Einführung des Merkzeichens TBl – Ein Beispiel für politische Partizipation

Es war ein langer Weg von 2004 bis 2017.
Jetzt ist Taublindheit als Behinderung eigener Art in Deutschland anerkannt.
Es gibt ein Merkzeichen „TBl“ für den Schwerbehindertenausweis.

Das ist geschehen:

April 2004

Das Europäische Parlament hat Forderungen an die EU-Länder.
Sie sollen die Rechte taubblinder Menschen anerkennen und sie berücksichtigen.

Mai 2007

Der „Gemeinsame Fachausschuss hörsehbehindert/taubblind“ (GFTB) fordert erstmalig ein Merkzeichen „TBl“ für taubblinde Menschen im Schwerbehindertenausweis.

September 2009

Es findet ein erstes bundesweites Taubblindentreffen in Radeberg statt. Taubblinde Menschen formulieren eine schriftlichen Erklärung.
Sie heißt auch Resolution.
Taubblinde Menschen fordern darin eine Einführung des Merkzeichens „TBl“.

März 2012

Taubblindenverbände treffen sich zu einem Fachgespräch über Taubblindheit mit dem „Bundesministerium für Arbeit und Soziales“ (BMAS).
Sie überreichen 14.000 gesammelte Unterschriften für das Merkzeichen.
Die Unterschriftenaktion organisierte die Stiftung „taubblind leben“.

November 2012

Die „Arbeits- und Sozialministerkonferenz“ (ASMK) fordert mit einstimmigen Beschluss das Merkzeichen.

Dezember 2012

Verbändevertreter führen ein wichtiges Gespräch mit dem BMAS in Bonn über die Definition und Feststellung von Taubblindheit.
Dabei sind: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), Bundesarbeitsgemeinschaft der Taubblinden (BAT) und Stiftung „taubblind leben“.

2013

Der Koalitionsvertrag (zwischen CDU, CSU und SPD) betont: „Zugang für Menschen mit Behinderung zu Transportmitteln, Informationen und Kommunikation sowie zu Einrichtungen und Diensten ist notwendig. Die Lebenssituation taubblinder Menschen werden wir dabei besonders berücksichtigen.“

3. Oktober 2013

700 taubblinde Menschen und viele Unterstützerinnen und Unterstützer demonstrieren in Berlin für ein Merkzeichen „TBl“.
Die Demonstration erhält viel Aufmerksamkeit.
Das Motto ist: Taubblinde in Isolationshaft.
Die BAT, der DBSV und Leben mit Usher-Syndrom (LMU) organisieren die Demonstration.

Mai 2014

Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller besucht den Verbandstag des DBSV.
Dort sagt sie im Auftrag von Frau Nahles (Bundesministerin für Arbeit und Soziales) die Einführung eines Merkzeichens zu.

September 2014

Das BMAS nimmt an dem Kongress „Leben mit Taubblindheit“ in Potsdam teil. Dort stellt es die Einführung des Merkzeichens für Januar 2016 in Aussicht.

November 2014

Der Ärztliche Fachbeirat Versorgungsmedizin des BMAS gründet eine Arbeitsgruppe „Außergewöhnliche Hörsehbehinderung/Taubblindheit“.
Sie schlägt ein Merkzeichen „aHS“ (außergewöhnlich hörsehbehindert) vor. Seit Gründung gibt es keine weitere Tagung.

Februar 2015

Lösekrug-Möller sendet einen Brief an den DBSV.
Sie schreibt, dass die Einführung des Merkzeichens zum Januar 2016 geplant ist.

26. April 2016

Im Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) ist ein Merkzeichen für taubblinde Menschen vorgeschlagen.
Es soll „aHS – außergewöhnlich hörsehbehindert“ heißen.

30. Mai 2016

Bei einer Veranstaltung der SPD-Fraktion im Bundestag erklärt Lösekrug-Möller, dass das Ministerium das Merkzeichen doch „TBl – taubblind“ nennen will.

September 2017

In einem Gespräch von Vertretern des DBSV und der BAT mit Dr. Rolf Schmachtenberg wird ausgehandelt, dass persönliche Assistenz auch die Kommunikation sichern muss; das ist wichtig, damit TBA auch qualifiziert sein muss.
Eine entsprechende Formulierung wird in § 78 SGB IX eingefügt.

Dezember 2016

Bundestag und Bundesrat beschließen das Merkzeichen mit dem Bundesteilhabegesetz.

30. Dezember 2016

Das Merkzeichen „TBl“ für den Schwerbehindertenausweis steht im eingeführten Bundesteilhabegesetz.