Verkehrssichere Gestaltung von Abstellflächen und Ausleihstationen für Elektrokleinstfahrzeugen im öffentlichen Raum
GFUV-Position vom 26. August 2020
Das Abstellen von E-Tretrollern auf Gehwegen, sowie aller anderen Elektrokleinstfahrzeuge (im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung - eKFV), stellt für alle Fußgänger eine Erschwernis bei der Fortbewegung dar.
Verfasser: Hilke Groenewold, Eberhard Tölke, Manfred Fuchs
Für blinde und sehbehinderte Menschen ist dies nicht nur hinderlich, sondern führt zu massiven Orientierungsschwierigkeiten und bringt, aufgrund der nicht rechtzeitigen visuellen Erkennbarkeit dieser Hindernisse, ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich. Zudem werden die Leih-Elektro-Tretroller sehr oft an gefahrenträchtigen Orten abgestellt, wie z. B. senkrecht zu den Hauswänden in der Nähe von Eingängen von Läden, vor Treppenanlagen, in der Nähe von Ampelmasten und unmittelbar an Bodenindikatoren, den Bodenleitelementen für blinde und sehbehinderte Personen.
Daher dürfen Elektrokleinstfahrzeuge generell nicht in den freizuhaltenden nutzbaren Gehwegbereichen abgestellt werden.
Die von einigen Kommunen ausgesprochenen Parkverbotszonen bei Denkmälern und besonders frequentierten Quartieren und Plätzen für Elektrokleinstfahrzeuge sind als Lösung des Problems allein nicht ausreichend. Es bedarf für die sonstigen Stellflächen klarer und eindeutiger Regelungen für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen zum Schutz aller zu Fuß Gehenden sowie der Fahrzeugnutzenden.
In der Regel sollten Abstellflächen für Elektrokleinstfahrzeuge so angeordnet werden, dass ein Queren der nutzbaren Gehwegfläche zum Abstellort nicht nötig ist. Diese könnten auf Straßenniveau auf umgewidmeten PKW-Stellplätzen angeordnet sein. Bei breiten Gehwegen könnten diese in angemessenem Abstand zu Fußgängerüberquerungen und der taktil und visuell kontrastreichen ausgebildeten Gehflächenbegrenzung in Richtung Bordsteinkante angeordnet sein.
Werden Abstellanlagen und -flächen für Elektrokleinstfahrzeuge entlang von niveaugleichen Gehflächen angeordnet, sind diese aus Sicherheitsgründen für blinde und sehbehinderte Menschen taktil (mit Füßen und Blindenlangstock ertastbar) und visuell kontrastreich wahrnehmbar in ihrer gesamten Länge vom Gehwegbereich abzugrenzen (Zwei-Sinne-Prinzip). Die Vornahme einer lediglich visuellen Abgrenzung ist keinesfalls zulässig.
Eine Abgrenzung kann mit Hilfe von
- Trennstreifen als bevorzugte Variante (auch Begrenzungsstreifen genannt),
- feste mit dem Langstock ertastbare Umzäunungen (bis auf den Boden herabreichend oder Tastleiste ≤ 15 cm),
- mindestens 3 cm hohen Bord- oder Rasenkantensteinen,
- Grünstreifen (in Breite von 30 cm bis vorzugsweise 60 cm) oder auch
- Trennbalken
erfolgen.
Trennstreifen sind in einer Mindestbreite von 30 cm, vorzugsweise jedoch in 60 cm, Breite anzuordnen. Für diese dürfen keine Bodenindikatoren verwendet werden. Geeignet sind beispielsweise Streifen aus Kleinpflastersteinen, die sich taktil und visuell gut vom angrenzenden Belag unterscheiden. Für den Leuchtdichtenkontrast ist grundsätzlich ein Kontrastwert von 0,4 entsprechend der Michelson-Formel anzustreben. Die taktile Erkennbarkeit der Trennstreifen kann durch Muldenstrukturen oder Aufwölbungen deutlich erhöht werden.
Bei der Planung ist zu beachten, dass der Trennstreifen zwar zum Gehweg gehört, jedoch nicht - auch nicht anteilig - der nutzbaren Gehwegbreite zugerechnet werden kann.
Sehr wichtig ist die visuelle und taktile Abgrenzung von Abstellanlagen für Elektrokleinstfahrzeuge auf unübersichtlichen Plätzen und in großräumigen Fußgängerbereichen. Besonders, wenn sich diese unmittelbar an stark frequentierten Verkehrsanlagen mit hohem Verkehrslärm befinden. An solchen Plätzen empfiehlt sich darüber hinaus, um eine klare Orientierung zu geben, eine taktile und visuelle Führung für blinde und sehbehinderte Fußgänger gemäß DIN 32984 „Bodenindikatoren im öffentlichen Raum". Diese würde konsequent an den Gefahrenbereichen vorbeiführen.
Bei der Überquerung von Zufahrten zu Abstellanlagen von Elektrokleinstfahrzeugen, welche über den Gehweg geführt werden, ist der Fußgänger gemäß StVO uneingeschränkt bevorrechtigt. Dies ist unbedingt den Leihnehmer*innen im Leihvertrag mitzuteilen.
Solche Gehwegüberfahrten sind nach DIN 32984-2020, Abschnitt 5.3.6.3 mit Bodenindikatoren und ggf. sonstigen Leitelementen zu kennzeichnen.
Abschließend empfiehlt der DBSV die Abstellflächen an Stationen bei U- und S-Bahn-Stationen zu verorten. Diese sollten so angeordnet sein, dass sie wie oben beschrieben straßenseitig auf dem Gehweg oder in Parkflächen auf Straßenniveau angeordnet sind
Die Abstellfläche ist vom Gehweg visuell und taktil kontrastreich abzutrennen.
Die zugehörige App dürfte entsprechend nur das Abstellen an diesen Stationen zulassen. So wird vermieden, dass die E-Scooter an unpassenden Orten abgestellt werden, damit zu Barrieren werden und nicht nur blinde und sehbehinderte, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer*innen gefährden.
Solange es keine entsprechende Lösung gibt, müssen gefährliche Abstellsituationen der E-Scooter durch Informationen der Ausleihenden unbedingt vermieden werden. Ebenso sind die Mitarbeiter*innen entsprechend zu schulen.