AVAS & Geräuscharme Fahrzeuge

Elektrofahrzeuge bewegen sich bei niedrigen Geschwindigkeiten nahezu lautlos. Daher stellen sie für blinde und sehbehinderte Fußgänger eine große Gefahr dar und erschweren die Orientierung im Straßenverkehr. Über WBU und EBU hat sich der DBSV erfolgreich dafür eingesetzt, dass ab Juli 2019 alle neuen Elektrofahrzeuge in zwei Stufen mit einem akustischen Ersatzsignal ausgestattet werden müssen.

Worum geht es?

Der DBSV begrüßt grundsätzlich die Entwicklung hin zu leisen und umweltfreundlichen Elektro- und Hybridfahrzeugen. Die geringe Geräuschemission schafft jedoch die Problematik, dass blinde und sehbehinderte Menschen sowie andere gefährdete Verkehrsteilnehmer wie Kinder, Senioren oder Fahrradfahrer, akustische Signale brauchen, um sich selbständig und sicher im Straßenverkehr bewegen zu können.

Die Lösung ist das sogenannte AVAS (Acoustic Vehicle Alert System), ein akustisches Warnsystem für geräuscharme Fahrzeuge. Hierbei handelt es sich um ein künstlich erzeugtes Geräusch, das einem Verbrennungsmotor ähnelt. Es wird bei geringen Geschwindigkeiten abgestrahlt, um Verkehrsteilnehmer über das Fahrzeug zu informieren. Ab einer Geschwindigkeit zwischen 20 km/h und 30 km/h sind die Roll- und Windgeräusche des Fahrzeuges laut genug, um diese Rolle zu übernehmen. Die wichtigsten Fragen zu AVAS hat die EBU in einem Dokument beantwortet, das Sie im Anhang finden (siehe Fragen und Antworten).

Was ist bis jetzt passiert?

Im April 2014 hat die Europäische Union die EU-Verordnung 540/2014 über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen verabschiedet. (siehe Gesetzestexte) Diese gilt unmittelbar für alle Fahrzeuge in Europa. Sie sieht vor, dass alle Elektro- und Hybridfahrzeuge mit einem AVAS ausgestattet werden müssen. Im Oktober 2016 hat die Arbeitsgruppe für Lärm der Vereinten Nationen in Genf den Standard R138 für AVAS veröffentlicht (siehe Gesetzestexte) und diesen im November 2017 als R138.01 aktualisiert (siehe Gesetzestexte). Im Juni 2017 hat die Europäische Kommission ihre Regeln über die Rechtsverordnung 2017/1576 ein erstes Mal gemäß den UN-Vorgaben angepasst (siehe Gesetzestexte). Eine zweite Anpassung ist für Ende 2018 geplant, um einen Pausenschalter für AVAS auch in Europa explizit zu verbieten.

Das AVAS muss laut EU und UN bei Geschwindigkeiten bis zu 20 km/h eingeschaltet sein, auch wenn das Auto rückwärts fährt. Das AVAS darf nicht abgeschaltet werden, da es ein Sicherheitsmerkmal ist. Die Untergrenze für das AVAS-Geräusch liegt bei 56 dB(A), das entspricht in etwa dem Geräuschpegel eines Kühlschranks. Das AVAS darf nicht lauter sein als ein vergleichbarer Verbrennungsmotor, macht die Straßen also nicht lauter. Diese Werte werden im Labor bei ungestörten Bedingungen und auf niedriger Höhe gemessen.

Was haben DBSV und EBU getan?

Seit 2009 arbeitet der DBSV zu geräuscharmen Fahrzeugen. Zunächst musste ein Bewusstsein für die Problematik geschaffen werden. Dazu hat der Gemeinsame Fachausschuss für Umwelt und Verkehr 2011 einen Workshop organisiert, an dem Forscher, das zuständige Ministerium, Versicherungen, Universitäten und DBSV-Mitglieder teilnahmen. Bis 2014 hat sich der DBSV als Koordinator der EBU-Kampagne zu geräuscharmen Fahrzeugen für die EU-Verordnung eingesetzt. Um die Arbeit der UN zu begleiten hat der DBSV gemeinsam mit der WBU 2015 einen Gipfel in Berlin veranstaltet, dessen Ergebnis ein Papier mit Anforderungen an ein AVAS war (siehe Positionspapiere). Ende 2018 hat der DBSV für die EBU in einem Artikel für die Fachzeitschrift "Government Europe" Anforderungen für die nächsten Jahre skizziert. Außerdem kommentiert der DBSV seit 2010 die Entwicklungen in verschiedenen Medien (siehe Medienberichte)

Was sind die nächsten Schritte?

Ab 1. Juli 2019 müssen alle neuen Fahrzeugtypen, also alle Elektrofahrzeuge, die neu auf den Markt kommen, mit AVAS ausgestattet sein. Ab 1. Juli 2021 müssen alle Elektrofahrzeuge, die neu auf die Straße kommen, mit AVAS ausgestattet werden. Nach Zahlen der britischen Zeitung The Guardian, gab es bis Ende 2018 in Europa allerdings bereits über 1,3 Millionen Elektrofahrzeuge, die nicht mit einem AVAS ausgestattet sind. Darunter sind viele E-Busse und E-Transporter, die europaweit angeschafft werden. Daher werden sich EBU und DBSV verstärkt für Nachrüstungsverpflichtungen und –anreize einsetzen. Außerdem setzt sich die EBU für eine kritische Evaluation der Grenzwerte und Messbedingungen für AVAS ein.

Weiterführende Dokumente

Ansprechpartner

Merve Sezgin

Referentin für Internationales und EU-Angelegenheiten

Telefon: 0049-30-28 53 87-120

international@dbsv.org

Twitter: @dbsv_germany

 

Stand: Februar 2019