Forderungen zur Ausbildung und zum Einsatz von Blindenführhunden

Pressebild zum Download (Klick aufs Bild): Übergabe der Führhundresolution des DBSV, Bildnachweis DBSV/Ziebe
Pressebild zum Download (Klick aufs Bild): Übergabe der Führhundresolution des DBSV, Bildnachweis DBSV/Ziebe

Anlässlich des Jubiläums "100 Jahre Ausbildung von Blindenführhunden in Deutschland" hat der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) auch auf aktuelle Probleme bei der Ausbildung und dem Einsatz von Führhunden hingewiesen. Am 23. September 2016 haben deshalb zehn Führhundhalter die Resolution "Blindenführhunde: Qualität der Versorgung und Zugangsrechte stärken!" mit den wichtigsten Forderungen des Verbandes an den Bundestagsvizepräsidenten Johannes Singhammer überreicht.

Die Übergabe fand in Anwesenheit der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Verena Bentele, sowie der behindertenpolitischen Sprecher der Fraktionen vor dem Reichstagsgebäude statt. Es folgt der Resolutionstext.

Resolution "Blindenführhunde: Qualität der Versorgung und Zugangsrechte stärken!"

Führhunde ermöglichen ein hohes Maß an Mobilität und Unabhängigkeit und leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen. Aber auch 100 Jahre nach der Gründung der weltweit ersten Führhundschule sind Qualität in der Ausbildung der Hunde und der Gespanne sowie der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen noch lange nicht selbstverständlich. Daher fordert der Verwaltungsrat des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes:

Zugangsrechte stärken!

Blindenführhunde sind speziell ausgewählt, ausgebildet und als Hilfsmittel anerkannt. Von ihnen gehen weder Gefahren noch Hygienerisiken aus. Wenn der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wegen eines Führhundes versagt wird, ist das eine Diskriminierung. Es bedarf daher einer Stärkung der Zugangsrechte. Neben weiteren geeigneten Maßnahmen erfordert dies insbesondere eine Ergänzung der Behindertengleichstellungsgesetze. Hier müssen die Mitnahme und der Einsatz benötigter Hilfsmittel einschließlich der Assistenz durch Tiere als Bestandteil der Barrierefreiheit definiert werden.

Hilfsmittelverzeichnis überarbeiten!

Die 1993 ins Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommenen „Qualitätskriterien für Blindenführhunde“ entsprechen inhaltlich nicht mehr der üblichen Praxis und dem aktuellen Kenntnisstand hinsichtlich Auswahl und Ausbildung des Hundes, der Einarbeitung des Mensch-Hund-Gespannes und der Qualitätssicherung. Sie sind daher unter aktiver Beteiligung der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe neu zu fassen. Kernforderung ist dabei die Etablierung einer prozessbegleitenden Qualitätskontrolle.

Präqualifizierungsverfahren einrichten und anwenden!

Seit 2009 müssen Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung ein Präqualifizierungsverfahren, d. h., eine sogenannte „vorwettbewerbliche Eignungsprüfung“, durchlaufen. Im Bereich der Führhundversorgung wird diese rechtliche Vorgabe ignoriert: Krankenkassen schließen Versorgungsverträge mit einzelnen Führhundschulen auf Basis von selbst gewählten, intransparenten und nicht verhandelten Kriterien. Damit muss Schluss sein!

Blinde und sehbehinderte Menschen, die ihr Leben einem Blindenführhund anvertrauen, müssen sich darauf verlassen können, dass die unter Vertrag stehenden Führhundschulen verbindliche und transparente Mindeststandards erfüllen und die Krankenkassen diesbezüglich ihre Kontrollfunktion ernst nehmen. Das Präqualifizierungsverfahren für Hilfsmittelerbringer muss deshalb auch für Blindenführhundschulen eingeführt werden und verbindlich gelten.

Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote schaffen!

Viele angehende Führhundtrainerinnen bzw. Führhundtrainer haben Erfahrung im Umgang mit Hunden, aber zu wenig Kenntnisse über die Lebenswirklichkeit blinder und hochgradig sehbehinderter Menschen, beispielsweise bezüglich Strategien zu Orientierung und Mobilität. Diese Kenntnisse sind jedoch Voraussetzung für die bedarfsgerechte Auswahl und Ausbildung der Hunde sowie die Zusammenführung von Hund und zukünftiger Führhundhalterin bzw. zukünftigem Führhundhalter. Fehlendes Know-how kann Störungen im Verhältnis von Mensch und Tier bewirken und eventuell lebensgefährliche Folgen haben. Es ist daher ein verbindliches Ausbildungs- und Qualifizierungsangebot für angehende Blindenführhund-Trainerinnen und -Trainer zu schaffen.

Beschlossen vom Verwaltungsrat des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e. V. (DBSV)