Tag der Verkehrssicherheit 2020

Der Tag der Verkehrssicherheit wurde 2005 vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat ins Leben gerufen. Seitdem werden jedes Jahr am 3. Samstag im Juni unter dem Motto „Gemeinsam für mehr Sicherheit“ unterschiedlichste Aktionen durchgeführt, um der Öffentlichkeit Themen der Verkehrssicherheit näherzubringen.

Der Tag der Verkehrssicherheit wird in 2020 digital durchgeführt. Mit der Aktion #1000sichereWünsche wurden u. a. Organisationen und Verkehrsteilnehmer dazu aufgerufen, ihre Wünsche für mehr Verkehrssicherheit auf ihren sozialen Netzwerken zu posten.

Sicheres Queren von Radwegen für zu Fuß Gehende

Radfahren ist aus mehreren Gründen im Kommen. Das Rad ist neben dem zu Fuß gehen das am meisten genutzte umweltneutrale Verkehrsmittel in Stadt und Land. Zudem weist die Fortbewegung mit dem Fahrrad große Vorteile für die Gesundheit der Radfahrenden auf.

Der Ausbau einer sicheren Infrastruktur für Radfahrende ist ausgesprochenes Ziel der Bundesregierung, die momentan an dem neuen Nationalen Radverkehrsplan arbeitet. Angestrebt wird insgesamt der verstärkte Ausbau von Radschnellstraßen, von straßenbegleitenden Radwegen wie z. B. Protected Bike-Lanes, aber auch Förderungen von Verleihsystemen und den Erwerb von Lastenrädern in einigen Bundesländern sind u. a. Maßnahmen, die das Radfahren attraktiver und sicherer machen sollen. In der Corona-Krise sind viele Menschen auf das Radfahren umgestiegen um den ÖPNV und die potentielle Ansteckungsgefahr darin zu umgehen. In diesem Zuge sind in einigen Städten Pop-up Bike-Lanes entstanden.

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband begrüßt den Schritt Deutschlands zu einer Radverkehr fördernden Gestaltung des Verkehrsraums. Aber werden bei diesen Entwicklungen die schwächeren Verkehrsteilnehmer berücksichtigt? - Eine nachhaltige und soziale Radverkehrspolitik muss alle Verkehrsteilnehmer im Blick haben. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer ist hier wichtig!

Ein wesentlicher Bestandteil für die selbstständige Mobilität von zu Fuß Gehenden ist das sichere Queren sowohl des Radweges wie der Straße. Dies ist für blinde und sehbehinderte zu Fuß Gehende schwierig, da der Radverkehr zu leise ist und sie keine Lücke im Verkehrsfluss aushorchen können.

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband fordert deshalb für die Sicherheit aller zu Fuß Gehenden folgende Aspekte in der Radverkehrsplanung:

  • Radwege sind an Fußgängerquerungen konsequent auf Fahrbahnniveau zu führen. Die Regelungen im Kreuzungsbereich sollten für das Fahrrad wie für den motorisierten Verkehr gleich sein.
Foto eines baulich getrennten Radweges, der im Querungsbereich auf Straßenniveau geführt wird
  • Grün für zu Fuß Gehende bedeutet Rot für querende Räder, PKWs und LKWs. Dies bedeutet auch keinen Rechtsabbiegepfeil für Rad Fahrende.
  • Fußgängerüberwege („Zebrastreifen“) verlaufen sowohl über Fahrbahn und Radweg. Sie gewähren dem zu Fuß Gehenden Vorrang und stellen eine für alle Verkehrsteilnehmer bekannte Regelung dar.
Foto einer Querung der Fahrbahn mit Fußgängerüberweg (Zebrastreifen) über Radweg auf und Straße
  • Situationen bei denen ein Radweg zum Erreichen der Ampel und den Bord an der Straße gequert werden muss sind absolut zu vermeiden. (Siehe: Negativbeispiel aus den Niederlanden.)
Zeichnung des niederländischen Modells einer Querung. Der Radweg wird straßenseitig jeweils von einer Fläche auf Gehewegniveau umfasst.
  • Wo dies nicht zu vermeiden ist, müssen Fußgängerüberwege über Radwege angelegt werden.
Foto eines Radwegs auf dem Gehweg, welcher im Beich der Führung von Langstocknutzer durch Bodenindikatoren mit einem Zebrastreifen versehen ist.
  • Auch bei Fahrradstraßen und anderen Straßen mit Tempo 30 oder geringer werden dringlich sichere Querungen durch Fußgängerüberwege („Zebrastreifen“) oder Lichtsignalanlagen mit Einrichtungen für Blinde („Blindenampeln“) benötigt.

Neben diesen Merkmalen, die für alle zu Fußgehende wichtig sind, müssen bauliche Radwege, die auf dem Gehweg angeordnet sind, folgende Merkmale aufweisen damit sie von blinden und sehbehinderten Personen erkennbar sind:

Sie müssen mit einem mindestens 30 cm breiten visuell und taktil kontrastierenden Streifen vom Gehweg abgetrennt sein. Der Trennstreifen muss ein anderes Material als ein klassischer Bodenindikator sein.

Falls eine Querung eines solchen niveaugleichen, getrennten Radweges notwendig ist, wie z. B. um zur Bushaltestelle zu gelangen, dann müssen die Bodenindikatoren in diesem Bereich normgerecht ausgeführt sein (DIN 32984).

 

Keine gemeinsamen Geh- und Radwege

Für alle zu Fuß Gehenden, aber insbesondere für blinde und sehbehinderte Personen sowie für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und Kinder ist die Sicherheit des Gehwegs ein elementares Bedürfnis. Es ist ein wichtiger Baustein für die selbstständige Mobilität. Unsichere oder als unsicher wahrgenommene Bereiche werden gemieden, es entstehen „No-Go-Areas“, was die persönliche Freiheit stark einschränkt.

Der Ausbau des Radverkehrs geht in vielen Gemeinden leider viel zu oft zu Lasten der Gehwege. Es werden wie von der StVO zugelassen gemeinsame Geh- und Radwege eingerichtet. Dies ist eine große Beeinträchtigung für zu Fuß Gehende. Selbst der ADFC rät von diesen Lösungen ab, wie in dem 2019 veröffentlichten Booklet „So geht Verkehrswende“ dargelegt. Denn für beide Verkehrsteilnehmer birgt die gemeinsame Nutzung des Gehweges wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten erhebliche Gefahren.

Der DBSV fordert deshalb:

„Konsequente Trennung von Geh- und Radwegen“

und

„Keine gemeinsamen Geh- und Radweg, keine für den Radweg freigegebene Gehwege!“

Grundlagen

Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrsanlagen empfiehlt gemeinsame Geh- und Radwege nur für sehr wenige Fälle, da es wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu Konflikten und Unfällen kommen kann. Dominiert der Radverkehr, werden beispielsweise die Fußgänger häufig an den Rand gedrängt, während umgekehrt eine hohe Zahl an Fußgängern den Radverkehr behindert.

Laut ERA wird in Situationen wie Straßen mit intensiver Geschäftsnutzung, an sozialen Einrichtungen mit vielen schutzbedürftigen Fußgängern oder an Hauptverbindungen des Radverkehrs die gemeinsame Nutzung ausgeschlossen.

Gemeinsame Geh- und Radwege dürfen laut ERA nur dort zum Einsatz kommen, wo es wenig Rad- und Fußverkehr gibt und diese Wege keine wichtige Funktion für die jeweilige Verkehrsart haben.

Die Straßenverkehrsordnung hat zwei Zeichenarten, die eine Nutzung von Gehwegen durch Rad Fahrende zulassen.

Zitat Fuss e.V.

 

Gemeinsame Geh- und Radwege

Straßenverkehrsschild für den gemeinsame Geh- und Radweg mit Zeichen 240 StVO / Blaues rundes Schild mit einem waagerechten Streifen oberhalb ein Piktogramm für zu Fuß Gehende und unten eines mit einem Fahrrad

Der gemeinsame Geh- und Radweg mit Zeichen 240 StVO (EFA, 3.1.2.5) ist für Radfahrer benutzungspflichtig (StVO Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1) Vorschriftzeichen). (…)
„Der Radverkehr muss auf solchen Wegen auf Fußgänger Rücksicht nehmen.“ (RASt, 6.1.6.4) (Zitat Fuss e.V.)

Freigabe von Gehwegen für den Radverkehr

Verkehrsschild für Gehweg Verkehrszeichen 239 nach StVO / blaues rundes Schild mit einem Piktogramm für zu Fuß Gehende / Frau mit Kind an der Hand

In Zusammenhang mit folgendem  Zeichen

Zusatzzeichen 1022-10 “Radfahrer frei“ nach StVO / Rechteckiges weißes Schild mit einem Piktogramm eiens Fahrrades unter dem das Wort "frei" steht

Bei der „Freigabe von Gehwegen für den Radverkehr mit Zeichen 239 StVO „Gehweg“ mit Zusatzzeichen 1022-10 “Radfahrer frei“ (ERA, 3.6) gibt es keine Benutzungspflicht. Der wesentliche Unterschied zur ersten Möglichkeit besteht also darin, dass dem Radverkehr die Wahlmöglichkeit zwischen Gehweg- und Fahrbahnbenutzung gelassen wird.

Voraussetzung für die Benutzung des Gehweges durch Fahrräder ist das Fahren auf Schrittgeschwindigkeit sowie die besondere Rücksichtnahme auf Fußgänger. Fußgängern muss bei potentiellen Konfliktsituationen immer der Vorrang eingeräumt werden (vgl. EFA, 3.1.2.5).

Zitat Fuss e.V.

 

Aufnahme von Bodenindikatoren in die Straßenverkehrsordnung (StVO)

Bodenindikatoren sind speziell für die Nutzung mit dem Langstock („Blindenstock“) entwickelte kontrastreiche Platten aus Rippen und Noppen. Sie dienen blinden und sehbehinderten Personen als Leitlinie und zur Absicherung von Gefahren.

Für Blinde und hochgradig sehbehinderte Personen ist für das sichere und gefahrenlose Nutzen von Gehwegen wesentlich, dass Bodenindikatoren immer mit einem seitlichen Abstand von mindestens 60 cm frei zugänglich bleiben. Dieses ist der Abstand der benötigt wird, um sich seitlich an dem Bodenindikator mit dem Langstock pendelnd vorbei zu bewegen.

Leider müssen blinde und sehbehinderte Menschen immer wieder feststellen, dass diese Sicherheit durch an Bodenindikatoren parkende Fahrzeuge und Fahrräder wesentlich beeinträchtigt ist. Zur Umgehung dieser Hindernisse muss der Leitstreifen bzw. das jeweilige Bodenindikationsfeld verlassen werden, wodurch sich die betreffende Person in eine vermeidbare Gefahr begibt.

Wichtig für den Ausschluss dieser Gefahr ist, dass Bodenindikatoren in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen werden.

Sie sind in der StVO als Zeichen zu erfassen und als solche im § 12 Abs. 3 als Zonen für unzulässiges Parken zu deklarieren.

Foto von zwei auf Bodenindikatoren abgestellten Fahrrädern.

Angaben zum Copyright

© Fotos: ABSV / Woltersdorf
© Foto Fußgängerüberweg auf Radweg im Gehweg: BSBH
© Grafik Querungsbereich aus den Niederlanden: ADFC / Booklet „So geht Verkehrswende“

 

Ansprechpartnerin für Ihre Fragen:

Hilke Groenewold
Dipl. –Ing. Architektin und Referentin für Barrierefreiheit des DBSV - Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V
Rungestr. 19, 10179 Berlin
Tel.: +49 (0)30 28 53 87 190,
Fax: +49 (0)30 28 53 87 200
E-Mail: h.groenewold@dbsv.org