Wie funktioniert die Wahl mit einer Schablone?
Die Schablone ist aus Pappe gefertigt und wird für jede Wahl in der genau passenden Größe angefertigt. Dort, wo sich die Felder zum Ankreuzen befinden, sind kreisrunde Löcher ausgestanzt, die man gut ertasten kann. Sie sind zusätzlich schwarz umrandet, damit sie von sehbehinderten Menschen gut gesehen werden können. Neben diesen Feldern sind aufsteigende Nummern in Blindenschrift und tastbarer Schwarzschrift angebracht.
Der Stimmzettel wird vor dem Wahlvorgang in die Schablone eingelegt. Bei jedem Stimmzettel ist die rechte obere Ecke gelocht oder schräg abgeschnitten. So kann man ertasten, wie der Stimmzettel in die Schablone eingelegt werden muss.
Um zu wissen, in welches Loch man sein Kreuz setzen möchte, benötigt man die Audio-CD.
Auf dieser wird erklärt:
- wie man die Wahlschablone benutzt
- wie der Stimmzettel aufgebaut ist,
- welche Kandidatinnen, Kandidaten und Parteien zur Wahl antreten und welches Loch der Wahlschablone zu nutzen ist, wenn man sie auf dem Wahlzettel ankreuzen möchte.
Wichtig: Nach der Stimmabgabe sollte die Wahlschablone vernichtet werden, um keinen Rückschluss auf das Wahlverhalten zuzulassen.

Bundestagswahlen
Die letzte Bundestagswahl fand am 26.09.2021 statt.
Für die Durchführung von Bundestagswahlen und in Deutschland für Wahlen zum Europäischen Parlament ist das Bundesinnenministerium (BMI) verantwortlich.
Das BMI und der DBSV ermöglichen bei diesen Wahlen den blinden und sehbehinderten Menschen das Wählen mit einer Stimmzettelschablone wie folgt:
- Die Stimmzettelschablonen werden über die DBSV-Landesvereine nach Rücksprache und Abstimmung mit dem Landeswahlleiter bzw. der Landeswahlleiterin hergestellt, der bzw. die für das jeweilige Bundesland zuständig ist. Die Herstellung dieser Stimmzettelschablonen und der dazugehörigen Umschläge wird über den DBSV koordiniert.
- Die DBSV-Landesvereine erstellen auf einer CD erläuternde Begleitinformationen über den Aufbau der Stimmzettelschablone und die Reihenfolge der zur Wahl stehenden Personen bzw. Parteien.
- Die Stimmzettelschablone mit den erläuternden Begleitinformationen erhalten die DBSV-Mitglieder, sobald alle notwendigen Informationen vorliegen.
- Nicht-Mitglieder des DBSV, die eine Stimmzettelschablone benötigen, wenden sich an den örtlich zuständigen DBSV-Landesverein. Die Bestellung der Wahlschablone muss unbedingt beim jeweiligen DBSV-Landesverein erfolgen, da es für jeden Wahlkreis eine unterschiedlich aufgebaute Wahlschablone geben kann. Die Informationen auf den Audio-CDs unterscheiden sich, da es für jedes Bundesland eine eigene Landesliste und für jeden Wahlkreis unterschiedliche Direktkandidatinnen und -kandidaten gibt.
- Im Rahmen eines Pilotprojektes wird es in Nordrhein-Westfalen erstmalig bei einer Bundestagswahl die Stimmzettelinhalte als Telefonansage geben und diese Informationen können im Internet abgefragt werden; vertiefende Informationen gibt es unter www.BSVW.org/wahlen
Wahlen zum Europaparlament
Die Erstellung und Verteilung der Stimmzettelschablonen zur Wahl zum Europaparlament erfolgt grundsätzlich - wie zur Bundestagswahl - über den DBSV.
Hier finden Sie eine deutsche Teilübersetzung eines Berichts zu Wahlen in Europa, den der DBSV im Auftrag der Europäischen Blindenunion verfasst hat.
Der DBSV hat zudem die Wahlkampfmaterialien aller zur Europawahl 2019 zugelassenen Parteien auf ihre Barrierefreiheit getestet. Die Ergebnisse finden Sie unter: www.dbsv.org/zeugnisvergabe.html
Landtagswahlen und Kommunalwahlen
Für die Erstellung der Stimmzettelschablonen auf Landes- bzw. auf Kommunalebene ist nicht der DBSV zuständig.
Ansprechpartner sind hier die jeweiligen DBSV-Landesvereine.
Sozialwahlen
Sozialwahlen finden alle sechs Jahre statt.
Bei einer Sozialwahl werden die Vertreterinnen und Vertreter der höchsten Gremien in den Selbstverwaltungen aller gesetzlichen Sozialversicherungsträger gewählt; die Sozialversicherungsträger sind die gesetzlichen Rentenversicherungen, die gesetzlichen Krankenkassen und die gesetzlichen Unfallversicherungen.
Die nächste Sozialwahl findet vom April bis zum 31.05.2023 statt.
Bei den meisten Sozialversicherungsträgern finden sogenannte Friedenswahlen statt, d.h. der eigentliche Wahlakt entfällt, da die Anzahl der sich zur Wahl stellenden Vertreterinnen und Vertreter mit der Anzahl der wählbaren Vertreterinnen und Vertreter übereinstimmt. (Eine Friedenswahl ist also immer barrierefrei; Wahlschablonen für blinde und sehbehinderte Menschen werden nicht benötigt.)
Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und bei fünf Krankenkassen findet ein aktiver Wahlakt statt, und es können Wahlschablonen und Informationsmaterial für blinde und sehbehinderte Menschen angefordert werden; zusätzlich sind bei den fünf Krankenkassen barrierefreie Onlinewahlen möglich. (Mit Stand 06.04.2023 sind die Webseiten zu den Möglichkeiten einer Onlinewahl noch nicht frei gegeben.)
Hier die Kontaktdaten zu den fünf Krankenkassen und zur Deutschen Rentenversicherung Bund:
Barmer:
Telefon: 0800-33 30 04 99 80 320
Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK):
Telefon: 040-325 325 640
Deutsche Rentenversicherung-Bund (DRV-Bund):
Sozialwahl@DRV-Bund.de
Telefon: 0800-315 20 23
Soweit bekannt ist bei der DRV-Bund keine Onlinewahl möglich.
Handelskrankenkasse (HKK):
Sozialwahl@HKK.de
Telefon: 0421-36 55 33 96
Der Link für die Onlinewahl ist noch nicht bekannt.
Kaufmännische Krankenkasse (KKH):
Telefon: 0800 554 86 40 554
https://www.kkh.online-sozialwahl2023.de
Techniker Krankenkasse (TK):
Service@TK.de
Telefon: 040 - 46 06 62 54 50
Forderungen des DBSV für barrierefreies Wählen
Der DBSV setzt sich seit langem dafür ein, dass Wählen barrierefrei möglich ist. Zu den Forderungen für Bundestags- und Europawahlen gehören:
- bundesweit ein einheitliches Format des Stimmzettels
- eine gute Lesbarkeit des Stimmzettels und damit verbunden präzise Vorgaben zu Schriftart, Schriftgröße und Kontrast in den Wahlordnungen
Gesetzliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlage für die Wahl mit Wahlschablone ist bei Bundestagswahlen § 57 Absatz 4 der Bundeswahlordnung.
Die gesetzlichen Vorgaben zur Unterstützung durch eine Assistenzperson finden sich für Bundestagswahlen in § 14 Absatz 5 des Bundeswahlgesetzes und § 57 der Bundeswahlordnung.
Vergleichbare Regelungen gelten auch bei Europawahlen.
Hintergrundinformationen
Die ersten Stimmzettelschablonen kamen zur Bundestagswahl 1980 in Marburg zum Einsatz. Doch bei den zuständigen Behörden stieß dies auf Skepsis. Zur Bundestagswahl 1987 entschied der hessische Landeswahlleiter, dass der Einsatz von Wahlschablonen nicht erlaubt sei. Diese Entscheidung wurde dann durch eine einstweilige Verfügung aufgehoben.
Im Vorgriff auf das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) wurde im Jahr 2002 erstmals bei Bundestagswahlen bundesweit die Wahl mit Stimmzettelschablonen ermöglicht. Das Verfahren hat sich bewährt und ist von blinden und sehbehinderten Wählerinnen und Wählern auch bei nachfolgenden Wahlen zu den Landtagen, zum Europäischen Parlament und zum Deutschen Bundestag gut angenommen worden. Blinde und sehbehinderte Menschen haben mit den Wahlschablonen die Möglichkeit zu einer selbstbestimmten Teilhabe am politischen Leben. Zuvor waren sie bei Wahlen immer auf fremde Hilfe angewiesen.
Auf kommunaler Ebene müssen blinde und sehbehinderte Menschen auch heute noch oft auf Stimmzettelschablonen verzichten.
Ansprechpartner
Torsten Resa Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) Ansprechpartner zu Wahlschablonen Telefon: 030 285387-281 Telefax: 030 285387-273 t.resa@dbsv.org