Verkehrssichere Einrichtung und Gestaltung von Abstellflächen und Ausleihstationen für Elektrokleinstfahrzeuge im öffentlichen Raum

GFUV-Position mit Stand 29. August 2023

Das Abstellen von E-Rollern sowie aller anderen Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) auf Gehwegen stellt für alle Fußgänger eine Erschwernis bei der Fortbewegung dar. Für blinde und sehbehinderte Menschen ist diese Abstellsituation nicht nur hinderlich, sondern führt zu massiven Orientierungsschwierigkeiten und bringt ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich, weil diese Hindernisse häufig nicht rechtzeitig wahrgenommen werden.

Zudem werden die ausgeliehenen E-Roller sehr oft an gefahrenträchtigen Orten abgestellt, wie z. B. senkrecht zu den Hauswänden in der Nähe von Eingängen von Läden, vor Treppenanlagen, vor Zugängen zu S- und U-Bahnen oder zu Bushaltestellen, in der Nähe von Ampelmasten und unmittelbar an und auf Bodenindikatoren, die der Orientierung für blinde und sehbehinderte Menschen dienen.

Einige Kommunen reagieren mit Parkverbotszonen, z.B. bei Denkmälern und stark frequentierten Quartieren und Plätzen für Elektrokleinstfahrzeuge. Diese Parkverbotszonen sind jedoch als Lösung des Problems allein nicht ausreichend.

Vielmehr bedarf es ausgewiesener Abstellflächen für Elektrokleinstfahrzeuge, um die barrierefreie Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten und auch um die Attraktivität von Gehwegen für alle zu Fuß Gehenden zu erhalten. Im Folgenden werden die Anforderungen beschrieben, die diese Abstellflächen aus Sicht des GFUV erfüllen sollten. Der GFUV empfiehlt darüber hinaus die Einbeziehung der Selbsthilfe bei der Einrichtung von diesen Abstellflächen.

Abstellflächen einrichten

Bei der Einrichtung von Abstellflächen ist darauf zu achten, dass Bewegungsflächen, nutzbare Gehwegbreiten und Überquerungsstellen freigehalten werden. In der Regel sollten Abstellflächen für Elektrokleinstfahrzeuge so angeordnet werden, dass ein Queren der nutzbaren Gehwegfläche zum Abstellort für die Fahrzeugnutzenden nicht nötig ist.

Bei der Überquerung von Zufahrten zu Abstellanlagen von Elektrokleinstfahrzeugen, welche ausnahmsweise über den Gehweg geführt werden, ist der Fußgänger gemäß StVO uneingeschränkt bevorrechtigt. Dies ist unbedingt den Ausleihenden im Leihvertrag mitzuteilen. Solche Gehwegüberfahrten sind nach DIN 32984 „Bodenindikatoren im öffentlichen Raum“, Abschnitt 5.3.6.3 mit Bodenindikatoren und ggf. sonstigen Leitelementen zu kennzeichnen.

Werden zur Führung von blinden und sehbehinderten Fußgängern Bodenindikatoren oder gezielt sonstige Leitelemente gemäß DIN 32984 (z.B. Mauern oder Gebäudewände) genutzt, ist zu beachten, dass diese freizuhalten sind und vor ihnen keine Abstellflächen für Elektrokleinstfahrzeuge angeordnet werden dürfen. Dies ist insbesondere auch bei Zugängen zu S- und U-Bahnen oder Bushaltestellen zu beachten, wenn deren Einhausungen als sonstiges Leitelement dienen.

Die zugehörige App für E-Roller darf nur das Abstellen an den speziell eingerichteten Stationen zulassen. So wird vermieden, dass die E-Roller an unpassenden Orten abgestellt zu Barrieren für Menschen mit Behinderungen werden.

Abstellflächen auf Straßenniveau und breiten Fußgängerverkehrsbereichen

Abstellflächen können auf Straßenniveau auf umgewidmeten PKW-Stellplätzen angeordnet werden. Zu beachten ist ein angemessener Abstand zu sicheren Fahrbahnquerungen (Lichtsignalanlagen, Fußgängerüberwegen). In breiten Fußgängerverkehrsbereichen sind die Abstellanlagen so zu positionieren, dass die Stelltiefe der Elektrokleinstfahrzeuge (≥ 2 m) im ausreichenden Abstand (vorzugsweise 60 cm) von der taktil und visuell kontrastreichen ausgebildeten Gehflächenbegrenzung in Richtung Bordsteinkante angeordnet sind.

Abstellflächen an niveaugleichen Gehflächen

Werden Abstellanlagen und -flächen für Elektrokleinstfahrzeuge entlang von unmittelbar angrenzenden niveaugleichen Gehflächen angeordnet, sind diese aus Sicherheitsgründen für blinde und sehbehinderte Menschen taktil (mit Füßen und Blindenlangstock ertastbar) und visuell kontrastreich wahrnehmbar in ihrer gesamten Länge vom Gehwegbereich abzugrenzen (Mehr-Sinne-Prinzip). Eine lediglich visuelle Abgrenzung ist keinesfalls ausreichend.

Eine Abgrenzung kann mit Hilfe von

  1. Trennbalken,
  2. Trennstreifen (auch Begrenzungsstreifen genannt),
  3. festen und standsicheren mit dem Langstock ertastbaren Umzäunungen, die bis auf den Boden herabreichen oder in einer max. Höhe von 15 cm über der Bodenoberfläche mit einer Tastleiste ausgerüstet sind (keine Verwendung von Flatterleinen oder Absperrketten),
  4. mindestens 3 cm hohen Bord- oder Rasenkantensteinen oder
  5. Grünstreifen (in Breite von 30 cm bis vorzugsweise 60 cm) erfolgen.

Trennstreifen sind in einer Mindestbreite von 30 cm, vorzugsweise jedoch in 60 cm Breite anzuordnen. Für diese dürfen keine Bodenindikatoren verwendet werden. Für den Leuchtdichtenkontrast ist grundsätzlich ein Kontrastwert von 0,4 entsprechend der Michelson-Formel anzustreben. Die taktile Erkennbarkeit der Trennstreifen kann durch Muldenstrukturen oder Aufwölbungen deutlich erhöht werden.

Bei der Planung ist zu beachten, dass der Trennstreifen zwar zum Gehweg gehört, jedoch nicht - auch nicht anteilig - der nutzbaren Gehwegbreite zugerechnet werden kann.

Sehr wichtig ist die visuelle und taktile Abgrenzung von Abstellanlagen für Elektrokleinstfahrzeuge auf unübersichtlichen Plätzen und in großräumigen Fußgängerbereichen. Besonders, wenn sich diese unmittelbar an stark frequentierten Verkehrsanlagen mit hohem Verkehrslärm befinden. An solchen Plätzen empfiehlt sich darüber hinaus, eine taktile und visuelle Führung für blinde und sehbehinderte Fußgänger gemäß DIN 32984, um eine klare Orientierung zu geben. Diese muss konsequent an den Gefahrenbereichen vorbeiführen.

Abstellflächen im Bereich von ÖPV-Haltestellen

Abstellflächen werden vornehmlich an den Haltestellen des ÖPV (z. B. Bushaltestellen, U- und S-Bahnstationen eingerichtet. Die Abstellflächen sollten hier so angeordnet sein, dass sie wie oben beschrieben straßenseitig auf dem Gehweg oder in Parkflächen auf Straßenniveau angeordnet sind.

Befinden sich die Abstellflächen dort außerhalb von nutzbaren Gehflächen, kann ein Wechsel des Oberflächenbelags (z. B. von Kleinpflastersteinen als Belag der Abstellfläche zu planen fugenarmen Gehwegplatten für die nutzbare Gehfläche) zur Kennzeichnung ggf. ausreichend sein. Ragen die Abstellflächen jedoch mehr als 20 cm in die nutzbare Gehfläche hinein, sind diese wie Hindernisse gemäß DIN 32984 Abs. 5.8.1 zu kennzeichnen.

Sensibilisierung als ergänzende Maßnahme

Angesichts der Gefahren, die Nutzende von E-Roller im Verkehr erzeugen können, bedarf es begleitend der Information und Sensibilisierung der Ausleihenden für einen weitsichtigen und rücksichtsvollen Umgang. Ebenso sind die Mitarbeitenden zu schulen.