, sind viele gehörlose Menschen von diesen Leistungen ausgeschlossen.

  • b) Gehörlose Menschen sind sehr stark auf die Auswertung ihres Sehsinns angewiesen. Sie müssen auch dann bereits erhebliche Einschränkungen ihrer selbstbestimmten Teilhabe am sozialen Leben hinnehmen, wenn ihre Sehfähigkeit noch nicht so weit eingeschränkt ist, dass die Zuerkennung des Merkzeichens Bl möglich ist.
  • c) Das statistische Bundesamt erfasst Behinderungen nur nach einem Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis und zwar nach dem, dass nach Einschätzung des jeweiligen Sachbearbeiters als das für die schwerste Behinderung angesehen wird. Die statistische Erfassung anhand der bisherigen Merkzeichen kann also nicht dazu führen, verlässliche Zahlen von taubblinden Menschen zu ermitteln.

3.1.2 Die Definition des Europäischen Parlamentes

Am 12. April 2004 erklärte das Europäische Parlament, dass es Taubblindheit als eine Behinderung eigener Art ansieht und forderte die EU-Mitgliedsstaaten auf, dieser Tatsache Rechnung zu tragen und taubblinde Menschen entsprechend zu unterstützen und zu fördern.

Das Europäische Parlament versteht unter Taubblindheit:

„... eine ausgeprägte Behinderung in Form einer Kombination von Seh- und Hörbehinderungen ..., was zu Schwierigkeiten beim Zugang zur Information, Kommunikation und Mobilität führt, ... dass einige dieser Menschen völlig taubblind sind, die meisten von ihnen jedoch noch über eingeschränkte Fähigkeiten zum Gebrauch eines oder beider Sinne verfügen"

3.1.3 Die Definition von Taubblindheit des gemeinsamen Fachausschusses hörsehbehindert/taubblind (GFTB) und der Arbeitsgemeinschaft der Einrichtungen und Dienste für taubblinde Menschen (AGTB)

GFTB und AGTB sehen in Taubblindheit eine Situation, die durch die gleichzeitige Einschränkung zweier Sinne bewirkt wird und dadurch in ihren Auswirkungen zu einer besonderen Behinderungsart führt:

"Taubblind sind Menschen, bei denen gleichzeitig

  • a) die optische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
    • kein Sehvermögen besteht oder
    • das vorhandene Sehvermögen so gering ist, dass es auch durch den Einsatz geeigneter Sehhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbaren optischen Wahrnehmung nicht gesteigert werden kann, und gleichzeitig
  • b) die akustische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
    • kein Hörvermögen besteht oder
    • das vorhandene Hörvermögen so gering ist, dass es auch durch den Ein  satz geeigneter Hörhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der   Gesellschaft verwertbaren akustischen Wahrnehmung nicht gesteigert   werden kann, und
  • c) ein natürlicher wechselseitiger, für eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbarer Ausgleich durch Sinnesreste nicht stattfindet und auch nicht entwickelt werden kann."

3.1.4 Definition von Behinderung nach der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen (BRK)

„Der Begriff behinderte Menschen umfasst Menschen mit langfristigen körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesschädigungen, die sie im Zusammenwirken mit verschiedenen Barrieren daran hindern können, gleichberechtigt mit anderen uneingeschränkt und wirksam an der Gesellschaft teilzunehmen." (Art 1 BRK)

Diese Beschreibung zeigt, dass Einschränkungen im Leben behinderter Menschen zwar einerseits von ihren individuellen persönlichen Voraussetzungen determiniert sind, andererseits aber auch dadurch bestimmt werden, wie die Gesellschaft auf Menschen mit solchen Eigenheiten eingerichtet ist und mit ihnen umgeht. Wenn die Gesellschaft den Betroffenen die nötige Förderung, Hilfsmittel, persönliche Assistenz und barrierefreie Gestaltung von Informationen und öffentlichem Raum vorenthält, kann Taubblindheit zu massiven Beschränkungen eines Lebens in Würde, Selbstbestimmung und mit Teilhabe an der Gesellschaft führen.

Diese Sichtweise von Behinderung kommt auch bereits in der internationalen Klassifizierung von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) von 2001 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Ausdruck.

3.2 Taubblindheit als Ausprägung eines spezifischen Assistenz- und Hilfebedarfs

Wenn wir Taubblindheit im Sinne der UN-BRK und der ICF als spezifische Ausprägung von Teilhabebeschränkung verstehen, so lässt sie sich an Hand dessen beschreiben, welche Maßnahmen erforderlich sind, um für taubblinde Menschen die Barrieren für Teilhabe abzubauen. Wie in Abschnitt 3.3 beschrieben, benötigen taubblinde Menschen in folgenden Bereichen Unterstützung, um ihre Teilhabechancen nutzen zu können:

  • Kommunikation
  • Information
  • Mobilität
  • alltägliche Lebensführung
  • spezifische Hilfsmittel
  • Förder-, Reha- und Bildungsmaßnahmen

Die Behinderung Taubblindheit zeichnet sich also dadurch aus, dass die Betroffenen ihr Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft nur mit Hilfen in den genannten Bereichen realisieren können.

Wie sehen die Hilfen aus, die taubblinden Menschen diese Teilhabe erleichtern?

a) Persönliche Assistenz

In den oben unter 2.3.1. bis 2.3.4. genannten Bedarfsbereichen kann die Erfüllung der grundlegendsten Bedürfnisse nur durch Assistenz von speziell für diese Aufgabe ausgebildeten Fachkräften gewährleistet werden. Der GFTB hat ein Qualifikationsprofil für Taubblindenassistenten erarbeitet (s. Anhang 6.4), die in der Lage sind, die erforderlichen Leistungen zu erbringen.

b) Dolmetschleistungen

Im manchen Bereichen der Kommunikation, wo die Kommunikation im Vordergrund steht und es auf exaktes Verständnis besonders ankommt, sind qualifizierte Taubblindendolmetscher erforderlich, z. B. bei Gesprächen bei Behörden, beim Arzt oder vor Gericht.

Für Dolmetsch- oder Übersetzungsleistungen für taubblinde Menschen kommen vor allem in Frage

  • Gebärdensprachdolmetscher (Dolmetscher für die deutsche Gebärdensprache),
  • zu Taubblindendolmetschern weitergebildete Gebärdensprachdolmetscher
  • Schriftdolmetscher
  • andere Kommunikationshelfer
  • Kommunikationshilfsmittel

Die Art der Dolmetschleistung und der entsprechende Dolmetscher muss möglichst von den Betroffenen selbst ausgewählt werden.

c) Hilfsmittel

Taubblinde Menschen benötigen spezielle Taubblindenhilfsmittel, um möglichst viele Grundbedürfnisse ihres Lebens auch unabhängig befriedigen zu können.

Solche Hilfsmittel sind u.a.:

  • Computer mit Internetanschluss, Scanner, "Screenreader-Software" Blindenschriftausgabe (Braillezeile) und Blindenschriftdrucker: Damit können taubblinde Menschen per E-Mail, Fax oder SMS kommunizieren, eingehende Post einscannen und lesen und sich im Internet Informationen beschaffen und sogar einkaufen. Wie umfangreich diese Möglichkeiten von den Betroffenen genutzt werden können, hängt sehr stark von deren Bildung und kommunikativen Fähigkeiten ab, sodass längst nicht alle taubblinden Menschen den Computer umfangreich als Kommunikations- und Informationshilfsmittel nutzen können.
  • Kommunikationshilfsmittel Tabli, mit dem taubblinde Menschen mit anderen mittels Blindenschrift und Normalschrift kommunizieren können.
  • Mobile elektronische Hilfsmittel wie Pocketcomputer oder Handy mit Blindenschriftausgabe, die taubblinden Menschen auch unterwegs den Zugang zu Informationen und Kommunikation ermöglichen.
  • Hilfsmittel für den Alltag, wie Vibrationssignalgeber, Vibrationswecker u.ä., die teilweise erst noch entwickelt werden müssen

d) Medien

Taubblinde Menschen benötigen möglichst viele Medien in für sie wahrnehmbarer Form, z. B. in Blindenschrift, die Informationen in für die Betroffenen verständlicher Sprache vermitteln, wie z. B.

  • aktuelle Tagesnachrichten für taubblinde Menschen in Blindenschrift des DBSV
  • Zeitschrift "Der Taubblinde" des DBSV
  • Buch und Zeitschriftenangebot der Blindenschriftverlage und -bibliotheken

Um ein breites und angemessenes Medienangebot in für taubblinde Menschen zugänglicher Form bereitstellen zu können, sind noch weitere Schritte nötig, wie barrierefreie Internetseite mit Nachrichten und angepasst Computerhilfsmittel für Taubblinde zu deren Nutzung.

e) Bildung, Rehabilitation und Förderung

Um ihr Entwicklungspotential optimal auszunutzen, sind für taubblinde Menschen speziell angepasste Bildungs-, Reha- und Fördermaßnahmen erforderlich. Diese müssen von speziell ausgebildeten Fachleuten durchgeführt werden. Es ist wesentlich mehr Zeit, personale und sächliche Ausstattung nötig, als bei Personen, die ausschließlich blind oder gehörlos sind.

3.3 Medizinische Anhaltspunkte für taubblindenspezifischen Hilfebedarf

Der GFTB geht davon aus, dass taubblinde Menschen im Sinne des o. g. Bedarfs Personen sind:

  • deren Hörvermögen so gering ist, dass sie auch mit dem Einsatz von Hörhilfen an lautsprachlicher Kommunikation nicht oder nur äußerst eingeschränkt teilnehmen können, und
  • bei denen zugleich das Sehvermögen so gering ist, dass sie auch mit dem Einsatz von Sehhilfen an einer optisch unterstützten Kommunikation nicht oder nur äußerst eingeschränkt teilnehmen können,
  • so dass sie zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auf die speziell für Taubblinde entwickelten Kommunikationshilfen (u.a. taktile Gebärdensprache, Lormen, Fingeralphabet) angewiesen sind
  • und so dass sie zugleich zur eigenständigen Orientierung außerhalb ihrer häuslichen Umgebung nicht ohne fremde Hilfe in der Lage sind.

Diese Voraussetzungen dürften regelmäßig erfüllt sein, wenn wegen des Hörverlustes ein Grad der Behinderung von 70 ("an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit") und wegen des Sehverlustes ein Grad der Behinderung von 100 ("hochgradige Sehbehinderung") anerkannt ist. Der Personenkreis der Taubblinden darf also nicht auf den der Behinderten mit den Merkzeichen Gl und Bl beschränkt werden. 

3.4 Formen des Assessments - Feststellung der Voraussetzun-gen für Taubblindheit

Da Taubblindheit hier nicht ausschließlich als körperliche Einschränkung im medizinischen Sinn verstanden wird, sondern als Beschränkung der Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, kann es zur Feststellung von Taubblindheit auch sinnvoll sein, über medizinische Gutachten hinaus weitere Prüfungen einzubeziehen.

Eine medizinische Prüfung des Hör- und Sehvermögens sollte zeigen, wie stark Hör- und Seheinschränkung sind und welche Erkrankungen diesen zugrunde liegen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen Bl und Gl im Schwerbehindertenausweis bereits ein Nachweis für Taubblindheit sind. Wie oben in 3.3 dargestellt geht der GFTB jedoch davon aus, dass auch bei weniger drastischen Einschränkungen bereits Taubblindheit vorliegt.

Weiterhin könnte durch Fachleute für die Förderung taubblinder Menschen geprüft werden, wie stark Betroffene in ihrer Kommunikation und Mobilität durch die Hör- und Seheinschränkung, durch den Verlauf ihrer Lebensgeschichte und ggf. auch durch weitere Einschränkungen behindert sind.

4. Rechte taubblinder Menschen und bestehende Sozialleistungen und Nachteilsausgleiche, sowie rechtliche Defizite

4.1 Recht auf Dolmetschleistungen und Hilfen zur Verständigung mit der Umwelt

Taubblinde Menschen haben nach § 9 BGG, § 186 GVG, § 61 SGG, § 55 VwGO, § 17 Abs. 2 SGB I einen Anspruch auf Dolmetschleistungen im Verwaltungsverfahren, vor Gericht und bei der Erbringung von Sozialleistungen. Beim Aushandeln und beim  Abschluss privatrechtlicher Verträge steht ihnen jedoch kein entsprechender Anspruch zu. In diesen Bereichen ergeben sich Ansprüche allenfalls im Rahmen der Eingliederungshilfe, und zwar gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII iVm § 55 Abs. 1 SGB IX (also der Generalklausel) oder unter Anwendung der konkreteren Normen §§ 55 Abs. 2 Nr. 4, 57 SGB IX oder §§ 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX. Diese Normen wollen aber nicht so recht passen: Von der "Förderung der Verständigung" (Nr. 4) könnten zwar auch typische Dolmetschleistungen erfasst werden, die in § 57 SGB IX vorgenommene Einschränkung auf den "besonderen Anlass" ist jedoch zu eng. Die "Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben" (Nr. 6) sind ebenfalls auf die gerade über den Alltag hinausgehenden Lebensbereiche ausgerichtet. Auf jeden Fall aber - sowohl bei der Anwendung der Generalklausel als auch bei der Inanspruchnahme einer Förderung der Verständigung oder von Hilfen zur Teilhabe - ist der Anspruch abhängig von der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit. Zu dieser Problematik siehe unten 4.4.4.

Sofern es nicht um Dolmetschleistungen geht (im Sinne von möglichst exakter Vermittlung von gegebenenfalls auch komplizierten Informationen), sondern um Verständigungshilfen im Alltag (die allerdings auch nur von besonders geschulten Kräften geleistet  werden können, siehe unten 6.4.), passen die oben zitierten Normen zur Eingliederungshilfe mit ihrer Zuspitzung auf besondere Anlässe und dem fehlenden Bezug zu alltäglichen Lebensvorgängen ebenfalls nicht.

Zur gleichberechtigten Teilhabe taubblinder Menschen am Gesellschaftlichen Leben würde eine Regelung zur Angemessenen Versorgung mit Verdolmetschung und Verständigungshilfen in den genannten Lebensbereichen gehören.

4.2 Hilfsmittelsituation

Taubblinde Menschen sind darauf angewiesen, dass Hilfsmittel ihnen ihre Umwelt in tastbarer Form zugänglich machen.

Während Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen meist akustische Ausgabeformen haben, sind diejenigen für Gehörlose Menschen stark visuell orientiert. Taubblinde Personen sind dagegen auf eine tastbare Wiedergabe von Umgebungseindrücken angewiesen. Bis heute fehlen noch viele Hilfsmittel gänzlich, die taubblinden die alltägliche Lebensgestaltung ermöglichen. Ein Beispiel ist ein Wecker mit Vibrationsalarm, und tastbaren Zeigern bzw. Brailleschriftanzeige, den es schlicht nicht gibt.

Ein Grund für das Fehlen adäquater Hilfsmittel ist sicher auch, dass deren Finanzierung unzureichend geregelt ist: So umfassen die von den gesetzlichen Krankenkassen zu gewährenden Hilfsmittel zum Beispiel nicht die für den Gebrauch durch Taubblinde zugerichteten Gebrauchsgegenstände (zu weiteren Einzelheiten siehe unten 5.3.2.).

4.3 Stationäre Betreuungsangebote und deren Finanzierung

Ein umfassendes Bildungs-, Assistenz- und Betreuungsangebot können taubblinde Menschen in stationären Einrichtungen oder Angeboten für betreutes Wohnen erhalten. Nur in den seltensten Fällen bestehen Ansprüche auf Finanzierung dieser Angebote durch Renten- oder Unfallversicherung, sodass i. d. R. die Sozialhilfe aufkommt und zuvor jegliches persönliches Einkommen und Vermögen aufgezehrt wird.

4.4 finanzielle Hilfen

4.4.1 Blindengeld und Blindenhilfe

Für blinde Menschen steht in den Bundesländern als Nachteilsausgleich für behinderungsbedingte Mehrbedarfe Blindengeld zur Verfügung. Bundesweit gibt es nach § 72 SGB XII die Blindenhilfe, die einkommens- und vermögensabhängig gewährt wird. Während die Blindenhilfe nach Sozialhilferecht mit derzeit ca. 600 € monatlich nach Auffassung des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes die blindheitsbedingten Mehraufwendungen Betroffener abdecken kann, gilt das für die Blindengelder nach Landesrecht mit wesentlich niedrigeren Beträgen (unter 300 € in vier Fällen) nur sehr eingeschränkt.

Da der Bedarf taubblinder Menschen an Assistenz, Hilfsmitteln und Bildungsmaßnahmen wesentlich höher ist als der blinder Menschen, kann das Blindengeld und die Blindenhilfe nicht als ausreichende Leistung für taubblinde Menschen angesehen werden.

Eine Ausnahme stellt die in Berlin in § 2 Abs. 1 Satz 2 LPflGG getroffene Regelung dar, wonach ein eigener und angemessener Pflegegeldbetrag für Taubblinde gewährt wird; diese Regelung ist allerdings auf den Personenkreis der gleichzeitig blinden und gehörlosen Menschen im Sinne der Merkzeichen Bl und Gl beschränkt, es müssen also schwere Sprachstörungen vorliegen.

4.4.2 Gehörlosengeld

In fünf Bundesländern (Berlin, Brandenburg, NRW, Sachsen und Sachsen-Anhalt) gibt es für Gehörlose ein Gehörlosengeld, das zwischen 41 und 122 Euro beträgt. Die Voraussetzungen entsprechen denen für das Merkzeichen Gl (Ertaubung vor dem 7. Lebensjahr oder Vorliegen schwerer Sprachstörungen). In Bremen gibt es eine Regelung, nach der Ausgaben für Gebärdensprachdolmetscher für wichtige private Zwecke wie Gespräche mit Notar oder Anwalt, bei der Bank oder bei kirchlichen Anlässen erstattet werden.

Gehörlosengeld kann aufgrund dieser vielen Einschränkungen zusammen mit dem Blindengeld also nicht als angemessener Ausgleich aller Nachteile und Mehraufwendungen für taubblinde Menschen betrachtet werden.

4.4.3 Persönliches Budget nach SGB IX

Nach § 17 SGB IX und § 57 SGB XII sind Leistungen für behinderte Menschen auf Antrag auch als persönliches Budget zu gewähren. Dies eröffnet prinzipiell auch für taubblinde Menschen die Möglichkeit, Hilfen, die es bisher nur als Sachleistung gab, auch als Budget zu erhalten und damit für eine flexiblere und selbstbestimmtere Lebensgestaltung zu verwenden.

Eine Leistungsgrundlage für ein persönliches Budget könnte z. B. die Betreuung und Förderung taubblinder Menschen in stationären Einrichtungen sein (s. Abschnitt 4.3), für deren Finanzierung die Betroffenen i. d. R. nur Ansprüche aus der Sozialhilfe (Eingliederungshilfe) haben.

Erste Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass die Sozialhilfeträger mit persönlichem Budget für taubblinde Menschen äußerst restriktiv umgehen.

Es ist schwierig, Betroffene zu dem komplizierten Antragsverfahren und den damit verbundenen Verhandlungen zu motivieren und die differenzierten Rechtssachverhalte immer verständlich zu erklären. Es fehlt an für taubblinde Menschen qualifizierter „Budgetassistenz" für das Antragsverfahren und die Verwendung des Budgets. Daher ist das persönliche Budget kein geeignetes Instrument zur Finanzierung von Taubblindenassistenz.

Eine weitere Hürde ist, dass aufgrund der Einkommens- und vor allem Vermögensgrenzen der Sozialhilfe, viele Bedürftige von den nötigen Leistungen von vornherein ausgeschlossen bleiben.

4.4.4 Einkommens- und Vermögenssituation taubblinder Menschen

Taubblinde Menschen sind aufgrund der mit der Behinderung einhergehenden Lebensumstände und ihres Lebenslaufes auf dem Arbeitsmarkt erheblich benachteiligt. Viele finden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gar keine Stelle. Usher-I-Betroffene verlieren wegen der fortschreitenden Augenerkrankung oft frühzeitig ihre Arbeitsstelle. Entsprechend haben die Betroffenen i.d.R. auch kaum oder keine Rentenansprüche. Damit verfügen sie mehrheitlich über sehr geringes eigenes Einkommen.

Die Vermögenswerte werden wegen des regelmäßig geringen Einkommens ebenfalls nicht groß sein. Allerdings besteht insoweit, das heißt auch für diesen Personenkreis, das generelle Problem, dass die geltenden Vermögensgrenzen des SGB XII immer noch viel zu gering sind, weil sie auf Personen zugeschnitten sind, die Hilfen zum Lebensunterhalt beanspruchen, und nicht auf Personen, die zur Sicherung sozialer Teilhabe der Hilfe bedürfen. Sie werden praktisch vor die Alternative Verzicht auf Teilhabe oder Absinken in die Sozialhilfebedürftigkeit gestellt.

4.5 persönliche Assistenz

Der größte Bedarf taubblinder Menschen für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben besteht in persönlicher Assistenz. In stationären Einrichtungen oder Angeboten des betreuten Wohnens für taubblinde Menschen kann diese in begrenztem Umfang geleistet werden. Ein befristetes Projekt in Nordrheinwestfalen bildet z. Z. Taubblindenassistenten im Rahmen einer Weiterbildung aus. Ähnliche Qualifikationsangebote gibt es in Nürnberg.

Persönliche Assistenz ist taubblinden Menschen im Rahmen der Eingliederungshilfe nach Sozialhilferecht zu gewähren. Als rechtliche Grundlage kommt die Generalklausel § 54 SGB XII iVm § 55 Abs. 1 SGB IX in Betracht, sodann für einzelne Bereiche Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 7 (siehe oben 4.1.) , eventuell auch Nr. 6.

Im Rahmen der Sozialhilfe gelten jedoch die engen Einkommens- und äußerst restriktiven Vermögensgrenzen, die viele Betroffene vor einer Antragstellung abschrecken und ihnen die nötigen Leistungen versagen.

5. Bedarf an sozialrechtlichen Änderungen

5.1 Forderungen der UN-Konvention

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte behinderter Menschen (BRK) fordert auch für taubblinde Menschen zahlreiche Maßnahmen, zu deren Umsetzung sich Deutschland verpflichtet hat. Diese sind:

  • Zugang zu Mobilität, Information und Kommunikation (Art. 9 Barrierefreiheit sowie Art. 21 Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen)
  • persönliche Assistenz und Dolmetschleistungen (Art. 9 Barrierefreiheit, Abs. 2 e)
  • Förderung bei der Ausübung eigener Handlungs- und Geschäftsfähigkeit (Art. 12 Gleichberechtigte Anerkennung vor dem Recht.)
  • notwendige Unterstützung in von den Betroffenen selbst gewählten Wohn- und Lebensformen (Art. 19 Unabhängige Lebensführung und Teilhabe an der Gemeinschaft)
  • Hilfen zur Mobilität: technische Hilfsmittel, Mobilitätstraining und persönliche Assistenz zur Mobilität (Art. 20 Persönliche Mobilität)
  • Spezifische Bildungs- und Reha-Maßnahmen durch qualifizierte Fachleute und auch Gleichbetroffene für alle Lebensbereiche (Art. 24 Bildung sowie Art. 26 Habilitation und Rehabilitation)
  • Berufstätigkeit in angemessener Form und mit Arbeitsplatzassistenz und den erforderlichen Hilfsmitteln (Art. 27 Arbeit und Beschäftigung)
  • barrierefreie Teilhabe am kulturellen Leben (Art. 30 Teilnahme am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport)
  • Instrumente zur Feststellung der tatsächlichen Zahl taubblinder Menschen (Art. 31 Statistik und Datensammlung)

5.2 Rechte taubblinder Menschen in anderen Ländern

In manchen anderen europäischen Ländern wird der Hilfebedarf taubblinder Menschen auch sozialpolitisch als für diese Behinderung spezifisch anerkannt.

In Dänemark gibt es beispielsweise einen am Einzelfall orientierten und nicht grundsätzlich limitierten Anspruch auf persönliche Assistenz und Dolmetscherleistungen. Auch in Österreich ist unumstritten, dass taubblinde Menschen einen individuell ermittelten Anspruch auf persönliche Assistenz zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben.

5.3 erforderliche Maßnahmen

5.3.1 Einführung der Definition von Taubblindheit im sozialrechtlichen Sinn

Da Taubblindheit eine Behinderung eigener Art ist, benötigen taubblinde Menschen auch Unterstützung und Nachteilsausgleiche eigener Art.

  • Ihr Bedarf an Assistenz und Verdolmetschung kann nicht gedeckt werden, weil er wesentlich anderer Art und wesentlich umfangreicher ist als bei blinden oder gehörlosen Menschen und weil nicht wie bei Personen mit körperlicher Behinderung Kranken- und/oder Pflegeversicherung zuständig sind.
  • Die nötigen Hilfsmittel existieren nur begrenzt in der nötigen Form und werden nicht finanziert.
  • Adäquate Bildungs- Förderungs-, Betreuungs- und Assistenzangebote sind sozialrechtlich nicht vorgesehen und immer das Ergebnis einzelner Verhandlungen.

Die Anerkennung der Taubblindheit als Behinderung eigener Art wäre ein wichtiger Schritt, um die Lage der Betroffenen verbessern zu können. Erst diese Anerkennung ermöglicht es, taubblinde Menschen sachgerecht von den ausschließlich Blinden oder Gehörlosen zu unterscheiden, das heißt: die besonderen Bedarfe wahrzunehmen und die dafür notwendigen Leistungen möglichst unbürokratisch und ohne die in den Beispielen 2.1.5 und 2.1.6 beschriebenen teilweise entwürdigenden Zumutungen für die Betroffenen (Widerspruchs-, Klageverfahren) bereitzustellen.

5.3.2 Verbesserung der Hilfsmittelsituation

Wie aus den Abschnitten 2.1.3 und 4.2 hervorgeht, gibt es einerseits zu wenige adäquate Hilfsmittel für taubblinde Menschen, und andererseits ist die Finanzierung derselben nicht ausreichend gesichert.

Damit sind folgende zwei Schritte notwendig:

a) Entwicklung von Hilfsmitteln für taubblinde Menschen

Für die Entwicklung von Hilfsmitteln für die Alltagsbewältigung, Mobilität und Kommunikation sind Fördermittel bereit zu stellen. Die Gruppe der Betroffenen ist so klein, dass diese Entwicklung für wirtschaftliche Unternehmen nicht lukrativ ist.

Besonders wichtig sind u. a. Lösungen

  • für die einfache Bedienung des Computers mit Blindenschriftausgabe, z. B. zur Kommunikation via Brief, Fax, E-Mail, SMS und Videokonferenz (Gebärdensprache)
  • mobile Kommunikation via gedrucktem Text, Fax, E-Mail, SMS, direkter Schrifteingabe, z. B. auf Grundlage eines Mobiltelefons mit Blindenschriftausgabe
  • Mobilitätshilfen mit Vibrationssignal und Blindenschriftausgabe, z. B. Navigationsgeräte mit Braillezeile
  • Hilfsmittel für Alltag und Haushalt mit Vibrationssignal und Blindenschriftausgabe
b) Finanzierung von Taubblindenhilfsmitteln

Der hier genannte Personenkreis hat Zugang zu den in PG 07 des GKV-Hilfsmittelverzeichnisses aufgeführten Hilfsmitteln, namentlich zu den dort in Abschnitt 3.2. genannten Kommunikationsgeräten für Taubblinde. Außerhalb der Grenzen der GKV-Leistungspflicht, insbesondere wenn es sich um spezielle technische Hilfen im Haushalt handelt, richtet sich die Versorgung nach § 9 der EingliederungshilfeVO. Auch diese Leistungen, so ist zu fordern, müssen von der Einkommens- und Vermögensprüfung freigestellt werden.

5.3.3 Verbesserung der Versorgung mit Dolmetschleistungen und mit Hilfen zur Verständigung mit der Umwelt

Über die bisherigen Ansprüche taubblinder Menschen auf adäquate Verdolmetschung im Zusammenhang mit Gerichts- und Verwaltungsverfahren und bei der Erbringung von Sozialleistungen hinaus (s. Abschnitt 4.1), muss den Betroffenen für die Kommunikation bei der Erledigung ihrer notwendigen Rechtsgeschäfte, Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft Verdolmetschung durchschnittlich für fünf Stunden wöchentlich zur Verfügung stehen.

Der GFTB fordert, dass das einschränkende Merkmal  "aus besonderem Anlass" entweder gestrichen oder in einer die wesentlichen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigenden Weise ausgelegt wird. Die Leistung darf z.B. nicht verwehrt werden, wenn der Betroffene beim Aushandeln eines für seine Lebensführung wichtigen privatrechtlichen Vertrags einer Verdolmetschung bedarf. Ferner fordert der GFTB, dass in einem solchen Fall die Leistung dann nicht von den engen Einkommens- und Vermögensgrenzen des SGB XII abhängig gemacht wird.

5.3.4 Recht auf persönliche Assistenz für taubblinde Menschen

Außer Verdolmetschung in anspruchsvollen Kommunikationssituationen benötigen taubblinde Menschen für Mobilität, Kommunikation  und Alltagsbewältigung persönliche Assistenz. Diese muss durch qualifizierte Fachkräfte (Taubblindenassistentinnen oder -assistenten) geleistet werden, die ihre Leistung auf die spezielle Situation der taubblinden Assistenznehmer abstimmen müssen.

Für die Qualifizierung von Taubblindenassistenten (TBA) hat der GFTB Richtlinien entwickelt, die mindestens eingehalten werden müssen (s. 6.4).

Taubblindenassistenz muss den Betroffenen für mindestens durchschnittlich 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung stehen. Auf Antrag der Assistenznehmer muss jährlich eine Überprüfung und ggf. Anpassung des Assistenzbedarfs erfolgen.

Der hier genannte Bedarfsbereich wird im geltenden Sozialrecht nicht annähernd ausreichend abgedeckt: Zwar erlaubt die Eingliederungshilfe nach SGB XII die Finanzierung persönlicher Assistenz wie in Abschnitt 4.5 dargestellt, jedoch nur mit engen Einkommens- und Vermögensgrenzen.  Die Leistungen der Pflegeversicherungen können nur den Pflegebedarf abdecken. Am weitesten gehen noch die in speziellen Einrichtungen für taubblinde Menschen erbrachten Hilfe- und Betreuungsleistungen. Der GFTB strebt die Schaffung eine Norm an, in der die Leistungen personifiziert werden, so dass sie auch außerhalb der vollstationären Versorgung erbracht werden können. Diese Norm müsste, ausgehend vom Begriff der Taubblindheit (s. Kapitel 3) auf den gesamten speziell bei Taubblindheit anfallenden Assistenzbedarf zugeschnitten sein. Auf keinen Fall darf die Leistung von den Einkommens- und Vermögensgrenzen des SGB XII abhängig gemacht werden.

Die folgende Aufstellung einer bisher ehrenamtlich arbeitenden Taubblindenassistentin veranschaulicht, welche Aufgaben im Rahmen der Assistenz anfallen können:

Montag 14:30 - 19:00 Uhr

  • bei AWO abgeholt und zum Einkaufen gefahren
  • Lebensmittel nach Hause gebracht
  • 16:00 Uhr Blindenstammtisch bis 18:00 Uhr gelormt
  • im Anschluss noch Bankauszüge geholt und „vorgelesen"

Dienstag:

  • am Abend um 21 Uhr Anruf eines Nachbarn von Herrn F. bekommen: Herr F. hat Probleme mit Computer.

Mittwoch 16.00 - 19.00 Uhr:

  • 16:00 bis 16:30 Uhr wegen Computer geschaut und getestet
  • Von 18:00 bis 19:00 Uhr hatte Herr F. einen Handwerkertermin (Badezimmer sollte behindertengerecht umgestellt werden).

Donnerstag 9.00 - 18.00 Uhr:

  • morgens früh (ich hatte einen arbeitsfreien Tag) von zu Hause aus Techniker angerufen wegen Computer
  • Techniker ist dann 15 - 15:40 Uhr gekommen
  • 16:00 - 18:00 Uhr Termin Sanitärgeschäft wegen Aussuchen der behindertengerechten Ausstattung fürs Bad (Fühlen, Tasten und Probieren)

Freitag 17:00 - 17:30 Uhr:

  • Essensplan besprechen für die kommende Woche in der AWO (es stehen immer 2 Gerichte auf einem Plan und es muss angekreuzt werden, welches Menü gewünscht ist)

Samstag 14.00 - 17.30 Uhr:

  • Herrn F. um 14 Uhr von der AWO abgeholt und einen Spaziergang um die Talsperre gemacht.

5.3.5 Taubblindheit als eigene Hilfebedarfsgruppe in stationären Einrich-tungen und dem betreuten Wohnen

Für die Einrichtungen, die taubblinde Menschen stationär betreuen, z. B. in Wohnheimen und im betreuten Wohnen, stellt sich immer wieder das Problem, dass der Sozialhilfeträger als dem häufigsten Träger einer solchen Betreuung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 55ff SGB XII in den Pflegesatzverhandlungen die Betroffenen in bestehende Hilfebedarfsgruppen wie Rollstuhlfahrer oder pflegebedürftige Menschen einordnen und dafür gängige Typisierungsverfahren der Bedarfsermittlung anwenden will.

Der GFTB appelliert an die Verantwortlichen, auch in diesen Verhandlungen Taubblindheit als Behinderung eigener Art anzuerkennen, die ganz spezifische Hilfeleistungen und die dafür nötige Finanzierung erfordert.

5.3.6 Erforderlichkeit eines Eintrags im Schwerbehindertenausweis

Der Schwerbehindertenausweis und seine Merkzeichen dokumentieren die Ausprägung einer oder mehrer Behinderungen. Nicht aus dem Ausweis und den Merkzeichen sondern aus der jeweiligen Behinderung ergeben sich Rechte der Inhaber auf Nachteilsausgleiche oder Sozialleistungen. Für die Anerkennung einer Behinderung, die im Sozialrecht bisher noch nicht als solche wahrgenommen wurde, stehen andererseits keine Alternativen zur Verfügung. So könnte eine Anerkennung von Taubblindheit im Schwerbehindertenausweis eine Grundlage für viele Einzelbestimmungen sein, die die sozialrechtliche Situation taubblinder Menschen verbessern sollen.

Konkret könnte ein Merkzeichen Tbl im Schwerbehindertenausweis schon jetzt für folgende Bereiche sehr hilfreich sein:

  • Das Merkzeichen Tbl könnte es den Betroffenen erleichtern, die Besonderheit ihrer Behinderung nachzuweisen.
  • Den Betroffenen könnte es mit dem Merkzeichen Tbl erleichtert werden, einen spezifischen Bedarf im Unterschied zu blinden oder gehörlosen Menschen geltend zu machen, z. B. bei der Gewährung spezifischer Dolmetschleistungen, der Hilfsmittelversorgung oder der Finanzierung ambulanter bzw. stationärer Betreuung.
  • Die statistische Ermittlung der Zahl taubblinder Menschen würde wesentlich erleichtert. Bisher werden Behinderungen vom Statistischen Bundesamt nur für jeder Person nach einem Merkzeichen erfasst und zwar nach dem, dass die „schwerste" Behinderung ausweist. Erst durch ein Merkzeichen Tbl würde die Erfassung taubblinder Menschen möglich.

5.4 Gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Die Anerkennung von Taubblindheit als Behinderung eigener Art im gegliederten System der Sozialleistungen in Deutschland erfordert in mehrfacher Hinsicht ein Tätigwerden des Gesetzgebers.

Der zentrale Bedarf Taubblinder liegt bei der Finanzierung persönlicher und qualifizierter Taubblindenassistenz und Taubblindendolmetschleistungen. Diese muss durch eine gesetzliche Regelung einkommens- und vermögensunabhängig gewährleistet werden. Eine solche Regelung muss dem Rechnung tragen, dass die Betroffenen in manchen Situationen auf professionelle Taubblindendolmetschung angewiesen sind.

Im Einzelnen würde die Veränderung bzw. Schaffung folgender Vorschriften die sozialrechtliche Situation taubblinder Menschen wesentlich verbessern:

a) Einkommens- und Vermögensgrenzen in der Eingliederungshilfe

  • Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII müssen für Taubblinde einkommens- und vermögensunabhängig finanziert werden, ganz besonders qualifizierte Taubblindenassistenz. § 92 Abs. 2 SGB XII ist entsprechend um eine Nr. 9 zu ergänzen: "9. bei Hilfen für taubblinde Menschen".

b) Dolmetscherfinanzierung

In § 57 SGB IX ist die Beschränkung "aus besonderem Anlass" – zu streichen und von der Verordnungsermächtigung des § 59 SGB IX zwecks Regelung der Einzelheiten ist Gebrauch zumachen (Festsetzung des Leistungsumfangs bei bestimmten Bedarfen und Bedarfsgruppen).

c) Schaffung eines Leistungsgesetzes

Ein spezielles Leistungsgesetz für taubblinde Menschen könnte die Eingliederungshilfeverordnung bzgl. des spezifischen Bedarfs taubblinder Menschen ersetzen und alle notwendigen Leistungen für die Betroffenen bündeln. Dies würde ihnen und den zuständigen Finanzierungsträgern Rechtssicherheit geben.

d) Pauschaler Nachteilsausgleich

Sinnvoll ist zusätzlich zu den in a bis c genannten Maßnahmen die Schaffung eines pauschalen Nachteilsausgleiches, - vergleichbar der Leistung für Taubblinde nach § 2 Abs. 1 des Landespflegegeldgesetzes Berlin - der den spezifischen Bedarf taubblinder Menschen angemessen berücksichtigt, aber i. d. R. nicht dazu geeignet ist, auch den Bedarf an Taubblindenassistenz abzudecken.

e) Weiteres

Weitere gesetzliche Regelungen müssen den spezifischen Bedarf taubblinder Menschen anerkennen und berücksichtigen, in sofern er sich von dem anderer Menschen unterscheidet, z. B.

  • bei der Gewährung von Hilfsmitteln
  • bei Angeboten der schulischen, beruflichen und Erwachsenenbildung
  • bei stationären Betreuungs- und Pflegeangeboten
  • bei ambulanten Diensten und Beratung

Für die Erleichterung der Realisierung schon bestehender und noch zu schaffender Ansprüche der Betroffenen ist die Schaffung eines Merkzeichens Tbl für taubblinde Menschen im Schwerbehindertenausweis sinnvoll.

6. Anhang

6.1 Resolution zum Merkzeichen Tbl für taubblinde Menschen im Schwerbehindertenausweis

Der GFTB schlägt die Einführung eines neuen Merkzeichens für den Schwerbehindertenausweis vor:

Tbl für Taubblindheit

Das Europäische Parlament hat in seiner Erklärung vom 12. April 2004 Taubblindheit als Behinderung eigener Art anerkannt. Es heißt dort u. a.

Das Europäische Parlament

  1. „fordert die Organe der EU sowie die Mitgliedstaaten auf, die Rechte der Hör- und Sehbehinderten anzuerkennen und ihnen Geltung zu verschaffen;
  2. erklärt, dass Hör- und Sehbehinderte dieselben Rechte wie alle EU-Bürger haben sollten und diesen Rechten durch entsprechende Gesetze in jedem Mitgliedstaaten Geltung verschafft werden sollte, die folgendes beinhalten sollten:
    das Recht auf Teilnahme am demokratischen Leben der Europäischen Union,
    das Recht auf Arbeit und Zugang zur Ausbildung mit entsprechenden Beleuchtungs-, Kontrast- und Anpassungsmöglichkeiten,
    das Recht auf eine Gesundheits- und Sozialbetreuung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht,
    das Recht auf lebenslanges Lernen,
    gegebenenfalls Eins-zu-Eins-Unterstützung in Form von Kommunikator-Begleitperson, Dolmetscher und/oder Betreuer für Hör- und Sehbehinderte"

Das spanische Parlament hat dies auf nationaler Ebene bereits nachvollzogen durch seinen Beschluss vom 5. April 2005, „dass Taubblindheit im Sinne einer besonderen Behinderung zu erkennen ist", und der „Berücksichtigung der o.g. spezifischen Behinderung im Kontext aller  geltenden Verfügungen innerhalb der spanischen Rechtsordnung."

Wir erwarten auch von der Politik in Deutschland, dass sie Taubblindheit als eine besondere Behinderung anerkennt und damit den Betroffenen signalisiert, dass sie ihre Situation wahrnimmt und bereit ist, sich für deren Besserung zu engagieren. Dies kann durch ein besonderes Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis geschehen.

Taubblinde Menschen haben in fast allen Lebensbereichen einen Assistenz-, Hilfsmittel- und Förderbedarf, der sich von dem blinder und gehörloser Menschen wesentlich unterscheidet. Im System der Sozialleistungen ist dieser besondere Bedarf bisher kaum verankert. Ein besonderes Merkzeichen könnte es den Betroffenen erleichtern, die Besonderheit ihrer Behinderung nachzuweisen. Es könnte der Nachweis dieser Behinderung sein, die in den Verfahren der Gewährung von Hilfen von allen Beteiligten identifiziert und begriffen werden muss.

Den Betroffenen könnte es mit dem Merkzeichen erleichtert werden, einen spezifischen Bedarf gegenüber blinden oder gehörlosen Menschen geltend zu machen, z. B. bei der Gewährung spezifischer Dolmetschleistungen, der Hilfsmittelversorgung oder der Finanzierung ambulanter bzw. stationärer Betreuung.

Wer sollte das Merkzeichen Tbl bekommen?

Hierzu wird verwiesen auf die „Definition "hörsehbehindert / taubblind" des GFTB.

Nach Schätzungen des GFTB handelt es sich bundesweit um 2500 bis 6000 Personen.

Hannover, 12. November 2007

6.2 Definition hörsehbehindert/taubblind

Grundlage dieser Definition ist die

Schriftliche Erklärung des Europäischen Parlaments zu den Rechten von Hör- und Sehbehinderten (Taubblinden) vom 12.04.2004 ,

in der es heißt: (Zitat)

"Das Europäische Parlament

  • unter Hinweis auf Artikel 13 des Vertrags über die Europäische Union und den Grundsatz der Menschenwürde,
  • gestützt auf Artikel 51 seiner Geschäftsordnung,
    • a) in der Erwägung, dass Taubblindheit eine ausgeprägte Behinderung in Form einer Kombination von Seh- und Hörbehinderungen ist, was zu Schwierigkeiten beim Zugang zur Information, Kommunikation und Mobilität führt,
    • b) in der Erwägung, dass es in der Europäischen Union ca. 150 000 Hör- und Sehbehinderte gibt,
    • c) in der Erwägung, dass einige dieser Menschen völlig taubblind sind, die meisten von ihnen jedoch noch über eingeschränkte Fähigkeiten zum Gebrauch eines oder beider Sinne verfügen,
    • d) in der Erwägung, dass Hör- und Sehbehinderte auf Grund der Ausgeprägtheit ihrer Behinderung spezielle Unterstützung durch Menschen mit Fachkenntnissen benötigen,
  1. fordert die Organe der EU sowie die Mitgliedstaaten auf, die Rechte der Hör- und Sehbehinderten anzuerkennen und ihnen Geltung zu verschaffen;
  2. erklärt, dass Hör- und Sehbehinderte dieselben Rechte wie alle EU-Bürger haben sollten und diesen Rechten durch entsprechende Gesetze in jedem Mitgliedstaat Geltung verschafft werden sollte, die folgendes beinhalten sollten:
    • das Recht auf Teilnahme am demokratischen Leben der Europäischen Union,
    • das Recht auf Arbeit und Zugang zur Ausbildung mit entsprechenden Beleuchtungs-, Kontrast- und Anpassungsmöglichkeiten,
    • das Recht auf eine Gesundheits- und Sozialbetreuung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht,
    • das Recht auf lebenslanges Lernen,
    • gegebenenfalls Eins-zu-Eins-Unterstützung in Form von Kommunikator-Begleitperson, Dolmetscher und/oder Betreuer für Hör- und Sehbehinderte." (Zitat Ende)                                                                                                              ../2

Auf dieser Grundlage wird der Personenkreis hörsehbehinderter und taubblinder Menschen wie folgt bestimmt:

  1. Hörsehbehindert sind Menschen, bei denen gleichzeitig
    • a) die optische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
      • kein Sehvermögen besteht oder
      • das vorhandene Sehvermögen so gering ist, dass es nur durch den Einsatz geeigneter Sehhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbaren optischen Wahrnehmung gesteigert werden kann, und gleichzeitig
    • b) die akustische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
      • kein Hörvermögen besteht oder
      • das vorhandene Hörvermögen so gering ist, dass es nur durch den Einsatz geeigneter Hörhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbaren akustischen Wahrnehmung gesteigert werden kann, und
    • c) der Schweregrad der Beeinträchtigung zur Folge hat, dass ein natürlicher wechselseitiger, im Sinne einer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbarer Ausgleich durch die verbliebenen jeweiligen Sinnesreste nicht stattfindet, sondern mit Hilfe Dritter entwickelt werden muss.
  2. Taubblind sind Menschen, bei denen gleichzeitig
    • a) die optische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
      • kein Sehvermögen besteht oder
      • das vorhandene Sehvermögen so gering ist, dass es auch durch den Einsatz geeigneter Sehhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbaren optischen Wahrnehmung nicht gesteigert werden kann, und gleichzeitig
    • b) die akustische Wahrnehmung dadurch eingeschränkt ist, dass
      • kein Hörvermögen besteht oder
      • das vorhandene Hörvermögen so gering ist, dass es auch durch den Einsatz geeigneter Hörhilfen zu einer im Sinne der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbaren akustischen Wahrnehmung nicht gesteigert werden kann, und
    • c) ein natürlicher wechselseitiger, für eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verwertbarer Ausgleich durch Sinnesreste nicht stattfindet und auch nicht entwickelt werden kann.

Hannover, 7. Dezember 2005

Verabschiedet durch den Gemeinsamen Fachausschuss "Hörsehbehindert / Taubblind"

6.3 GFTB-Erklärung zu den Zahlen taubblinder Menschen

Der gemeinsame Fachausschuss hörsehbehindert/taubblind (GFTB) hat versucht, Anhaltspunkte zur Ermittlung der Zahl taubblinder Menschen zu sammeln.

Die Zahl taubblinder Menschen in Deutschland ist nicht zuverlässig statistisch erfasst. Es liegen lediglich vor:

  • Angaben aus manchen Bundesländern bzw. Landesteilen über erfasste taubblinde Menschen, z, B. mit den Merkzeichen Bl und Gl im Schwerbehindertenausweis
  • Angaben einiger DBSV-Landesvereine über ihre Mitglieder und ihnen bekannte taubblinde Menschen
  • Ergebnisse einer Umfrage bei stationären Einrichtungen in Sachsen

Der GFTB hat aufgrund der vorliegenden Erhebungen die Zahl taubblinder Menschen geschätzt und am 16. April 2007 festgehalten:

Die Zahl taubblinder Menschen in Deutschland liegt wahrscheinlich nicht unter 2.500 und nicht über 6.000 Personen.

Berlin, 19. November 2007

6.4 Qualifikationsprofil von Taubblindenassistenten/-innen

Im gemeinsamen Fachausschuss hörsehbehindert / taubblind sind die Selbsthilfevereinigungen, Organisationen und Einrichtungen in Deutschland zusammengeschlossen, die die Belange taubblinder Menschen vertreten und mit und für taubblinde Menschen arbeiten.

Persönliche Assistenz ist für taubblinde Menschen der wesentlichste Schlüssel für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Darum fordert der GFTB, dass den Betroffenen diese Assistenz durch qualifizierte Fachleute im erforderlichen Umfang zur Verfügung steht.

Der GFTB hat folgende Mindestanforderungen für die Ausbildung qualifizierter Taubblindenassistenten erstellt. Diese Anforderungen müssen alle Personen erfüllen, die bezahlte Taubblindenassistenz anbieten. Einrichtungen und Institute, die Taubblindenassistenten ausbilden, müssen ihre Qualifikation an diesen Anforderungen orientieren und diesen Mindeststandard nachweisen. Stellen, die Taubblindenassistenten ausbilden, müssen ihre Qualifikation an diesen Mindestanforderungen orientieren. Zurzeit wird die Qualifikation für Taubblindenassistenten in Deutschland neu entwickelt und bisher durch wenige Ausbildungsstellen erprobt. Der GFTB hält es für notwendig, dass Ausbildungsstellen den Umfang und den Mindeststandart der Qualifikation erweitern und über diese Anforderungen hinaus weiter entwickeln.

Stellen, die Taubblindenassistenten ausbilden, können beim GFTB die Anerkennung ihres Ausbildungsganges beantragen und nach Erhalt der Anerkennung diese in ihren Zeugnissen nennen. Die nachträgliche Anerkennung bereits abgeleisteter Ausbildungen ist grundsätzlich möglich.

Der GFTB strebt eine bundesweit einheitliche gesetzliche Regelung für die regelmäßige Finanzierung von Taubblindenassistenz in allen Lebensbereichen an. Wenn diese erreicht wird, ist das Qualifikationsprofil von Taubblindenassistenten weiter zu professionalisieren.

Qualifikationsprofil

1. Voraussetzungen für den Beginn der Weiterbildung
  • a) Erfahrung im Umgang mit taubblinden Menschen
    Zwei Hospitationen mit taubblinden Menschen müssen nachgewiesen werden, davon mindestens eine bei einer Veranstaltung (z. B. Taubblindentreffen) mit mehreren Betroffenen.
  • b) gute Schriftsprachkompetenz
    • nachzuweisen durch einen Test
    • Verstehen von Buch- und Zeitungstexten (keine Fachbücher) sowie Behördenpost
  • c) Ausgereifte Kommunikationsfähigkeit in Alltagssituationen
  • d) soziales Engagement
  • e) Mindestalter von 21 Jahren
2. Aufgabengebiet Kommunikation und Information

Nötige Qualifikationen, die am Ende der Weiterbildung erreicht sein müssen:

  • a) Kompetenzen in der Deutschen Gebärdensprache sind als Zulassungsvoraussetzung zur Abschlussprüfung nachzuweisen, und zwar: fließende Beherrschung der Gebärdensprache, d.h. guter Wortschatz, der flexibel angewendet wird; grammatikalisch richtiges Gebärden, ohne über einzelne Formulierungen oder Regeln nachzudenken; saubere und für Gehörlose klar und gut zu verstehende Ausführung der Gebärden
    (Dies entspricht z.B. dem Mittelstufenniveau beim Gehörlosen Institut Bayern, GIB)
  • b) Anwendung taktiler Gebärden und von Gebärden für Menschen mit Sehbehinderung
  • c) Lormen: fließendes Lormen im senden und empfangen und an die Assistenznehmer angepasst
  • d) Kenntnis über taktile Körperzeichen (wie in Dänemark und Norwegen entwickelt)
  • e) Grundlagen der Informationsvermittlung für taubblinde Menschen in je vom Assistenznehmer gewünschten Kommunikationsformen
  • f) Anpassungsfähigkeit an die Kommunikationsfähigkeiten verschiedener taubblinder Menschen
  • g) Brailleschrift: Vollschrift lesen und schreiben können z. B. mit Hilfe eines Punktschriftalphabets und Braille-Schreibmaschine, Beherrschung der Brailleschrift ist nicht erforderlich
  • h) digitale Kommunikation:
    • Mail, Internet, SMS, Dokumente einscannen:
    • Kenntnisse über die dazu bestehenden Möglichkeiten für taubblinde Menschen und die dazu nötigen Hilfsmittel
  • i) Umgang mit einer Mikroportanlage

Anmerkung: Taubblindenassistenten müssen keine Qualifikation als Dolmetscher haben; sie müssen die Grundlagen der Kommunikation beherrschen und diese unterstützen können, wogegen Dolmetscher Kommunikation sicherstellen müssen.

Zeitumfang: mindestens 40 Stunden à 60 Minuten

3. Aufgabengebiet Mobilität

Nötige Qualifikationen, die in der Weiterbildung erreicht werden müssen:

  • a) Begleitung im Straßenverkehr und Gebäuden
  • b) Begleitung Betroffener mit weiteren Besonderheiten wie Senioren, Personen mit Gleichgewichtsstörungen
  • c) Fähigkeit der Anpassung der eigenen Ausstattung an individuelle Wahrnehmungsbedingungen (Seh- und Hörreste) und Bedürfnisse der Assistenznehmer
  • d) vorbereitende Absprachen für Notsituationen
  • e) Kommunikation und Information während der Begleitung
  • f) Information über vorausliegenden Weg und Umwelt geben: Kenntnis der speziellen Signale, die vom Institut zur Rehabilitation und Integration Sehgeschädigter (IRIS) entwickelt wurden
  • g) Begleitung in speziellen Umgebungssituationen wie
    • Passieren von Türen und Drehtüren
    • Passieren von engen Stellen
    • Benutzung von Treppen und Rolltreppen
    • Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Ein- und Aussteigen
  • h) Kenntnisse von Körperschutztechniken
  • i) Grundlagen der Orientierung und Mobilität blinder und sehbehinderter Menschen
  • j) Grundlagen von lebenspraktischen Fähigkeiten blinder und sehbehinderter Menschen
  • k) Kenntnisse über die Aufbereitung und Mitteilung von Raum- und Wegbeschreibungen für taubblinde Personen, u. a. zur Ermöglichung selbständiger Orientierung

Zeitumfang: mindestens 45 Stunden à 60 Minuten

4. Grundlagenwissen

Nötige Qualifikationen, die in der Weiterbildung erreicht werden müssen:

  • a) Vereinbarungen mit dem Assistenznehmer treffen
  • b) Reflexion des beruflichen Selbstverständnisses, Berufsbild
  • c) Kenntnisse über Haftungs- und Versicherungsfragen
  • d) medizinisches Grundwissen zu Hör- und Sehbehinderung sowie Taubblindheit
  • e) Psychologie: Situation der Betroffenen und Behinderungsverarbeitung
  • f) Sozialrecht: Rechte taubblinder Menschen
  • g) Kenntnisse über Hilfsmittel für hörsehbehinderte und taubblinde Menschen
  • h) allgemeines Grundwissen über die Gehörlosenkultur und die Gebärdensprache

Anmerkung: Diese Kenntnisse dienen nicht dazu, Assistenten als Taubblindenberater zu qualifizieren.

Zeitumfang: mindestens 50 Stunden à 60 Minuten

5. Praktikum

Assistenzpraxis

  • unter Anleitung erfahrener Taubblindenassistenten
  • mit mindestens drei unterschiedlichen taubblinden Menschen
  • mit den Kommunikationsformen Lormen und (taktile) Gebärdensprache
  • in unterschiedlichen Assistenzsituationen, z. B. Vortrag, Gruppentreffen, Wanderung

Zeitumfang: mindestens 50 Stunden à 60 Minuten

6. Prüfung
  • a) Die Grundlagenkenntnisse müssen in einer theoretischen Prüfung nachgewiesen werden:
    • Klausur oder
    • mündliche Prüfung oder
    • Hausarbeit
  • b) Praktische Prüfung
    • Kommunikation, mindestens in den Bereichen: Deutsche Gebärdensprache, Lormen, taktile Gebärden und Braille und
    • Mobilität
Gesamtzeitumfang
  • Kommunikation und Information: mind. 40 Stunden à 60 Minuten
  • Mobilität: mind. 45 Stunden à 60 Minuten
  • Grundlagen: mind. 50 Stunden à 60 Minuten
  • Praktikum: mind. 50 Stunden à 60 Minuten
  • Gesamt: mind. 185 Stunden à 60 Minuten

Hannover, im März 2010

gez. Wolfgang Angermann

GFTB-Vorsitzender