„Welche Unterstützung wünschen Sie sich von sehenden Menschen in Corona-Zeiten?“
Zu diesem Thema hat der DBSV im Mai 2020 eine Umfrage unter sehbehinderten und blinden Menschen durchgeführt. Hier die am häufigsten genannten Wünsche nach Themenbereichen sortiert.
(Zuletzt aktualisiert im August 2021.)
- Hilfe anbieten
Wie viel Hilfe ein sehbehinderter Mensch braucht, hängt unter anderem ab von seiner Erfahrung, seinem Wissen und seiner Tagesform. Aber Hilfe anzubieten, ist niemals falsch und auch aus sicherer Entfernung möglich. Ein Satz wie „Die Dame mit dem weißen Stock – kann ich Ihnen helfen?“ ist völlig in Ordnung. - Reden
In Zeiten des Abstandhaltens sind sehbehinderte und blinde Menschen noch mehr als sonst darauf angewiesen, dass man mit ihnen spricht. „Ich sag Ihnen gern Bescheid, wenn Sie dran sind.“ „Einen Meter rechts von Ihnen ist ein Spender für Desinfektionsmittel.“ „Wenn Sie einen Schritt zurückgehen, stehen Sie hinter der Markierung.“ Ein Großteil der Befragten kann gar nicht genug von freundlichen Hinweisen dieser Art bekommen. - Abstand halten
Ob auf dem Bürgersteig oder in der Straßenbahn – viele Menschen mit Seheinschränkung bekommen nicht früh genug mit, wenn ein zu geringer Abstand droht. Deshalb sind sie darauf angewiesen, dass man ihnen ausweicht. Und sollte das nicht möglich sein, weil man im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rücken zur Wand steht: Einfach etwas sagen! - Busfahren
Bei Bussen, in denen der vordere Bereich abgesperrt ist, können sehbehinderte und blinde Menschen nicht mehr wie gewohnt beim Fahrer einsteigen, ihn fragen, auf welcher Linie er fährt, und sich dann auf die vorderen Plätze für schwerbehinderte Menschen setzen. Deshalb ist es hilfreich, wenn jemand anbietet, die an der Haltestelle ankommenden Buslinien anzusagen und bei der Suche nach Bustür und Sitzplatz als „Navi“ zu dienen. - Einkaufen
Viele Befragte haben Schwierigkeiten mit der Pflicht, einen Einkaufswagen zu benutzen, weil das den Einsatz ihres weißen Stockes erschwert. Wer Nudelpackungen abtastet, um die richtige Sorte zu erwischen, muss sich auf böse Kommentare gefasst machen. Auch Abstandsmarkierungen, die mit dem Stock nicht ertastet werden können, sorgen für Probleme. In vielen Situationen wäre mehr Gelassenheit beim Personal und den anderen Kunden sehr willkommen. - Neue Regeln
Seit Beginn der Pandemie werden vielerorts Zettel ausgehängt, um die Zahl der Kunden zu beschränken, Eingang und Ausgang zu trennen, das Hygiene-Konzept vorzustellen … Die Befragten würden die neuen Regeln gern beachten, können die Zettel aber nicht lesen und benötigen deshalb Unterstützung. Hinweise könnten beispielsweise in großer Schrift oder als E-Mail angeboten, im Internet veröffentlicht oder vom Personal und anderen Kunden vorgelesen werden. - Kontraste
Viele Bereiche in Supermärkten, Arztpraxen, Bäckereien etc. sind mit transparentem Plexiglas „verbarrikadiert“ worden. Sehbehinderte Menschen stoßen sich daran die Köpfe und verbringen viel Zeit damit, die „Durchreiche“ zu suchen. Was spricht dagegen, die Ränder der Scheiben mit kontrastreichem Klebeband zu markieren? Auch der Kontrast von Markierungsstreifen zum Fußboden könnte oft optimiert werden. - Masken
An alle Träger von Mund-Nasen-Bedeckungen geht die Bitte, besonders klar und deutlich zu sprechen, weil die Maske die Verständlichkeit reduziert. Während sehende Menschen das mit sprachbegleitenden Gesten ausgleichen können, sind blinde und auch viele sehbehinderte Menschen voll und ganz auf die Stimme des Gegenübers angewiesen.
Einige der Befragten wünschen sich Verständnis dafür, dass sie aufgrund einer bestimmten Seheinschränkung keine Maske tragen – sie könnten sonst gefährliche Hindernisse wie abwärts führende Treppenstufen nicht mehr erkennen. - Warteschlangen
„Corona-Schlangen“ mit Abstand zwischen den Wartenden sind für viele sehbehinderte und blinde Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Sie würden sich freuen zu erfahren, dass es eine Schlange gibt, ob sie zur Post oder zum Bäcker führt, wo man das Ende der Schlange findet und wann man vorrücken soll. - Verständnis
Zahlreiche Befragte geben an, dass sie sich kaum noch aus dem Haus trauen, aus Sorge, etwas falsch zu machen. Sie wünschen sich weniger Bemerkungen wie „Steht doch da“ und „Warum nehmen Sie sich keine Begleitung mit“. Stattdessen wünschen sie sich mehr Gelassenheit, mehr Hilfsbereitschaft, mehr Kommunikation und mehr Verständnis für ihre Situation.
(Die Reihenfolge der Tipps gibt nicht die Häufigkeit der Nennungen wieder.)