DBSV-Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zu automatisierten Datenabrufen aus den Pass- und Personalausweisregistern sowie zur Änderung der Passverordnung, der Personalausweisverordnung und der Aufenthaltsverordnung

Der DBSV begrüßt, dass künftig beim Personalausweis die Möglichkeit einer Braillebeschriftung besteht. Anders als im Entwurf der Personalausweisverordnung vorgesehen, hält der DBSV eine dauerhafte Brailleprägung aller Ausweise für erforderlich. Nur so entsteht ein inklusives Produkt, welches ohne Antragstellung und ohne fremde Hilfe von vornherein von Menschen mit Behinderung selbstbestimmt genutzt werden kann.

Mit dem vorgelegten Entwurf einer Verordnung zu automatisierten Datenabrufen aus den Pass- und Personalausweisregistern sowie zur Änderung der Passverordnung, der Personalausweisverordnung und der Aufenthaltsverordnung beabsichtigt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Problem blinder Menschen anzugehen, dass Personalausweis, eID oder elektronischer Aufenthaltstitel nicht von anderen Karten durch Ertasten unterschieden werden können. Als Lösung soll laut Entwurf der Verordnung auf Antrag ein Aufkleber mit Brailleschrift auf das entsprechende Dokument durch die zuständige Behörde aufgebracht werden.

Wir begrüßen, dass die Belange blinder und sehbehinderter Menschen künftig bei Personalausweis, eID oder elektronischem Aufenthaltstitel bedacht werden sollen. Das vorgeschlagene Verfahren, lediglich einen Aufkleber zur Braillebeschriftung zu verwenden, halten wir für ein so wichtiges Dokument wie den Personalausweis aus zwei Gründen für nicht angemessen:

  1. Mit dem Lösungsvorschlag entsteht kein inklusives Produkt, welches die Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention nach einem Universal Design umsetzt und somit von vornherein von Menschen mit Behinderung ohne fremde Hilfe selbstbestimmt genutzt werden kann. Vielmehr manifestiert das Verfahren eine Sonderbehandlung von blinden Menschen, die nur auf Antrag ein für sie handhabbares Produkt erhalten, an dessen Gestaltung bereits ein bestimmtes Merkmal (hier: Blindheit) der Karteninhaberin bzw. des Karteninhabers erkennbar ist.
  2. Das Aufbringen eines Braille-Aufklebers ist ein sekundäres und damit unsicheres Verfahren. Es birgt die Gefahr der Abnutzung – gerade bei Dokumenten, die man ständig bei sich hat – und damit der verminderten Lesbarkeit.

Aus diesen Gründen sollte die Braillebeschriftung von Ausweisdokumenten die folgenden Anforderungen erfüllen:

  • Die Braillebeschriftung wird als sicherer Bestandteil des Ausweisdokuments in Form einer Brailleprägung mitproduziert. Eine direkte Prägung gewährleistet eine dauerhafte taktile Erkennbarkeit der Braillebeschriftung. Für die Punkthöhe bewährt hat sich die Brailleprägung der Gesundheitskarte.
  • Über die Braillebeschriftung muss der Ausweis eindeutig identifiziert werden können.
  • Die Braillebeschriftung wird grundsätzlich auf allen Personalausweisen vorgenommen.

Im Entwurf Verordnung sind aus Sicht des DBSV in Artikel 3 „Änderung der Personalausweisverordnung“ die Nummer 8 und Nummer 9 sowie in Artikel 4 die Nummer 1 b) entsprechend der genannten Anforderungen zu ändern.

Sollte (vorübergehend) an der Braillebeschriftung auf Antrag festgehalten werden, so muss die Antragstellung eines Braille-Aufklebers geregelt werden. Dazu gehört, dass Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeit einer Braillebeschriftung informiert werden. Ebenso müssen die Aufkleber in den Behörden in ausreichendem Maß vorhanden sein, so dass die ausstellende Behörde für die Ausgabe eines Personalausweises mit Braille-Aufkleber nicht mehrfach aufgesucht werden muss. Die Anbringung zu einem späteren Zeitpunkt nach Artikel 3 Nummer 9 sollte sich auf Situation wie zum Beispiel einer Erblindung zu einem späteren Zeitpunkt beschränken.

Auch der elektronische Identitätsnachweis mit mobilem Endgerät muss für Menschen mit Behinderung zugänglich und nutzbar sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Inhaberin bzw. dem Inhaber des Ausweises eine barrierefreie Software zur Einrichtung des elektronischen Identitätsnachweises zur Verfügung steht. Daher sollte in Artikel 3 „Änderung der Personalausweisverordnung“ die Nummer 15. unter §22 (6) 7 ergänzt werden:

„Die Hersteller einer nach Absatz 1 verwendeten Software gewährleisten die barrierefreie Nutzbarkeit ihrer Software unter Beachtung der harmonisierten europäischen Norm EN 301 549.“